Geschichte der sächsischen Landtage
Inhaltsverzeichnis
Ein halbes Jahrtausend Geschichte
Das Graduiertenkolleg „Geschichte der Sächsischen Landtage“ widmete sich von 2013 bis 2018 einem Phänomen der longue durée über einen Zeitraum von fast sechs Jahrhunderten hinweg.
Insgesamt liefen sieben Dissertationsvorhaben und eine Habilitation.
Projektbeschreibung
Sächsische Landtage vom Späten Mittelalter bis heute
Das Jahr 1438 nannte der Landtagsmarschall Günther Graf von Bünau beim letzten Zusammentreffen der kursächsischen Ständeversammlung im Jahre 1831 als Anfang der sächsischen Landtagsgeschichte. Auch die aktuelle Historiografie geht davon aus, dass die kursächsischen Landstände sich 1438 zum ersten Mal konstituierten. Denn in diesem Jahr verpflichtete sich das Fürstenhaus Wettin, über Steuern mit allen seinen Ständen nur gemeinsam zu verhandeln. Dennoch gingen dem ersten Landtag auch Versammlungen voraus, die man als Vorläufer ansehen kann.
Ein halbes Jahrtausend Geschichte
Das Graduiertenkolleg „Geschichte der Sächsischen Landtage“ widmet sich einem Phänomen der longue durée über einen Zeitraum von fast sechs Jahrhunderten hinweg. Sachsen hat im Vergleich zu den meisten deutschen Bundesländern eine ungewöhnlich lange und dichte Geschichte ständischer bzw. parlamentarischer Mitwirkung. Dies gilt nicht nur für die Phasen, in denen die Landtage allgemein stark waren, sondern auch für Epochen, in denen andernorts der Einfluss der ständisch-parlamentarischen Körperschaften sank, wie etwa im 17. Jahrhundert. Im Kurfürstentum Sachsen waren die Stände auch in dieser Periode sehr einflussreich.
In mehr als einem halben Jahrtausend Landtagsgeschichte gab es selbstverständlich nicht nur Kontinuitäten, sondern auch Lücken, Brüche und vor allem fortwährenden Wandel. Obwohl stets Bezüge zum Herkommen aufrecht erhalten wurden, änderten sich der Kreis der Teilnahmeberechtigten und die Routinen ihrer Kommunikation, die zeichenhaften Handlungen und Gepflogenheiten. Deshalb muss der Begriff „Landtag“ für jede seiner Epochen definiert werden. Auch die Räume, aus denen Mitglieder zu Landtagen kamen, wechselten und der Einfluss der Ständeversammlungen auf die Politik wandelte sich. Bis zum Dreißigjährigen Krieg sprachen die kursächsischen Landtage auch bei der Außenpolitik mit. Danach finden sich in den landständischen Akten nur noch Gegenstände der Innenpolitik. Dennoch hatten die Ständeversammlungen in Dresden auch weiterhin hohen Einfluss auf die Politik Sachsens. Als das Kurfürstentum nach dem Siebenjährigen Krieg vor dem Staatsbankrott stand, retteten die Stände das Land sogar, indem sie für die Schulden ihres Fürsten bürgten.
Kontinuitäten und Forschungslücken
Landtage waren in jeder Epoche etwas anderes, aber sie haben auch epochenübergreifende Kontinuitäten: Personen gehörten nacheinander verschieden konstituierten Landtagen an. Tagungsmodalitäten und Teilnahmelegitimationen modifizierten vorangegangene Arrangements. Das Recht, Steuern zu bewilligen, hatten alle Landtage in (Kur-)Sachsen. Im Gegensatz zu den Fürstenhöfen, die es in Deutschland nur bis 1918 gab, sind Parlamente auch heute noch Orte, an denen sich das politische Zentrum einer Gesellschaft konstituieren kann.
Die historische Erforschung der Sächsischen Landtage ist im 20. Jahrhundert durch den Nationalsozialismus und die DDR weit ins Hintertreffen geraten. Deshalb soll das Graduiertenkolleg „Geschichte der Sächsischen Landtage“ diesen Strang der ständisch-parlamentarischen Tradition, der die sächsische Geschichte über rund sechshundert Jahre durchzieht, erforschen und sichtbar machen.
