Chudoba/Hegger
Inhaltsverzeichnis
Projektinformationen
Dünnwandige Faltwerke aus zementbasierten Verbundwerkstoffen
Antragsteller 1 | Applicant 1: Prof. Dr.-Ing. habil. Rostislav Chudoba
+49 241 80 28150 | rostislav.chudoba@rwth-aachen.de
Antragsteller 2 | Applicant 2: Prof. Dr.-Ing. Josef Hegger
+49 241 80 25170 | jhegger@imb.rwth-aachen.de
RWTH Aachen University, Lehrstuhl und Institut für Massivbau, Mies-van-der-Rohe-Straße 1, 52074 Aachen, www.imb.rwth-aachen.de
Projektnummer | Project number: 198006311
Berichts-/Förderzeitraum | Reporting/funding period: 01.07.2011–30.03.2018
Team | Team: Jan Dirk van der Woerd
Kurzvorstellung Förderphase 1
Das Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines neuen Entwurfsprinzips für materialgerechte und effiziente Tragstrukturen. Als Inspirationsquelle dient die Technik des Origami. Für die Umsetzung der aus Japan stammenden Papier-Faltkunst in technischen Bereichen wurde der Begriff Origamics eingeführt.
Der Produktionsablauf lässt sich in folgende vier Schritte aufteilen:
Installation des Faltmusters. Die Platte wird in der Ebene erstellt. An den Stellen der zukünftigen Faltlinien werden ober- und unterhalb der Bewehrung linienförmige Aussparungselemente angeordnet. Die Bewehrung läuft an den Aussparungen durch.
Betonage. Anschließend wird die Platte betoniert. Nach dem Erhärten des Betons werden die Aussparungselemente entfernt und die Platte ist bereit zum Falten.
Simulation desFormgebungsprozesses. In dem nebenstehenden Bild sieht man eine Simulation des Formgebungsprozesses. Die Simulation wurde mit dem im Projekt entwickelten Simulationmodell erstellt. Die endgültige Form wird durch Zug- und Hebevorichtungen erreicht.
Stabilisierung / Verfugung. Nach Abschluss des Faltens werden die Aussparungen verfugt. Es wurde eine komplexe Struktur ohne großen Schalungs- und Bewehrungsaufwand geschaffen. Nach dem dargestellten Prinzip lassen sich auch andere sehr vielfältige Formen ohne eine gekrümmte Schalung herstellen.
Für die Erreichung der Ziele des Projektes gilt es, drei Bereiche zu bearbeiten:
- Es ist eine Entwurfsmethodik zu entwickeln, mit der geeignete Faltmuster und Geometrien gefunden werden können unter der Berücksichtigung von globalen und lokalen Gestaltungsprinzipien. Hierfür wird ein mathematisches Modell entwickelt, dass den Faltungsprozess simulieren kann.
- Es ist eine praktikable und wirtschaftliche Herstellmethodik zu entwickeln. Durch den Bau von Prototypen sind u. a. geeignete Materialkombinationen zu identifizieren, weitere Anforderungen zu spezifizieren, die Anzahl der Arbeitsschritte zu minimalisieren.
- Im letzten Schritt sind die neu entwickelten Strukturen zu bewerten und zu klassifizieren. Die hier gefundenen Ergebnisse fließen zur Verbesserung in die ersten beide Bereiche ein und alle Bereiche werden wiederholt durchlaufen.
Es ist zu erwarten, dass die Entwicklungen des Projekts das Entwurfsvokalbular der Tragwerksplanung von leichten Massivbaukonstruktionen erweitern und damit neue architektonische Möglichkeiten erschlossen werden.
Kurzvorstellung Förderphase 2
Das Ziel des Projektes ist die Bereitstellung einer Entwurfs- und Herstellmethodik für Faltwerke aus zementartigen Verbundwerkstoffen, bei der räumliche Tragstrukturen durch das Falten von ebenen, mit einem Faltmuster versehenen dünnwandigen Elementen entstehen. Die Elemente werden mit einer einfachen, flachen Schalung erstellt und durch das Falten in eine komplexe, räumliche Struktur überführt. In Anlehnung an den japanischen Begriff Origami (ori = Falten, gami = Papier) wurde der im Projekt konzipierten Entwurfs- und Herstellmethodik zum Falten von Beton (concrete) der Name Oricrete gegeben.
