Empelmann
Inhaltsverzeichnis
Projektinformationen
Ultraleichte, dünnwandige stabförmige Betonhohlbauteile (Phase I) | Ultraleichte, dünnwandige stabförmige Betonhohlbauteile unter Querkraft- und Torsionsbeanspruchung (Phase II)
Antragsteller | Applicant: Prof. Dr.-Ing. Martin Empelmann
Projektnummer | Project number: 198434790
TU Braunschweig, Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB), FG Massivbau, Beethovenstraße 52, 38106 Braunschweig
+49 531 391 5409 | massivbau@ibmb.tu-bs.de | www.ibmb.tu-bs.de
Berichts-/Förderzeitraum | Reporting/funding period: 01.07.2011–30.11.2017
Team | Team: Daniel Busse (03/2013–06/2014, 10/2014–11/2017), Patricia Sawicki (07/2011–06/2013)
Partner | Partners: Dyckerhoff GmbH, Wiesbaden; Grace Bauprodukte GmbH / GCP Germany GmbH, Lügde
Kurzvorstellung Förderphase 1
Beispiele aus der Baupraxis – ebene und räumliche Fachwerke, aufgelöste Träger, Stützen, Mastkonstruktionen – zeigen, dass stabförmige Tragelemente dem Ansatz form follows force in hervorragender Weise gerecht werden, da sie konzentriert und optimiert an einwirkende Beanspruchungen und den Kraftfluss der Konstruktion angepasst werden können. Dem Prinzip Leicht Bauen mit Beton folgend, stellt der Bambus ein ausgezeichnetes Vorbild für ultraleichte, dünnwandige Betonhohlbauteile dar. Zudem eröffnen Entwicklungen zu Hochleistungsbetonen und innovativen Bewehrungskonzepten sehr gute Möglichkeiten für eine vermehrte Anwendung der Betonbauweise bei leichten stabförmigen Tragstrukturen.
In der 1. Förderperiode des SPP 1542 wurden sehr dünnwandige Betonhohlbauteile entwickelt, deren Wandstärken von 2,5 bis 3,0 cm im Bereich der aktuellen Betondeckung liegen. Ferner wurden zur Bewehrung der dünnen Wandung innovative Konzepte umgesetzt. Versuche zum Tragverhalten der dünnwandigen Betonhohlbauteile unter überwiegender Normalkraft- und Biegebeanspruchung zeigten, dass mit geringem Materialeinsatz bei hoher Ressourceneffizienz hohe Traglasten erreicht werden können.
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Forschung in Phase 1. Das Forschungsvorhaben bezieht sich auf grundlegende Untersuchungen von ultraleichten, dünnwandigen stabförmigen Betonhohlbauteilen. Diese Hohlbauteile können entweder als Einzelbauteile (z. B. Hochhausstütze), als Teil eines stabförmigen Bauteils (z. B. Segment eines Turmbauwerks oder Mastes) oder als Teil eines flächenartigen Bauteils (z. B. Raumgitterstrukturen) eingesetzt werden.
Vorbild für diese Betonstäbe ist der Bambus, ein extrem leichtes, dennoch hochfestes Hohlprofil. Die Hohlräume machen die Halme sehr leicht, die Aussteifungen erhöhen die Biege- und Knickfestigkeit.
Konzeption der Versuchskörper. Um dünnwandige stabförmige Stahlbetonbauteile mit hoher Traglast herstellen zu können sind im Vergleich zu Bauteilen aus Normalbeton Anpassungen erforderlich. Um trotz der geringen Querschnittsfläche hohe Traglasten erreichen zu können wird ein hochfester Feinkornbeton auf Basis des Dyckerhoff-Compounds „Flowstone“ verwendet. Der verwendete Beton ist sehr fließfähig und selbstverdichtend und ermöglicht dadurch die Betonage der mit etwa 3 cm extrem geringen Wandstärken. Da eine konventionelle Bewehrungskonzeption aufgrund der geringen Wandstärken nur bedingt umgesetzt werden kann wurden drei alternative Bewehrungskonzepte untersucht:
- Bewehrungskonzept I orientiert sich an der aktuellen Bewehrungspraxis, verwendet als Längsbewehrung aber hochfeste Bewehrungsstäbe SAS670. Um eine zur Herstellung des Verbundes ausreichende Betondeckung erreichen zu können ist im Bereich der Längseisen eine Aufdickung der Wandung erforderlich. Dies wird durch einfräsen von Längsrippen in den inneren Polystyrolkern erreicht.
