Mit diesem Hauptseminar werden Pionierpfade betreten: Trotz vieler hochbedeutender Bauten ist die Architekturgeschichte Lateinamerikas von der europäischen Kunstwissenschaft bislang fast völlig vernachlässigt worden. Dies erstaunt angesichts der Tatsache, dass der Zugang über die auf dem gesamten Kontinent gesprochene spanische (und partiell portugiesische) Sprache für Europäer weitaus leichter fällt als im Fall von Afrika oder Asien. Es gilt vor allem, die Beschränkung des Blicks auf Europa und die USA aufzugeben, um ein architektonisches (und städtebauliches) Feld von faszinierender Größe und Vielfalt kennenzulernen, das an deutschen Universitäten bislang kaum je behandelt wurde. Wichtige Impulse gingen immerhin von einer internationalen Tagung unseres Instituts zur Zweihundertjahrfeier der Unabhängigkeit der Staaten Lateinamerikas im Jahre 2010 aus („1810 – 1910 – 2010. Independencias dependientes. Kunst und nationale Identitäten in Lateinamerika“).
Bei einer ersten Annäherung an die Architektur Lateinamerikas ist es wichtig, neben einem Einblick in die politische Geschichte des Kontinents die historischen Tiefenstränge der Kulturen im Auge zu behalten. Deshalb widmet sich das Hauptseminar zunächst der Baukunst der präkolumbianischen Kulturen in Mittelamerika und den Andenländern, sodann der sog. Kolonialzeit mit ihren engen Verbindungen zur Iberischen Halbinsel, der Zeit nationaler Aufbrüche im 19. Jahrhundert und schließlich der Architektur des 20. Jahrhunderts, die vielfach bewusst den Bogen zurück zur präkolumbianischen Zeit geschlagen hat. Hier soll insbesondere die mexikanische Moderne im Mittelpunkt stehen, die (neben Brasilien) eine Architektur von Weltrang hervorgebracht hat.
Von den Teilnehmer(inne)n wird auch ein gehöriges Maß an Pioniergeist erwartet, denn die Forschungs- und Literatursituation ist in Deutschland, speziell in Dresden, relativ schwierig. Der Seminarleiter wird mit privaten Beständen aushelfen. Spanischkenntnisse werden nicht vorausgesetzt, erweisen sich jedoch als sehr nützlich. Mit Energie und Improvisationsgabe sind die Referate und Hausarbeiten in jedem Fall zu meistern.
Referate ca. 30 Minuten, Seminararbeit bis Mitte September 2013.
Grundliteratur:
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Helga von Kügelgen (Hrsg.), Indigenes Erbe, europäische Traditionen und der europäische Blick (Ars Iberica et Americana, 7), Frankfurt a.M. / Madrid 2002;
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Ramón Gutiérrez, Arquitectura y urbanismo en Iberoamérica, Madrid 1992 ;
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Paul Gendrop / Doris Heyden, Mittelamerika. Die alten Kulturen (Weltgeschichte der Architektur), Stuttgart 1988;
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George Kubler, The Art and Architecture of Ancient America, 3. Aufl. New Haven 1993;
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Manuel Toussaint, Arte Colonial en México, Mexiko-Stadt 1983 ;
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Montserrat Galí Boadella (Hrsg.), El mundo de las catedrales novohispanas, Puebla, Mex., 2002;
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Santiago Sebastián López u.a., Arte iberoamericano desde la colonización a la independencia, 2 Bde. (Summa Artis, Bde. XXVIII u. XXIX), Madrid 1985-96;
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Manuel Cuadra, Architektur in Lateinamerika. Die Andenstaaten im 19. und 20. Jahrhundert, Darmstadt 1991;
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Max L. Cetto, Moderne Architektur in Mexiko, Stuttgart 1961;
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Henrique E. Mindlin, Neues Bauen in Brasilien, München 1956;
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Ana María Braun, Betonbau & architektonische Identität in Argentinien und Brasilien von 1900 bis 1970, München 2008;
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Eckhart Ribbeck, Die Informelle Moderne – Spontanes Bauen in Mexiko-Stadt, Heidelberg 2002.
Die ersten Seminartermine – Referate können ab sofort besetzt werden.
Bitte Anfrage direkt an Seminarleiter: .
17. April:
Einführung (ohne Referat)
24. April:
Architektur und Städtebau der Maya
8. Mai:
a) Architektur und Städtebau in Mexiko bis zu den Azteken
b) Architektur und Städtebau der Inka
15. Mai:
a) Städtebau des 16.-18. Jhs. in Mexiko
b) Profanarchitektur des 16.-18. Jhs. in Mexiko
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