Mitglieder im Graduiertenkolleg
Die Bearbeiter der unterschiedlichen projekte sind Teil eines Graduiertenkollegs unter dem Dach der Graduiertenakademie der TU Dresden
DR. JANOSCH FÖRSTER geb. PASTEWKA
Epochen
Im Projekt werden folgende Epochen der sächsischen Landtagsgeschichte schwerpunktmäßig in Qualifizierungsarbeiten untersucht:
- Vorgeschichte der sächsischen Landtage im Mittelalter
- Spätmittelalter (1438-1539)
- Die Torgauer Landtage (1539-1622)
- Gravamina im 17. und 18. Jahrhundert
- Vormärz (1831-1848)
- Weimarer Republik (1918-1933)
- Sowjetische Besatzungszone (1945-1952)
- Wende und Nachwende (1990-1994)
Publikationen
Folgende Bände sind bereits erschienen:
Bd. 10: Roberto Rink: Dingen, Tagen und Beraten. Politische Partizipation im obersächsisch-meißnischen Raum bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts
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Bd. 9: Jan Bergmann-Ahlswede: Landtag in der Stadt. Torgau als Schauplatz der kursächsischen Ständeversammlungen (1550 - 1628)
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Bd. 8: Edith Schriefl / Silke Marburg (Hrsg.): Die politische Versammlung als Ökonomie der Offenheiten
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Bd. 7: Edith Schriefl: Versammlung zum Konsens. Der sächsische Landtag 1946-1952 .
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Bd. 6: Matthias Kopietz: Ordnung, Land und Leute. Politische Versammlungen im wettinischen Herrschaftsbereich 1438-1547.
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Bd. 5:
Uwe Israel / Josef Matzerath: Geschichte der Sächsischen Landtage.
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Bd. 4: Andreas Hoffmann: Parteigänger im Vormärz. Weltanschauungsparteien im sächsischen Landtag 1833–1848.
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Bd. 3: Janosch Pastewka [Förster]: Koalitionen statt Klassenkampf. Der sächsische Landtag 1918-1933.
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Bd. 1: Caroline Förster: Beamte, Politiker, Journalisten. Akteure der Erinnerung - Der Sächsische Landtag 1990-1994.
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In der selben Reihe ist auch erschienen:
Bd. 2: Axel Flügel: Anatomie einer Ritterkurie. Landtagsbesuch und Landtagskurien im kursächsischen Landtag
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Fundstücke / Berichte über das Graduiertenkolleg
- Die Beschlüsse des ersten Sächsischen Landtages 1438 – Matthias Kopietz (Landtagskurier 3/14, S. 18 f.)
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Pressefotografien aus der Weimarer Republik – Janosch Pastewka (Landtagskurier 4/14, S. 18 f.)
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„Emma geht als Herr verkleidet mit Treitschken auf die Tribüne“ – Andreas Hoffmann (Landtagskurier 5/14, S. 18 f.)
- Der 27. Oktober 1990 – Caroline Förster (Landtagskurier 6/14, S. 18 f.)
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Staats- und Privatwirtschaft. Der sächsische Landtag beschließt die Verstaatlichung der privaten Albertsbahngesellschaft – Christoph Wehmann (Landtagskurier 8/14, S. 22 f.)
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Sächsische Landtagsgeschichte findet großen Zuspruch. Landtagshistoriker präsentieren ihre Arbeit auf internationaler Tagung in Wien – Caroline Förster (Landtagskurier 9/14, S. 22 f.)
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„anstellung eines Landtags“. Eine erste sächsische Landtagsordnung aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts – Jan Bergmann (Landtagskurier 10/14, S. 22 f.)
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„Auch heute blieb das Land unberaten.“ Tagebucheintragungen zum Landtag 1824 – Josef Matzerath (Landtagskurier 1/15, S. 22 f.)
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Die Höflichkeit des Abgeordneten – Josef Matzerath (Landtagskurier 2/15, S. 22 f.)
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„mit zimlichen harten worten“. Der wohl erste überlieferte Ordnungsruf auf einem sächsischen Landtag – Jan Bergmann (Landtagskurier 3/15, S. 22 f.)
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Das Zerhungsbuch des Leipziger „Landtages“ von 1538 – Matthias Kopietz (Landtagskurier 4/15, S. 22 f.)
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„Ein erschütternder Anblick“. Der Überfall auf den sächsischen Landtag am 9. März 1933 – Janosch Pastewka (Landtagskurier 5/15, S. 22 f.)
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„Ohne Geschichte versteht man die Gegenwart nicht“ – Hans Peter Maier (Landtagskurier 6/15, S. 22 f.)
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Making Constitutions in Saxony. Präsentation sächsischer Verfassungen in London. Josephine Mey/Matthias Kopietz (Landtagskurier 7/15, S. 22 f.)
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„Geschichte der Landtage: Nur wer redet, wird auch gehört“ – Hans-Peter Maier (Landtagskurier 8/15, S. 22 f.)
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Geschichte verstehen – Hans-Peter Maier (Landtagskurier 9/15, S. 22 f.)
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„Der Sitzungssaal der zweiten Kammer war […] als Saal zur Eröffnung bestimmt“ – Andreas Hoffmann (Landtagskurier 1/16, S. 22 f.)
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Orakel über einen Landtag. Kurfürst Augusts Punktierkunst, ein flüchtiger Staatsschatz und der Landtag im Jahr 1576 – Jan Bergmann (Landtagskurier 2/16, S. 22 f.)