- Bewehrungskonzept II verwendet konventionellen Betonstahl B500, der Durchmesser der Längseisen wird allerdings auf 4 mm reduziert und kann daher in der dünnen Wandung eingesetzt werden.
- Bewehrungskonzept III verwendet Edelstahlgitter mit extrem geringen Durchmessern von 0,5 und 2 mm. Die untersuchten Maschenweiten variieren zwischen 10 und 50 mm. Der verwendete St1.4301 weist mit 670−750 N/mm² vergleichsweise hohe Festigkeiten auf.
Im Folgenden wird eine Übersicht der geprüften Versuchskörper gezeigt. Je Serie werden drei Prüfungen (SX.1 bis SX.3) mit Exzentrizitäten von 0,5 cm, 2 cm und 5 cm durchgeführt.
Versuchsprogramm. Die Versuchskörper werden unter überwiegender Normalkraftbeanspruchung mit geringen Exzentrizitäten (0,5 cm, 2 cm und 5 cm) geprüft. Das linke Bild zeigt den untersuchten Bereich der M-N-Interaktionskurve.
Versuchsauswertung. Mit einer Nachrechnung der Versuche an einem nichtlinearen Stabmodell konnte gezeigt werden, dass die Ergebnisse der Versuche sehr gut abgebildet werden können. Um eine möglichst genaue Nachrechnung zu ermöglichen wurden parallel zu den Versuchen an Betonzylindern sowie Stahlproben die Arbeitslinien der verwendeten Baustoffe ermittelt.
Die Versagensmechanismen der Bewehrungskonzepte I und II sind rechts dargestellt. In beiden Fällen versagen die Versuchskörper durch ein Knicken der Längsbewehrung. Während der in der Serie S1 verwendete hochfeste Stahl SAS670 eine volle Ausnutzung der Druckfestigkeit des hochfesten Betons (fc ~90 N/mm²) ermöglicht, kann mit dem in Bewehrungskonzept II (Serien S3 und S4) verwendeten B500 bei einer Fließstauchung von ~2,5 ‰ nur eine Druckfestigkeit von ~80 N/mm² genutzt werden.
Der typische Versagensmechanismus der mikrobewehrten Versuchskörper der Serien S5 bis S8 (Bewehrungskonzept III) wird links dargestellt. Es kommt bei diesen Versuchskörpern zu einem schlagartigen Betondruckversagen. Im Anschluss werden die freiliegenden Mikrobewehrungsgitter zusammengestaucht. Die Spannungs-Stauchungslinie der Mikrobewehrung zeigt, dass die Quetschgrenze zwar geringer ist als die des regulären Betonstahls B500, durch die starke Verfestigung – auch unter Druckbeanspruchung – kommt es dennoch nicht zu einem Versagen der Versuchskörper vor Erreichen der Bruchstauchung des hochfesten Betons. Ferner zeigt die Nachrechnung der Versuche – unten exemplarisch für die Serie S6 dargestellt – eine sehr gute Übereinstimmung zwischen realem und rechnerischem Last-Verformungsverhalten.
- Ultraleichte, dünnwandige stabförmige Betonhohlbauteile können zielsicher und in hoher Qualität hergestellt werden.
- Die untersuchten Bewehrungskonzepte können eingebaut und durch den feinkörnigen, fließfähigen Beton sehr gut eingebunden werden.
- Die untersuchten Bewehrungskonzepte können eingebaut und durch den feinkörnigen, fließfähigen Beton sehr gut eingebunden werden.
- Die untersuchten Prüfkörper erreichen die prognostizierte Traglast.
