Curbach (2D)
Inhaltsverzeichnis
Projektinformationen
Leichte Deckentragwerke aus geschichteten Hochleistungsbetonen
Antragsteller | Applicant: Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Manfred Curbach
Projektnummer | Project number: 198117966
TU Dresden, Institut für Massivbau, 01062 Dresden
+49 351 463 37660 | Manfred.Curbach@tu-dresden.de | https://tu-dresden.de/bu/bauingenieurwesen/imb
Berichts-/Förderzeitraum | Reporting/funding period: 01.10.2011–30.09.2018
Team | Team: Michael Frenzel (10/2011–12/2017), Kristina Farwig (05/2017−Projektende | End of project)
Kurzvorstellung Förderphase 1
Biegetragwerke sind ineffiziente Tragwerke, wenn Sie, wie derzeit üblich mit Voll- oder Plattenbalkenquerschnitten mit konstanter Höhe ausgeführt werden. Der Antragsteller vertritt die Hypothese, dass besonders leichte und effiziente Tragwerke entstehen, wenn es gelingt, den Kraftfluss in Druck und Zug aufzuspalten und jeweils geeigneten Baustoffen zuzuweisen, dem Beton die Druckkräfte und der Bewehrung die Zugkräfte. Ziel des Projektes sind grundlegende Untersuchungen zur Umsetzung dieses Grundprinzips für leichte Deckenplatten unter Verwendung geeigneter Betone und Bewehrungsmaterialien. Zwei Lösungswege werden verfolgt:
- Trennung der Materialen im Querschnitt: höherfeste, dünne Betonschichten werden in besonders druckbeanspruchten und – zur Verbundsicherung mit der Haupttragbewehrung – in zugbeanspruchten Bereichen eingesetzt. Leichte und geringtragfähige Materialien werden an Stellen mit niedrigen Zug- und Druckbeanspruchungen angeordnet. Dies führt zu einem dreischichtigen, sandwichartigen Deckenaufbau. Damit Schubkräfte wie üblich ohne Querkraftbewehrung abgetragen werden können, muss ein guter Verbund zwischen den Materialschichten gewährleistet sein.
- Formfindung in der Haupttragrichtung: Aus funktionalen Gründen bleibt die Plattenoberseite eben, die Unterseite kann entsprechend des Kraftflusses in Plattenlängsrichtung angepasst werden. Dies führt zu einer veränderlichen Querschnittshöhe in Haupttragrichtung.
Anstelle der traditionellen massiven Deckenplatte werden durch eine Kombination experimenteller Untersuchungen und ingenieurmäßiger Modellbildung extrem leichte, effiziente und ressourcensparende Deckenkonstruktionen entwickelt.
Bisherige theoretische Ergebnisse. Durch die Trennung der Materialien im Querschnitt können geschichtete Platten im Vergleich zu herkömmlichen Vollplatten mit bis zu 50 % weniger Eigengewicht bei gleichen Traglasten und Verformungen ausgeführt werden, Frenzel [1]. Besonders leichte Deckentragwerke können unter der Verwendung von konstruktiven Leichtbetonen realisiert werden.
- Die Gewichtsverringerung führt in Abhängigkeit der Materialwahl zu einer Ressourcenersparnis. Es wurde gezeigt, dass z. B. bei der Kombination von Normalbeton mit Porenleichtbeton der Rohstoffverbrauch bei formoptimierten, geschichteten Deckenelementen um 35 % gesenkt werden kann.
- Im Rahmen der 1. Förderperiode wurden sowohl ingenieurmäßige als auch numerische Rechenmodelle zur Beschreibung des Trag- und Verformungsverhaltens von formoptimierten, geschichteten Deckenelementen entwickelt (noch unveröffentlicht).
Aus den theoretischen Betrachtungen heraus, wurden zwei Materialkombinationen experimentell untersucht:
- Für gewichtsoptimierte Elemente wird für die Deckschichten konstruktiver Leichtbeton (LC 20/22) und für die Kernschicht ein Infraleichtbeton (LC 8/9) mit einer Trockenrohdichte von 1,4 kg/dm³ bzw. 0,8 kg/dm³ verwendet.
- Für besonders ressourcensparende Decken wird für die äußeren Schichten ein Normalbeton (C 20/25) und die innere Schicht ein Porenleichtbeton (PLB, Festigkeit: ca. 5 N/mm², Trockenrohdichte 0,9 kg/dm³) eingesetzt.