In der ersten Antragsphase wurden die Grundlagen für Entwurfs- und Herstellungsmethoden gelegt. Die konzipierten Herstellungsansätze und Simulationsmodelle wurden anhand von kleinmaßstäblichen Probekörpern und Prototypen untersucht und verifiziert. Ausgangspunkt der Entwicklung war das Yoshimura-Faltmuster, das zur Realisierung von einfach und doppelt gekrümmten Flächen verwendet wurde. Zur Unterstützung von Planung und Herstellung wurden Simulations- und Formfindungsmodelle formuliert und innerhalb eines allgemein konzipierten Optimierungsrahmens (Oricrete-Toolkit) implementiert
In der zweiten Antragsphase soll aufbauend auf den Ansätzen zur Herstellung und Modellierung eine umfassende Formgebungs- und Herstellmethodik bereitgestellt und anhand von Anwendungen demonstriert werden. Schwerpunkte liegen auf der Vereinfachung und Systematisierung des Entwurfs- und Fertigungsprozesses unter anderem durch Ausnutzung statisch bedingter Formfindungsansätze, der Erfassung des geometrisch und physikalisch nichtlinearen Tragverhaltens der gefalteten Strukturen, sowie der Ausweitung des Anwendungsspektrums der Herstellmethode auf größere Abmessungen.
Eine zielgerichtete Entwicklung von Oricrete Bauteilen und Produkten wird durch eine weitere Verkürzung der Iterationsschleifen und Korrekturzyklen in mehreren Stadien des Entwurfs- und Herstellungsprozesses erreicht. Während für die innersten Zyklen der Formfindung und der Strukturanalyse mathematisch definierte Kriterien formuliert werden, wird für die äußeren Korrekturzyklen heuristisch erfasstes Know-how bereitgestellt. Hierzu zählen Spezifikationen zur Ausführung und Charakterisierung der Fugen, sowie der Herstellungsverfahren und Entscheidungshilfen zur Wahl der Faltmuster für konkrete Tragwerksformen. In den folgenden zwei Bildern sieht man eine mit der Oricrete-Methode hergestellte Tonnenschale, die mit einem Kran versetzt wird.
Im ersten Jahr der 2. Förderphase (2015) konnte die Anwendbarkeit der Herstellmethodik auf größere Abmessungen getestet werden. Dazu wurden zwei Tonnenschalen als Demonstratoren gebaut und anschließend geprüft. Die Schalen wurden aus identischen Faltbetonplatten mit Abmessungen von 2,42 m x 3,00 m gefaltet. Für den Faltprozess der oben gezeigten Schale wurden Seile und eine Unterstützungskonstruktion aus Spanten eingesetzt. Die Platte der zweiten Schale konnte mit Hilfe von Seilen und dem Eigengewicht gefaltet werden. Für die Feinjustierung der Form und die Fixierung wurden im jeweiligen Winkel der Faltkante gekantete Bleche eingesetzt.
Im folgenden Jahr (2016) wurde als Ergebnis einer Konzeptstudie der sog. „Bike shell-ter“ gebaut. Mit diesem Entwurf konnten im Vergleich zu den Tonnenschalen deutlich spitzere Faltwinkel zwischen den Facetten realisiert werden.
Ausgehend von einer identischen Grundplatte mit dem gleichen Faltmuster wie beim „Bike shell-ter“ wurde mit einer „Canopy“-Schale 4 der Entwurfsraum auf doppelt gekrümmte Strukturen erweitert. Durch den Einbezug des Hängeprinzips, das auch Isler mit physikalischen Modellen für die Formfindung seiner Schalen einsetzte, konnte beim Entwurf und der Herstellung der Grundsatz des SPP „form follows force“ umgesetzt werden.
Videos aus dem Projekt zum Bau von gefalteten Strukturen:
Publikationen
- van der Woerd, J. D.; Chudoba, R.; Hegger, J.: Finding new forms for bearing structures by use of origamics. In: Müller, H. S.; Haist, M.; Acosta, F. (Hrsg.): Proc. of the 9th fib Int. PhD Symp. in Civil Engineering, 22.−25.07.2012 am KIT Karlsruhe, Karlsruhe: KIT Scientific Publ., 2012, S. 263−268
- Chudoba, R.; van der Woerd, J. D.; Schmerl, M.; Hegger, J.: ORICRETE: Modeling support for design and manufacturing of folded concrete structures. Advances in Engineering Software 72 (2013) 6, S. 119−127 − DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.advengsoft.2013.05.004
- van der Woerd, J. D.; Chudoba, R.; Hegger, J.: Computational model for simulation of rigid foldable origami structures. In: Zingoni, A. (Hrsg.): Research and Applications in Structural Engineering, Mechanics and Computation – Proc. of 5th Int. Conf. on Structural Engineering, Mechanics & Computations, 02.−04.09.2013 in Kapstadt (Südafrika), 2013, Book of abstracts: S. 299−301, Langfassung auf CD-ROM, 6 S.
