28.05.2020
Eine Werkstatt fürs Leben - TUD-Studentinnen lehren und lernen an der Universitätsschule
An der Universitätsschule gestalten Lehrer, Schüler und Studenten auch einen ehemals verwilderten Schulgarten
Beate Diederichs
An der Universitätsschule Dresden arbeiten Studenten der TUD außerhalb des Unterrichts mit den Schülern in Werkstätten. Dort nähen sie in fächerbindenden Projekten zum Beispiel mit den Erst- bis Fünftklässlern Kuscheltiere, drucken Grafiken oder legen einen Schulgarten an. Davon profitieren beide Seiten: Die Studenten erproben moderne Lehr-Lernmethoden in der Praxis und geben ihre Fachkenntnisse weiter. Die Schüler können eigene Ideen einbringen und haben am Ende ein greifbares Produkt.
Aus der Theorie soll Praxis werden. In diesem Fall heißt das, der Projektunterricht im Schulgarten gehört zum pädagogischen Konzept und theoretisch hat die Universitätsschule auf der Cämmerswalder Straße in Dresden einen Schulgarten. Praktisch liegt der Garten, den die Vorgängerschule nutzte, brach, ist verwildert und zugewachsen. Praktisch bedeutet aber auch: Jennifer Haenel, Studentin für Lehramt an Grundschulen an der TU Dresden, unterstützt eine Schülergruppe im Prozess, den Garten wieder ergrünen zu lassen – von der Skizze am Schreibtisch bis zu den Händen in der Erde: »Ende November recherchierten die Kinder zunächst, was möglich wäre, stellten dann ihre Ideen vor. Nun haben wir einen finalen Entwurf und beginnen damit, das Gelände vom Unkraut zu befreien und dann die ersten Elemente zu bauen, wie ein Insektenhotel«, berichtet die Studentin, die später unter anderem das Fach Werken unterrichten will. Um die zehn Jungen und Mädchen treffen sich mit ihr immer dienstags von 8 bis 9 Uhr zur Werkstatt »Schulgelände« im Vormittags-»Werkstattband« für diese Arbeit. Das ist die Zeit, die an der Schule im Dresdner Süden für Werkstattunterricht eingeplant ist.
Ein weiteres Band gibt es am Nachmittag. In dieser Zeit bieten Studenten und andere Experten verschiedene Werkstätten für die Schüler an, in denen diese zum Beispiel zur Geografie des Stadtteils forschen, nähen, drucken oder eben den Schulgarten gestalten. »Die Werkstattleiter sind nicht nur Lehramtsstudenten wie Jennifer Haenel, sondern auch angehende Wirtschaftswissenschaftler, Musiker oder Ingenieure. Denn wir haben mit unserem Aufruf vor einigen Monaten gezielt Experten für verschiedene Themen gesucht, die den Schülern handfeste Kenntnisse vermitteln«, sagt Anke Langner.
Die Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Inklusive Bildung hat das Konzept für den Schulversuch Universitätsschule Dresden geschrieben. Er wurde 2018 erstmals genehmigt. Zum Schuljahr 2019/20 eröffnete diese Schule als Gemeinschaftsprojekt der Landeshauptstadt Dresden und der TUD. Hier werden unter wissenschaftlicher Begleitung innovative Formen des Lehrens und Lernens erprobt. So arbeitet man zum Beispiel mit Projekten statt Fächern und mit Projektteams statt Klassen. Momentan lernen hier Schüler und Schülerinnen der Jahrgänge 1, 2, 3 und 5. In einigen Jahren soll daraus eine durchgängige dreizügige Grund- und Oberschule werden. »Wir haben den Schulversuch auf fünfzehn Jahre genehmigt bekommen. Ich bin aber optimistisch, dass es auch danach weitergeht. Denn wir als Universität sind dort durch die Forschung entscheidend involviert«, kommentiert Anke Langner.