Experimentelle Untersuchungen und Ergebnisse – Untersuchung von Schubfugen. Zur Untersuchung des Verbundes zwischen den Materialschichten wurden unter anderem 45 Schubkörper angefertigt. Getested wurden drei Materialkombinationen (C 20/25 - PLB, C 20/25 - LC 8/9 und LC 20/22 - LC 8/9) mit jeweils drei verschiedenen Fugenausführungen (verzahnt, gerecht, glatt) und 5 Prüfkörpern pro Kombination. Das Bild zeigt die Schubkörper im Versuchsstand und die experimentell bestimmten Haftscherfestigkeiten. Es hat sich im Wesentlichen gezeigt, dass:
- die Materialkombinationen mit Infraleichtbeton (ILC) deutlich höher Haftscherfestigkeit aufweisen als die Ausbildung mit Porenleichtbeton (PLB),
- das für die Ausführung relevante Verhältnis Herstellungsaufwand/Haftscherfestigkeit bei gerechten Fugen am Günstigsten ist.
Experimentelle Untersuchungen und Ergebnisse – Untersuchung von kleinformatigen geschichteten Deckenelementen. Zur Analyse des Tragverhaltens von geschichteten Deckenelementen wurden 36 Platten mit den zwei gewählten Materialkombinationen hergestellt und bis zum Bruch im Vierpunktbiegeversuch belastet. Dafür wurden drei verschiedene Plattenlängen bzw. Stützweiten und zwei unterschiedliche Elementhöhen gewählt. Mit den Untersuchungen konnten die verschiedenen Versagensmodi Biegezug-, Schub- und Fugenversagen identifiziert werden. Die Experimente dienen zur Evaluierung der theoretischen Berechnungsmodelle und zeigen die praktische Umsetzbarkeit des Projektzieles. Die beigefügten Bilder zeigen exemplarisch die verschiedenen Versagensmodi und die experimentell bestimmten Momenten-Mittendurchbiegungsbeziehungen der geprüften Platten.
Weitere Untersuchungen. In den letzten Monaten wurden die theoretischen Grundlagen für die Formoptimierung in Trägerlängsrichtung gelegt und Berechnungsmodelle für geschichtete Träger mit veränderlicher Querschnittshöhe aufgestellt. Derzeit laufen die experimentellen Vorbereitungen für einen etwa 12 m langen, form- und querschnittsoptimierten Träger, der die Anwendbarkeit der Berechnungsmodelle bestätigen und die praktische Umsetzbarkeit des Projektzieles demonstrieren soll.
Kurzvorstellung Förderphase 2
Während in der 1. Förderperiode der Schwerpunkt auf der Untersuchung einaxial gespannter Deckentragwerke lag, werden in der 2. Förderperiode zweiaxial tragende, geschichtete Decken theoretisch und experimentell analysiert. Ziel dieses Projektes ist neben der Gewinnung vertiefter Kenntnisse zum Tragverhalten und den möglichen Versagensmechanismen, die Aufstellung von Rechen-, Bemessungs- und Konstruktionsregeln, mit denen das Verhältnis von benötigter Tragfähigkeit zu Ressourcenverbrauch bzw. Eigengewicht optimal an gegebene Randbedingungen angepasst werden kann. Um dies zu erreichen, wird eine formoptimierte, kraftflussorientierte Tragstruktur entwickelt, bei der die geschichteten Materialien entsprechend ihrer Beanspruchung optimal in Längsrichtung und über die Querschnittshöhe angeordnet werden. Ein mögliches Ergebnis könnte die dargestellte Querschnittsgestaltung - in Kombination mit dem Teilprojekt „Querschnittsadaption für stabförmige Druckbauteile“ sein.
Im Jahr 2015 wurden vorwiegend theoretische Betrachtungen zum Tragverhalten von zweiaxial gespannten und besonders zu punktgestützten, geschichteten Decken getätigt. Um mögliche Einsparungen an Material und Gewicht aufzuzeigen, wurden sechs verschiedene, punktgestützte Deckenausführungen mit einer Stützweite von 7 m numerisch berechnet. Mögliche Varianten zeigt Bild 1.
Bei den Betrachtungen wurde als Deckschichtmaterial ein C25/30 und für die Kernschicht ein Infraleichtbeton der Festigkeitsklasse LC8/9 mit einer Trockenrohdichte von 0,78 kg/dm³ gewählt. Platte 1 und 2 (siehe Bild 2) sind herkömmliche ebene und gevoutete Vollplatten und dienen als Referenz. Die Platten 3 bis 6 weisen einen dreilagigen Aufbau auf. Die Ausführungen 4 und 6 haben im Vergleich zu 3 und 5 eine veränderliche Querschnittshöhe. Zur Reduzierung der erforderlichen Plattenhöhe wurde bei den Platten 5 und 6 ein Vollquerschnitt im kritischen Auflagerbereich vorgesehen. Als einheitliche Randbedingungen wurden eine Durchbiegung von 14 mm auf Gebrauchslastniveau und eine veränderliche Nutzlast von 5 kN/m² vorgegeben.