- Das Last-Verformungsverhalten kann mit den ausgewählten Materialkennlinien und Berechnungsmodellen sehr gut abgebildet werden.
- Einflüsse auf das Tragverhalten infolge der geringen Wandstärken (Maßstabs- bzw. Bauteileffekte) sind nicht zu erkennen.
- Der Einsatz hochfester Längsbewehrung ermöglicht die volle Ausnutzung der Betondruckfestigkeit.
- Normalfeste Bewehrung führt zu einem Versagen vor Erreichen der Betondruckfestigkeit.
- Mikronetzbewehrung zeigt ein gutes Tragverhalten und ermöglicht aufgrund der starken Verfestigung die volle Ausnutzung der Betondruckfestigkeit.
Ausblick. In der zweiten Phase des Schwerpunktprogramms soll ab Oktober 2014 das Querkraft- und Torsionstragverhalten der dünnwandigen Betonhohlbauteile untersucht werden.
Kurzvorstellung Förderphase 2
Beispiele aus der Baupraxis – ebene und räumliche Fachwerke, aufgelöste Träger, Stützen, Mastkonstruktionen – zeigen, dass stabförmige Tragelemente dem Ansatz form follows force in hervorragender Weise gerecht werden, da sie konzentriert und optimiert an einwirkende Beanspruchungen und den Kraftfluss der Konstruktion angepasst werden können. Dem Prinzip Leicht Bauen mit Beton folgend, stellt der Bambus ein ausgezeichnetes Vorbild für ultraleichte, dünnwandige Betonhohlbauteile dar. Zudem eröffnen Entwicklungen zu Hochleistungsbetonen und innovativen Bewehrungskonzepten sehr gute Möglichkeiten für eine vermehrte Anwendung der Betonbauweise bei leichten stabförmigen Tragstrukturen.
In der 1. Förderperiode des SPP 1542 wurden sehr dünnwandige Betonhohlbauteile entwickelt, deren Wandstärken von 2,5 bis 3,0 cm im Bereich der aktuellen Betondeckung liegen. Ferner wurden zur Bewehrung der dünnen Wandung innovative Konzepte umgesetzt. Versuche zum Tragverhalten der dünnwandigen Betonhohlbauteile unter überwiegender Normalkraft- und Biegebeanspruchung zeigten, dass mit geringem Materialeinsatz bei hoher Ressourceneffizienz hohe Traglasten erreicht werden können.
Derzeit fehlen experimentelle Grundlagen zur Beurteilung des Querkraft- und Torsionstragverhaltens für Kreisringquerschnitte aus Stahlbeton mit sehr geringen Wandstärken. Ebenso sind Versagensmechanismen dünnwandiger Betonbauteile nicht genügend erforscht. Unter diesem Aspekt sind Systemstabilisierungsmaßnahmen, wie z. B. Profilierungen und Querschotte unter Zuhilfenahme der bionischen Struktur des Bambus zu betrachten. Für andere Bauteilgruppen vorhandene Bemessungsmodelle wären zu überprüfen und anzupassen. Die fehlenden Erkenntnisse stehen derzeit der Nutzung von ultraleichten Betonhohlbauteilen entgegen.
In der 2. Förderperiode sollen daher weitergehende theoretische und experimentelle Untersuchungen für die Beanspruchungssituationen „Querkraft“ und „Torsion“ erfolgen, mit denen dann theoretische und konstruktive Grundlagen für Entwurf, Berechnung und Herstellung von dünnwandigen, stabförmigen Betonhohlbauteilen unter allgemeinen Beanspruchungssituationen vorliegen.
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Zur Untersuchung des Biegetragverhaltens mikrobewehrter Bauteile wurden Versuche an mikrobewehrten Biegebalken und an dünnwandigen mikrobewehrten Bauteilen mit Kreisringquerschnitt durchgeführt. Die Versuche werden derzeit mit einem FE-Modell, das mit dem Programm DIANA erstellt wurde, nachgerechnet.
Erste Querkraftversuche an mikrobewehrten Bauteilen sind in Vorbereitung.
