Sonderformen
Die Hochschullehre ist ein vielfältiges und dynamisches Feld, das ständig neue Formen und Möglichkeiten hervorbringt. Neben den klassischen Lehrformaten, wie z.B. Vorlesungen, Seminaren oder Übungen, gibt es auch Sonderformen der Lehre, die sich durch besondere Merkmale auszeichnen. Diese Sonderformen können die Lehre und das Lernen bereichern, herausfordern und innovieren. Sie können die Studierenden zu einem tieferen, selbstständigeren und kooperativeren Lernen anregen. Sie können auch die Kompetenzen der Studierenden für die Anforderungen einer digitalen und globalen Welt fördern. Auf dieser Seite finden Sie einen Überblick über einige Sonderformen der Lehre.
Inhaltsverzeichnis
Problembasiertes Lernen (PBL)
Im Zentrum des problembasierten Lernens steht die Anwendung von Wissen in realen Situationen. Lernende werden mit herausfordernden Problemen konfrontiert, die sie durch kritisches Denken, Teamarbeit und eigenverantwortliches Handeln lösen müssen. PBL fördert nicht nur das Verständnis des Fachwissens, sondern auch die Entwicklung von Problemlösungsfähigkeiten und die Anwendung in praktischen Szenarien. Ihre Ziele umfassen strukturierte Wissensvermittlung für praktische Anwendungen, die Förderung effektiver Problemlösungskompetenzen, die Entwicklung selbstgesteuerten Lernens sowie die Steigerung der Lernmotivation. Durch authentische Problemstellungen als Ausgangspunkt, Gruppenarbeit, tutorielle Begleitung und individuellen Wissenserwerb in selbstgesteuerten Lernphasen ermöglicht PBL eine ganzheitliche Lernerfahrung. Als Synonym findet oft auch die Bezeichnung "Problemorientiertes Lernen" (POL) Verwendung. Im Rahmen des TUD-Teilprojekts TUD-SYLBER-BBS wurden Informationen und Leitfragen zum Thema POL kompakt zusammengestellt: TUD_SYLBER_BBS_POL.pdf
Zumbach, J. (2006). Problembasiertes Lernen: Überlegungen und Ansatz für eine lernerzentrierte Didaktik. Didaktik und Evaluation in der Psychologie, 245-260.
Projektbasiertes Lernen (PjBL)
Projektbasiertes Lernen setzt den Schwerpunkt auf praxisorientierte Projekte, die auf die realen Herausforderungen der Berufswelt abgestimmt sind. Projektbasiertes Lernen beinhaltet das eigenständige Anpacken und Lösen eines Problems durch Lernende, die dabei von Lehrenden begleitet werden. Durch die Verknüpfung von theoretischem Wissen mit praktischer Anwendung wird ermöglicht, komplexe Probleme anzugehen, Lösungen zu erarbeiten und potenziell umzusetzen. Eine zentrale Unterscheidung zum PBL besteht darin, dass projektbasiertes Lernen einen stärkeren Fokus auf die Umsetzung von Lösungen in die Praxis legt und die Lernenden tiefer in den gesamten Projektprozess einbindet, während PBL mehr auf die Problemlösung an sich und die Auseinandersetzung mit authentischen Problemen abzielt.
Szivatz-Spatt, C., & Wagner, D. (2017). Sozial-kommunikative Kompetenzentwicklung und Lernmotivation im projektbasierten Lernen.
Fallbasiertes Lernen (CBL)
Das fallbasierte Lernen ermöglicht es Lernenden, sich in authentischen Fallstudien mit realen Problemen auseinanderzusetzen. Durch die Analyse von Fallbeispielen werden nicht nur theoretische Konzepte vermittelt, sondern auch die Fähigkeit zur kritischen Beurteilung und Entscheidungsfindung geschärft. Fallbasiertes Lernen konzentriert sich auf konkrete Fallstudien aus der realen Welt, die dazu dienen, theoretisches Wissen zu vermitteln und die Anwendung dieses Wissens auf reale Situationen zu fördern. Im Gegensatz zum problembasierten und projektbasierten Lernen, zielt das fallbasierte Lernen darauf ab, dass Lernende aus früheren Fällen Informationen abrufen und sie auf aktuelle Probleme anwenden. Es dient dazu, komplexe Probleme zu lösen, indem Lösungen aus ähnlichen, authentischen Fällen angepasst werden, wodurch eine Brücke zwischen theoretischem Wissen und praktischer Anwendung entsteht. Dabei müssen Lernende relevante Informationen aus ihrem Umfeld wahrnehmen, ein eigenes mentales Modell konstruieren und alternative Lösungswege bewerten, um das Problem erfolgreich zu lösen.
Zumbach, J., Haider, K., & Mandl, H. (2008). Fallbasiertes Lernen: Theoretischer Hintergrund und praktische Anwendung. na.
Die Unterschiede zwischen PBL, PjBL und CBL liegen hauptsächlich in der Art der Probleme bzw. Fälle, mit denen die Studierenden konfrontiert werden sowie in den Zielen der jeweiligen Methoden (Entwicklung von Problemlösungskompetenzen (PBL), Anwendung von Theorie auf Praxis (PjBL) oder praktische Umsetzung von Wissen in konkreten Fallbeispielen (CBL)).
Forschungsorientiertes Lernen und Lehren (FOL)
Die Verbindung von Forschung und Lehre kann in der Praxis vielfältig gestaltet werden. Dabei sind die Entwicklung von Forschungskompetenzen und -fähigkeiten, eine forschende Haltung, die aktive Teilnahme an Forschungsdiskussionen, aber auch die eigenständige Durchführung von Forschungsprojekten Kernelemente der forschungsorientierten Lehre an der TU Dresden.