Das besondere Konzept der Schule motivierte Jennifer Haenel, dort zu arbeiten. »Wir lernen an der Hochschule so viel über moderne Lernmethoden, die die Eigenverantwortlichkeit der Schüler fördern sollen. Hier kann ich in der Praxis ausprobieren, wie diese Methoden funktionieren«, sagt die Lehramtsstudentin. Die junge Frau hat vor ihrem Lehramtsstudium vier Semester Tiermedizin studiert und kann auch Kenntnisse über den Schutz von Insekten in ihren Werkstattunterricht einfließen lassen. Das beeindruckt die Jungen und Mädchen. »Außerdem mögen sie es, dass wir in lockerer Atmosphäre arbeiten und sie am Ende das fertige Produkt Schulgarten sehen werden«, erzählt Jennifer Haenel.
Sie selbst hat gelernt, wie man eine Kleingruppe leitet, und verstanden, dass die Lernprozesse nicht immer planbar sind. »Besonders wertvoll ist es für mich, selbstständig zu arbeiten, das heißt, ohne dass wie beim Praktikum eine Lehrkraft dabei ist. Probleme kann ich danach mit den Lehrern und Lehrerinnen der Schule oder bei der kollegialen Fallberatung an der Hochschule besprechen«, so die Studentin.
Ihre Kollegin Jana Resch muss sich über Unterrichtskompetenz und Lehramtspraktika eigentlich keine Gedanken machen. Dennoch hat sie sich dafür entschieden, eine Werkstatt an der Universitätsschule anzubieten: »Vor meinem Studium zur Textilingenieurin wollte ich Lehramt studieren, da mir damals die Tätigkeit als Kindertanzlehrerin sehr viel Freude bereitet hat. Das hat sich nicht ergeben, doch ich engagiere mich nun in meiner Freizeit zum Thema.«
Jana Resch leitet die Nähwerkstatt und zeigt den Kindern dort, wie sie von der Skizze übers Schnittmuster bis zur eigentlichen Arbeit mit Nadel und Faden ihr eigenes Werk kreieren. »Ich profitiere davon, indem ich das tun kann, was mir Spaß macht: Kinder unterrichten und mein Expertenwissen teilen. Die Kinder ihrerseits überblicken in der Werkstatt den gesamten Prozess der Konfektion und bekommen Eindrücke von jemandem, der nicht Lehramt studiert hat und so andere Herangehensweisen mitbringt als die anderen Lehrer «, sagt die Textilingenieurin.
Auch Anke Langner schätzt es, dass beide Seiten an dem Werkstattunterricht wachsen. »Schüler lieben diese Art zu lernen, weil sie gerne etwas mit den Händen tun und weil dies für den Entwicklungsprozess ganz wichtig ist«, erläutert die Professorin. Sie hat bereits eine Idee, wie zumindest Lehramtsstudenten ihre Tätigkeit in der Werkstatt noch mehr ins Studium integrieren können. »Bisher kann das, was die in der Werkstattarbeit tun, nicht als Studienleistung abgerechnet werden. In der Zukunft wollen wir diese Arbeit aber mehr mit den Schulpraktika verquicken.«
Auch für das kommende Schuljahr werden Werkstatt-Studenten gesucht. Interessenten können sich per E-Mail melden:
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 10/2020 vom 26. Mai 2020 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.
Die Universitätsschule Dresden ist ein gemeinsames Projekt der Landeshauptstadt Dresden und der Technischen Universität. Sie ist eine öffentliche und kostenfreie Gemeinschaftsschule in städtischer Trägerschaft, an der unter wissenschaftlicher Begleitung innovative Formen des Lehrens und Lernens erprobt werden. Darüber hinaus ist sie Ausbildungsschule für zukünftige Lehrkräfte und künftig auch Weiterbildungsschule für Lehrer:innen. Wissenschaftlich begleitet wird der Schulversuch von der Forschungsstelle ForUS an der TU Dresden.
Kommunikationsmanagerin
NameFrau Maria Neuland Agüero M.A.
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