- Chudoba, R.; van der Woerd, J. D.; Hegger, J.: Modeling framework for design and manufacturing of folded shell structures. In: Obrebski, J. B.; Tarczewski, R. (Hrsg.): BEYOND THE LIMITS OF MAN – Proc. of the IASS Symp. 2013, 23.–27.09.2013 in Wroclaw (Polen), 2013, Book of Abstracts: S.189, Langfassung auf CD, 5 S.
- van der Woerd, J. D.; Chudoba, R.; Hegger, J.: Singly-curved shell structure made of textile-reinforced concrete plate using a folding technique. In: Obrebski, J. B.; Tarczewski, R. (Hrsg.): BEYOND THE LIMITS OF MAN – Proc. of the IASS Symp. 2013, 23.–27.09.2013 in Wroclaw (Polen), 2013, Book of Abstracts: S. 342, Langfassung auf CD, 6 S.
- van der Woerd, J. D.; Chudoba, R.; Hegger, J. Gefaltete Strukturen − Origami für Textilbeton. TUDALIT-Magazin (2013) 9, S. 19 – Tagungsband zur 5. Anwendertagung Textilbeton am 24.–25.09.2013 in Friedrichshafen
- van der Woerd, J. D.; Chudoba, R.: Gestaltung von dünnwandigen Faltwerken aus zementbasierten Verbundwerkstoffen nach der Oricrete-Methodik. In: Breitenbücher, R.; Mark, P. (Hrsg.): Beiträge zur 1. DAfStb-Jahrestagung mit 54. Forschungskoll., 07.−08.11.2013 in Bochum, Ruhr-Universität Bochum, 2013, S. S. 77−82
- van der Woerd, J. D.; Chudoba, R.; Scholzen, A.; Hegger, J.: Oricrete – Eine Entwurfs- und Herstellmethodik für dünnwandige Faltwerke aus zementbasierten Verbundwerkstoffen. Beton- und Stahlbetonbau 108 (2013) 11, S. 774–782 – DOI: 10.1002/best.201300057
- van der Woerd, J. D.; Bongardt, Ch.; Kolodzie, M.; Chudoba, R.; Hegger, Josef: Oridome – Das Prinzip der Vielfaltigkeit: Konzept für eine gefaltete Kuppel aus Textilbeton. BWI BetonWerk International (2014) 1, S. 30−38
- van der Woerd, J. D.; Stark, A.; Chudoba, R.; Hegger, J.: Concrete light − Origami-based folded strucutres and prestressed sandwich shell beams | Leicht Bauen mit Beton − Origami-basierte Faltwerke und vorgespannte Sandwich-Schalenträger. BFT international 80 (2014) 2, S. 27−29 – Tagungsband der 58. Ulmer Betontage, 18.–20.02.2014 in Neu-Ulm
- Chudoba, R.; van der Woerd, J. D.; Hegger, J.: Numerical modeling support for form-finding and manufacturing of folded plate structures made of cementitious composites using origami principles. In: Bićanić, N.; Mang, H.; Meschke, G.; de Borst, R. (Hrsg.): Proc. of Euro-C 2014 – Computational Modelling of Concrete and Concrete Structures, 24.−27.03.2014 in St. Anton am Arlberg (Österreich), 2014, S. 451–462
- van der Woerd, J. D.; Chudoba, R.; Hegger, J.; Bongardt, C.: Oridome: Construction of a dome by folding. In: Reyolando, M.; Pauletti, R. (Hrsg.): Shells, Membranes and Spatial Structures – Proc. of the IASS-SLTE 2014 Symp. 2014, 15.–19.09.2014 in Brasilia (Brasilien), 2014, Beitrag Nr. 283, publ. auf USB-Stick, 8 S.