Forschungsorientiertes Lernen und Lehren kann über verschiedene Zugänge erfolgen. So können Sie einerseits in Ihrer Lehrveranstaltung den Studierenden aktuelle Forschungsinhalte präsentieren oder Forschungstechniken thematisieren. Auf der anderen Seite können Sie aber auch die Studierenden aktiv einbeziehen und durch die Gestaltung der Lehrveranstaltung das Erlernen von Forschungstechniken anregen oder sogar eigenständiges Forschen fördern.
Je nach Ausrichtung (Forschungsinhalt oder Forschungstechnik) und Einbindung der Studierenden (rezeptiv oder aktiv) bieten sich unterschiedliche didaktische Umsetzungen an. So können in Journal Clubs aktuelle Publikationen diskutiert oder in Übungen oder Praktika Forschungstechniken durch Methoden- und Schreibworkshops oder Laborarbeit entwickelt werden. Einen besonders großen Gestaltungsspielraum haben Ihre Studierenden, wenn sie eigenständig forschen und sich aktiv mit einer Forschungsfrage auseinandersetzen, das Vorgehen planen, Daten erheben, auswerten und interpretieren. Dieses Forschende Lernen lässt sich bildungstheoretisch gut begründen, braucht aber Unterstützung in Form von Reflexion, Feedback und Dokumentation.
Mehr Informationen zu forschungsorientiertem Lernen und Lehren finden Sie hier: https://tu-dresden.de/zill/materialien-und-tipps-fuer-die-lehre/lehrplanung/forschungsorientierte-lehre (Bitte beachten Sie, dass die Seite zur Zeit noch in Bearbeitung ist und zunehmend mit mehr Inhalten gefüllt wird).
Die TU Dresden bietet in diesem Kontext durch die drei Programmlinien, Teaching Excellence Tracks (TET), Teaching Synergies Program (TSP) und Funds for Student Research (FOSTER) Unterstützung für die Verknüpfung von Forschung und Lehre auf curricularer und Lehrveranstaltungsebene an. Mehr Informationen zu den drei Programmlinien finden Sie hier: https://tu-dresden.de/zill/das-zentrum/projekte/forschungsorientiertes-lernen-und-lehren
MOOCs
Massive Open Online Courses (MOOCs) sind eine Sonderform der Online-Lehre, die durch die Hochschulen häufig auf professionellen Plattformen wie Coursera und Udacity angeboten werden. Die sogenannten xMOOCs zeichnen sich vor allem durch eine sehr große, in der Regel unbegrenzte, Teilnehmendenzahl aus. Didaktisch sind sie durch eine starr vorgegebene Kursstruktur, durch wöchentlich freigeschaltete (überwiegend audiovisuelle aufbereitete) Online-Inhalte, Self-Assessment-Angebote und Diskussionsforen geprägt. Die Teilnehmenden lernen vorrangig individuell, Austausch und die gemeinsame Erarbeitung der Inhalte ist in der Regel nicht notwendig. Die weniger häufig (weil betreuungsintensiver) eingesetzten sogenannten cMOOCs dagegen sind geprägt durch eine offene Fragestellung und eine sehr hohe Interaktion und Kommunikatin unter den Teilnehmenden.
Ebner, M., Kopp, M., Dorfer-Novak, A. (2016) Rolle und Herausforderungen von
Online-Kursen (MOOCs) für die Hochschullehre. In: Qualität in Studium und Lehre - Kompetenz- und Wissensmanagement
im steirischen Hochschulraum. Springer. S. 323-334.
Lehre in Laboren und Werkstätten
Entgegen ihres Namens bedürfen Werkstatt- und Laborpraktika nicht zwangsläufig des physischen Raumes der Werkstatt oder des Labors. Vielmehr geht es um ein spezifisches Tätigkeitskontinuum im engeren und weiteren Sinne von Werkstatt- und Laborarbeit, welches mitunter auch ortsflexibel erprobt werden kann, beispielsweise im Remote Labor, durch Computersimulationen oder mit Praktikumskoffern im Praktika@home (vgl. Wermann et al. 2022). Beispiele umfassen naturwissenschaftliche Praktika in analytischer Chemie und Molekularbiologie, technische Praktika in Kraftfahrzeugtechnik und Messtechnik, mathematische Praktika in Numerik und Stochastik sowie informationstechnische Praktika in Computergrafik und Roboterprogrammierung. Weitere Ausformungen der Werkstatt- und Laborarbeit, beispielsweise in den Fachbereichen Kunst und Gestaltung sowie Soziales und Pflege, unterscheiden sich dabei von dem klassischen Lehrformat des Werkstatt- beziehungsweise Laborpraktikums, welches einen umfangreichen Bestandteil des Studiums im MINT-Bereich ausmacht (Franke und Wegner 2022).
Die Herausforderungen und Chancen in der Lehre sind dabei oft so fachspezifisch, wie jedes Labor und jede Werkstatt einzigartig sind. Unter dem Überbegriff OPEN LAB bieten die hiesigen Mitarbeitenden des sächsischen Verbundprojektes D2C2 Lehrenden und Studierenden aller Fachbereiche ein spezifisch auf Werkstätten und Labore zugeschnittenes Angebot. Dieses umfasst Austausch- und Vernetzungsformate, frei verfügbare Materialien sowie Weiterbildungen in Form von Kurzworkshops. Eine Übersicht der Angebote und aktuellen Termine finden Sie auf der Open Lab Webseite.