Forschungs- und Lehrprofil
Das Forschungs- und Lehrprofil Frau Prof. Dr. Loster-Schneiders ist der polymethodischen Querschnittsdisziplin Geschlechterforschung / Gender Studies verbunden und, mit ihm, dem doppelten Verständnis des Begriffs ‚Gender‘: In ihrem literaturwissenschaftlichen Programmangebot hat ‚Geschlecht‘ demzufolge, wie in der Grundlagenforschung Natur- und Humanwissenschaften, die Funktion als Leit-Kategorie zur Analyse diachron und synchron diversifizierter Sozial-, Symbol- und Wissensordnungen mit je kultur- und milieuspezifischen Geschlechterarrangements. Bei einem spezifisch kulturwissenschaftlichen – selbst- und metareflexiven – Interesse ist ‚Gender‘ über diese instrumentelle Funktion hinaus zugleich Gegenstand der beobachtenden Analyse, um so die jeweilige – text- und kontextspezifische – Herstellung vergeschlechtlichter Bedeutungen von Differenz und Diversität, etwa von Männlichkeit, Weiblichkeit, ‚Andersheit‘, in ihren vielfältigen diskursiven (rhetorischen und narrativen) sowie physischen, psychischen und praktischen Dimensionen zu erfassen und nach ihren ‚intersektionalen‘ Verflechtungen mit anderen Differenzkategorien (wie bspw. Ethnie, Klasse, Religion, Alter) zu analysieren. Entsprechend umfasst das Programm spezifisch literaturwissenschaftliche Geschlechterfragestellungen wie solche nach dem Zusammenhang von Geschlecht, Wissen und Wissenschaft selbst.
Das Lehrprofil von Frau Prof. Dr. Loster-Schneider enthält seit vielen Jahren zyklische Vorlesungen, Seminare und Colloquien zur Neueren deutschen Literatur- und Kulturgeschichte für Studierende aller Abschlüsse und Studiengänge (auch fachübergreifender und internationaler), vernetzte Lehrformate mit innovativen Lehr- und Transfer-Projekte sowie Kooperationen mit internationalen Gastprofessoren/innen. Neben ‚traditionellen‘ theoretischen, systematischen und historischen Fragen an deutschsprachige Literaturen seit dem 18. Jahrhundert ist die forschungsbasierte Lehre Frau Loster-Schneiders auf aktuell anschlussfähige und sozial relevante Themen ausgerichtet, wie bspw. Armut, und Migration/Integration, sowie auf kulturanalytische Schlüsselkonzepte, wie Kanonizität und Risiko/Riskanz. Methodisch und sachlich integriert werden diese verschiedenen Felder durch ein gender-basiertes Grundprofil und ein kommunikatives Verständnis von Literatur. Die Orientierung auf eine historisch sensible, intersektionale, international und interdisziplinär anschlussfähige Geschlechterforschung reflektiert zum einen die Erfordernis eigen- und fremdkultureller Genderkompetenz in einer globalisierten Welt. Zum andern wird sie der zentralen Bedeutung gerecht, die in unserem kulturellen Erbe gerade auch ‚älterer neuerer Literatur‘ als dem lange wichtigsten symbolischen Vorrats-, Speicher-, Transport- und Reflexionsmedium historisch diversifizierter Geschlechtervorstellungen, -narrative und -ordnungen (immer noch) zukommt.
Das Forschungsprofil Frau Prof. Loster-Schneiders ist derzeit bestimmt durch das intersektionale Interesse an ‚Risiko‘ als vergeschlechtlichtem Kulturmuster mit entsprechend genderfizierten Risikokonstruktionen in neuerer deutschsprachiger Literatur seit der Sattelzeit. So beherrscht die Polarität von Risiko/Gefahr/Unsicherheit und Sicherheit zwar seit geraumer Zeit Debatten und Selbstreflexionen der globalisierten (Welt-)Risikogesellschaften. Der semantisch vieldeutige, wertambivalente und durchaus inflationäre Begriff ‚Risiko‘ ist dabei zum vorherrschenden Deutungsmuster auch alltagsweltlicher und massenkultureller Phänomene geworden, ein seit der Aufklärung nachgerade historisches Transzendental (post-)moderner Verfügbarmachung von Zukunft sowie seinsgebundener Unsicherheit und Ungewissheit. Als signifikantes Merkmal hochindustrialisierter Gesellschaften wurde ‚Risiko‘ schon seit längerem wissenschaftlich identifiziert und problematisiert – in Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften gleichermaßen. Wenig beforscht ist hingegen – bei disziplinär unterschiedlichem Stand – die Genderrelevanz des gesamten Themen- und Problemfeldes. Dabei kommt – so die leitende Forschungs(hypo)these – dem Kulturmuster ‚Risiko‘ gerade bei kulturellen Konstruktionen und Wahrnehmungen von ‚Geschlecht‘ eine zentrale Bedeutung zu: Verbindet sich doch die abendländische Geschlechterstereotype, wie sie in literarischen und medialen Repräsentationen bewahrt sind und zirkulieren, mit der Zuschreibung von Risikofreude, Grenzüberschreitung, Wagnis und Fortschrittsorientierung an das ‚männliche‘, Vorsicht, Risikoaversion und Traditionsorientierung hingegen an das ‚weibliche‘ Geschlecht.
Solche genderfizierten Zuschreibungen werden in literarischen Texten gesetzt und verhandelt und gesetzt: Sie werden narrativiert, zu Handlungsskripten geformt, kommuniziert, tradiert und problematisiert. Die gender-akzentuierte Erforschung des Beitrags, den neuere deutschsprachige Literatur, ästhetisch vermittelt, als themenzentrierte Risikokommunikation und Reflektor kulturell varianter Risikokonzepte und –mentalitäten leistet, ist auch das Anliegen verschiedener wissenschaftlicher Abschlussarbeiten und Promotionsprojekte.