- van der Woerd, J. D.; Chudoba, R.; Hegger, J.: Entwurf und Herstellung von Faltwerken durch Faltung In: Scheerer, S.; Curbach, M. (Hrsg.): Leicht Bauen mit Beton – Forschung im Schwerpunktprogramm 1542, Förderphase 1, Dresden: Institut für Massivbau der TU Dresden, 2014, S. 60−69 – http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-171612
- Chudoba, R.; Hegger, J.; Scholzen, A.; Sharei, E.; Stark, A.; Will, N.; van der Woerd, J. D.: Die Leichtigkeit des Betons – Dünnwandige Schalentragwerke aus hochleistungsfähigen zementartigen Verbundwerkstoffen. RWTH Themen – Bauingenieurwesen (2015) 2, S. 42–45
- Chudoba, R.; van der Woerd, J. D.; Hegger, J.: ORICREATE: Modeling framework for design and manufacturing of folded plate structures. In: Miura, K.; Kawasaki, T.; Tachi, T.; Uehara, R.; Lang, R.; Wang-Iverson, P. (Hrsg.): Proc. of Origami6 – Part II: Technology, Art, Education, 10.–13.08.2014 in Tokio (Japan), Providence: American Mathematical Society, 2015, S. 523–536
- van der Woerd, J. D.; Chudoba, R.; Hegger, J.: Design and construction of a thin barrel vault by folding. In: KIVI (Hrsg.): Future Visions – Proc. of the Int. Association for Shell and Spatial Structures (IASS) Symp. 2015, 17.–20.08.2015 in Amsterdam (Niederlande), 2015, Beitrag Nr. IASS2015-527713, publ. auf USB-Stick, 13 S.
- Chudoba, R.; Claßen, M.; Hegger, J.; Rempel, S.; Stark, A.; Will, N.; van der Woerd, J. D.: Bauen mit Betonfertig-teilen – Forschungsansätze für „das Bauen von morgen“. RWTH Themen – Production Engineering (2016) 1, S. 26–31
- van der Woerd, J. D.; Chudoba, R.; Hegger, J.: Folded bike shell-ter: Application of oricrete design and manufacturing method. In: Kawaguchi, K.; Ohsaki, M.; Takeuchi, T. (Hrsg.): Spatial Structures in the 21st Century – Proc. of the IASS Annual Symp. 2016, 26.–30.09.2016 in Tokio (Japan), Madrid: IASS, 2016, publ. auf USB-Stick, 13 S.
- Scheerer, S.; Chudoba, R.; Garibaldi, M. P.; Curbach, M.: Shells made of Textile Reinforced Concrete – Applications in Germany. Journal of the International Association for Shell and Spatial Structures J.IASS 58 (2017) 1 – special issue: new directions for shell structures, S. 79–93 – DOI: 10.20898/j.iass.2017.191.846
- van der Woerd, J. D.; Geßner, S. Chudoba, R.; Hegger, J.: Design, construction and strengthening of shell structures made by folding. In: IABSE (Hrsg.): Engineering the Future – Proc. of 39th IABSE Symp., 21.–23.09.2017 in Vancouver (Kanada), 2017, S. 2898–2905
- van der Woerd, J. D.; Bonfig, C.; Hegger, J.; Chudoba, R.: Construction of a vault using folded segments made out of textile reinforced concrete by fold-in-fresh. In: Bögle, A.; Grohmann, M. (Hrsg.): Interfaces: architecture. engineering.science – Proc. of the IASS Annual Symp. 2017, 25.–28.09.2017 in Hamburg, Hamburg: HCU und IASS, 2017, Beitrag Nr. 9434, Book of Abstracts: S. 124, Langfassung auf USB-Stick, 10 S.
- van der Woerd, J. D.; Chudoba, R.; Hegger, J.: Canopy – Doubly Curved Folded Plate Structure. In: Hordijk, D. A.; Luković, M. (Hrsg.): High Tech Concrete: Where Technology and Engineering meet – Proc. of Int. fib Symp., 12.–14.06.2017 in Maastricht (Niederlande), Springer Int. Publ., 2018, S. 2512–2520 – DOI: 10.1007/978-3-319-59471-2_286
- van der Woerd, J. D.; Hegger, J.; Chudoba, R.: Origami aus Beton. DETAIL (2018) 3, S. 16–18
- van der Woerd, J. D.: Eine Methodik zur Realisierung dünnwandiger Faltwerke aus zementbasierten Verbundwerkstoffen durch Faltung. Dissertation, 2018
- Schlussbericht