In der Abbildung sind die zur Erhaltung der Randbedingungen erforderlichen Plattenhöhen und die in Bezug auf die Referenzplatte Nr. 1 bezogene Stahlmenge, das Eigengewicht und das benötigte Betonvolumen dargestellt. Bei einem Vergleich der ebenen Platten 1, 3, 5 wird ersichtlich, dass das Eigengewicht bis auf 59 % und das Betonvolumen bis auf 84 % der Referenzplatte durch die Querschnittsoptimierung verringert werden können. Wird des Weiteren die Querschnittshöhe der Platte veränderlich ausgeführt, lässt sich das Eigengewicht im Vergleich zur Referenzplatte bis auf 48 % (Nr. 4) und das Betonvolumen bis auf 58 % (Nr. 6) bei geringfügig höherem Stahlverbrauch (bis auf 106 %) reduzieren. Die theoretischen Ergebnisse sollen 2016 durch Experimente bestätigt werden.
Publikationen
- Frenzel, M.: Numerical simulation of single-span lightweight concrete sandwich slabs. In: Müller, H. S.; Haist, M.; Acosta, F. (Hrsg.): Proc. of the 9th fib Int. PhD Symp. in Civil Engineering, 22.−25.07.2012 am KIT Karlsruhe, Karlsruhe: KIT Scientific Publ., 2012, S. 309–315
- Frenzel, M.; Kahnt, A.: Ökobilanzielle Betrachtung von leichten Sandwichelementen aus Beton. In: Breitenbücher, R.; Mark, P. (Hrsg.): Beiträge zur 1. DAfStb-Jahrestagung mit 54. Forschungskolloquium, 07./08.11.2013 in Bochum, Ruhr-Universität Bochum, 2013, S. 23–28
- Frenzel, M.; Curbach, M.: Deckentragwerke aus geschichteten Betonen – leicht und effizient. In: Scheerer, S.; Curbach, M. (Hrsg.): Leicht Bauen mit Beton – Forschung im Schwerpunktprogramm 1542, Förderphase 1, Dresden: Institut für Massivbau der TU Dresden, 2014, S. 70–81
- Frenzel, M.; Eger, T.; Curbach, M.: Numerical investigation of two-way layered lightweight concrete slabs. In: KIVI (Hrsg.): Future Visions – Proc. of the Int. Association for Shell and Spatial Structures (IASS) Symp. 2015, 17.–20.08.2015 in Amsterdam (Niederlande), 2015, Beitrag Nr. IASS2015-521562, publ. auf USB stick, 12 S.
- Frenzel, M.; Curbach, M.: Tragverhalten von geschichteten Deckenelementen aus Normal- und Porenleichtbeton. Beton- und Stahlbetonbau 111 (2016) 12, S. 828–838
- Frenzel, M.; Curbach, M.: Load-bearing behavior and efficiency of layered two-way slabs. In: Bögle, A.; Grohmann, M. (Hrsg.): Interfaces: architecture.engineering.science – Proc. of the IASS Annual Symp. 2017, 25.–28.09.2017 in Hamburg, Hamburg: HCU und IASS, 2017, Beitrag Nr. 9868, , Book of Abstracts: S. 153, Langfassung auf USB-Stick, 10 S.
- Frenzel, M.; Curbach M.: Shear strength of concrete interfaces with infra-lightweight and foam concrete. Structural Concrete 19 (2018) 1, S. 269–283
- Frenzel, M.: Decken aus geschichteten Betonen - leicht und effizient. In: Deutscher Beton- und Bautechnik Verein E. V. (Hrsg.): Vorträge zum Deutschen Bautechnik-Tag am 07./08.03.2019 in Stuttgart, DBV-Heft 45, 2019, S. 29–30 – DOI: 10.5445/KSP/1000028287
- Farwig, K.; Curbach, M.: Durchstanzen von punktgestützten Deckenplatten – Optimierungspotenzial bei ebenen Flachdecken nach dem Ansatz form follows force. Beton- und Stahlbetonbau 114 (2019) 5, S. 286–295 – DOI: 10.1002/best.201800110
- Frenzel, M.: Zum Tragverhalten von leichten, geschichteten und gevouteten Betondecken. Dissertation, 2021
- Schlussbericht: https://doi.org/10.25368/2022.327