Parallel wurde eine Datenbank mit insgesamt 300 Querkraftversuchen an Stahlbetonbauteilen mit Kreisringquerschnitt zusammengestellt und zur Überprüfung der aktuell vorhandenen Querkraftmodelle genutzt.
Publikationen
- Empelmann, M.; Sawicki, P.: Ultra-lightweight concrete members inspired by bamboo. In: Müller, H. S.; Haist, M.; Acosta, F. (Hrsg.): Proc. of the 9th fib Int. PhD Symp. in Civil Engineering, 22.–25.07.2012 in Karlsruhe, Karlsruhe: KIT Scientific Publ., 2012, S. 291–296
- Busse, D.; Sawicki, P.; Empelmann, M.: Ultraleichte, dünnwandige Betonhohlbauteile aus hochfestem Feinkornbeton. In: Scheerer, S.; Curbach, M. (Hrsg.): Leicht Bauen mit Beton – Forschung im Schwerpunktprogramm 1542, Dresden: Institut für Massivbau der TU Dresden, 2014, S. 36–47 – http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-171364
- Busse, D.; Empelmann, M.: Tragverhalten dünnwandiger Betonhohlbauteile aus hochfestem Feinkornbeton. Bautechnik 92 (2015) 1, S. 46–56 – DOI: 10.1002/bate.201400055
- Busse, D.; Empelmann, M.: Ultra-light Concrete Members Inspired by Bamboo. Stang, H.; Braestrup, M. (Hrsg.): Proc. of fib Symp. 2015, 18.–20.05.2015 in Kopenhagen (Dänemark), Kopenhagen: Danish Concrete Society, 2015, S. 199–200 (Abstract), Langfassung auf CD: 8 S.
- Busse, D.; Empelmann, M.: Ultra-lightweight, tubular concrete members for three-dimensional truss structures. In: KIVI (Hrsg.): Future Visions – Proc. of the Int. Association for Shell and Spatial Structures (IASS) Symp. 2015, 17.–20.08.2015 in Amsterdam (Niederlande), 2015, Beitrag Nr. IASS2015-523542, publ. auf USB-Stick: 12 S.
- Busse, D.; Sawicki, P.; Empelmann, M.: Dünnwandige Betonhohlbauteile aus hochfestem Feinkornbeton. beton 66 (2016) 1+2, S. 30–35
- Busse, D.; Empelmann, M.: Dünnwandige, mikrobewehrte Betonbauteile unter Querkraftbeanspruchung. Beton- und Stahlbetonbau 111 (2016) 12, S. 840–850 – DOI: 10.1002/best.201600043
- Busse, D.; Empelmann, M.: Shear Strength of Thin-Walled, Micro-Reinforced Concrete Members. In: Norwegian Concrete Association (Hrsg.): Proc. of HPC/CIC 2017, 06.–08.03.2017 in Tromsø (Norwegen), Oslo: Norwegian Concrete Association, S. 14 (Abstract), Langfassung auf USB-Stick: 10 S.
- Busse, D.; Empelmann, M.: Bending behavior of high-performance, micro-reinforced concrete. Structural Concrete 20 (2019) 2, S. 720–729 – https://doi.org/10.1002/suco.201700246
- Busse, D.; Empelmann, M.: Shear strength of thin-walled concrete members with micro-reinforcement. Kohoutková, A. et al. (Hrsg.): Proc. of the 12th fib Int. PhD Symp. in Civil Engineering, 29.–31.08.2018 in Prag (Tschechien), Beitrag auf USB-Stick: 8 S.
- Empelmann, M.; Busse, D.: Micro-reinforced precast members – Potentials of an almost forgotten construction method. Mikrobewehrte Fertigteile – Potenziale einer fast vergessenen Bauweise. Betonwerk + Fertigteil-Technik (BFT) International 85 (2019) 2, S. 93
- Busse, D.: Querkrafttragverhalten dünnwandiger, mikrobewehrter Betonbauteile. Dissertation, 2019
- Schlussbericht: https://doi.org/10.25368/2022.329