„Auf der Bleichwiese spielten wir Trapper und Indianer. Im Zeichen Lederstrumpfs und Karl Mays beschossen wir uns gegenseitig mit Luftbüchsen und selbstgemachten Katapulten“, erinnert sich George Grosz in seiner Autobiographie an seine Kindheit. Diese kindliche Leidenschaft für den Wilden Westen, die von den Romanwelten James Fenimore Coopers und Karl Mays inspiriert war, fand früh Eingang in seine Bilder; bereits 1905 entstanden erste Skizzen von Cowboys und Indianern. George Grosz war jedoch nicht der Erste und vor allem nicht der Einzige, der sich dem Wilden Westen widmete. Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bannten Künstler wie Carl Wimar, Emanuel Leutze und Albert Bierstadt ihre Ideen vom Leben in der Wildnis und von der Weite des amerikanischen Westens auf große Leinwände.
In der Folge fanden Bilder und Klischees vom fernen Amerika in Europa großen Anklang, wie etwa die Indian Gallery von George Catlin oder die berühmten Wild West Shows von William F. Cody alias Buffalo Bill zeigen. Durch eine groß angelegte Tour, aber vor allem auch durch ihre mediale Präsenz in Zeitungen, auf Fotografien und Plakaten, avancierte gerade die Wild West Show um 1900 zu einem europaweiten Phänomen.
Im Seminar sollen die verschiedenen künstlerischen Entwürfe und Interpretationen des Wilden Westens sowie deren Hintergründe untersucht werden. In einem zeitlichen Bogen vom 19. bis ins frühe 20. Jahrhundert soll hierbei der Blick sowohl auf amerikanische als auch auf europäische Künstler gerichtet werden.
Ein Besuch der Ausstellung „Weltenschöpfer – Richard Wagner, Max Klinger, Karl May“ des Museums der bildenden Künste in Leipzig ist angedacht.
Die zu erbringenden Leistungen im Seminar bestehen aus einem Referat und einem begleitenden Handout sowie einer Seminararbeit. In einer eigenverantwortlichen Lesegruppe sollen zur Vertiefung des Seminars Texte studiert und diskutiert werden. Ein Semesterapparat mit grundlegenden Literaturtiteln wird ab Beginn des Seminars in der SLUB bereitstehen.
Die Vergabe der Referatsthemen erfolgt in der ersten Sitzung am 18.04.2013.
Literatur zur Einführung
-
Bott, Katharina [Hrsg.]: Vice Versa. Deutsche Maler in Amerika. Amerikanische Maler in Deutschland. 1813 – 1913, München 1996
-
Kort, Pamela [Hrsg.]: I like America. Fiktionen des Wilden Westens, München/Berlin [u.a.] 2006
-
Pohl, Frances K.: Framing America. A social history of American art. New York, NY 2012
-
Rydell, Robert W./Kroes, Rob: Buffalo Bill in Bologna: The Americanization of the World, 1869-1922, Chicago [u.a.] 2005
-
Tower, Beeke S. [Hrsg.]: Envisioning America. Prints, drawings, and photographs by George Grosz and his contemporaries, 1915 – 1933, Cambridge, Mass., 1990
|