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Die Landdinge der Mark Meißen als ein gesellschaftlicher Zentralort – Josephine Mey (Landtagskurier 3/16, S. 22 f.)
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Das Rationen-Parlament – Edith Schriefl (Landtagskurier 4/16, S. 22 f.)
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Von Spucknäpfen und Nachttöpfen - Andreas Hoffmann (Landtagskurier 5/16, S. 22 f.)
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Sachsens 'große' Männer digital. [Karrikaturen von B.F. Dolbin in der DVZ] - Caroline Förster/Janosch Pastewka (Landtagskurier 6/16, S. 22 f.)
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Petitionen auf den Landtagen 1866-1910 - Christoph Wehmann (Landtagskurier 7/16, S. 22 f.)
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"Und wir wollen ja auch nicht immer hier in Trübsinn verkommen." Humor im Nachkriegslandtag - Edith Schriefl (Landtagskurier 8/16, S. 22 f.)
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"3. Kisten in welches das Archiv gepackt war" - Silke Marburg (Landtagskurier 1/17, S. 22 f.)
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Improvisation, Neuanfang, Aufbruch. Zeitzeugenstudie zum Sächsischen Landtag der 1. Wahlperiode (1990–1994) erschienen - Janosch Pastewka (Landtagskurier 2/17, S. 22 f.)
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Ein königliches Hoftheater - Josef Matzerath (Landtagskurier 3/17, S. 22 f.)
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»Mit Schriften und mit Zungen den Wagen aus dem Dreck zu ziehn« Eine Fraktionsfeier 1926 - Janosch Pastewka (Landtagskurier 4/17, S. 22 f.)
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Melanchton als Berater des Landtags - Jan Bergmann (Landtagskurier 5/17, S. 22 f.)
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Kundschafter der Landstände - Jan Bergmann (Landtagskurier 6/17, S. 22 f.)
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Zu Rat und Hilfe verpflichtet - Roberto Rink (Landtagskurier 7/17, S. 22 f.)
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"Wider die Feinde der Christenheit" - Matthias Kopietz (Landtagskurier 8/17, S. 22 f.)
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Zwischen Konfrontation und Verständigung - Caroline Förster (Landtagskurier 7/18, S. 22 f.) - Rezension der Dissertation "Koalitionen statt Klassenkampf" von Janosch Pastewka
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"Wozu haben wir eigentlich gewählt?" - Janosch Pastewka (Landtagskurier 2/19)
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Unabhängig oder Gleichgesinnt? - Jan Bergmann-Ahlswede (Landtagskurier 3/19) - Rezension der Dissertation "Parteigänger im Vormärz" von Andreas Hoffmann
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Von der "ganz großen Koalition" zum Ende des Parlamentarismus - Janosch Pastewka (Landtagskurier 4/19)
Alle Ausgaben des Landtagskuriers digital
Dialoghefte
- Dialog, Heft 8: Dresdner Gesprächskreise im Ständehaus. Graduiertenkolleg „Geschichte sächsischer Landtage“ vom 28. bis 30. Oktober 2015, hrsg. vom Sächsischen Landtag, Dresden [2016]
- Dialog, Heft 4: Dresdner Gesprächskreise im Ständehaus. Fachtagung „Sächsische Landtagsgeschichte im Vergleich“ am 28. März 2012, hrsg. vom Sächsischen Landtag, Dresden [2012]
Dialoghefte und Ausgaben des Landtagskuriers sind online verfügbar auf der Website des Sächsischen Landtages.
Abgeschlossene Projekte:
Vorgeschichte der sächsischen Landtage im Mittelalter
Bearbeiter: Roberto Rink
Die sächsischen Ständeversammlungen im Spätmittelalter
Bearbeiter: Matthias Kopietz
Die Torgauer Landtage (1547-1628)
Bearbeiter: Jan Bergmann-Ahlswede
Gravamina. Ständische Beschwerden als politisches Instrument in der Herausbildung des frühmodernen Staates im 17. und 18. Jahrhundert
Bearbeiterin: Silke Marburg
Herausbildung von Weltanschauungsparteien. Das sächsische Zweikammerparlament in der Zeit des Vormärzes
Bearbeiter: Andreas Hoffmann
Der sächsische Landtag im Kaiserreich: Ein gesellschaftlicher Zentralort im Wandel
Bearbeiter: nicht bearbeitet
Parlamentarische Kultur in der Weimarer Republik
Bearbeiter: Janosch Förster, geb. Pastewka
Parlaments-Konzeptionen nach dem Zweiten Weltkrieg. Sächsische Landtage 1946-1952
Bearbeiterin: Edith Schriefl
Der Sächsische Landtag: Die Entstehung einer parlamentarischen Institution im Spiegel ost- und westdeutscher Erinnerungshorizonte
Bearbeiterin: Caroline Förster