HS: Eleonore von Aquitanien und die Renaissance des 12. Jahrhunderts - van der Goes, A.
Veranstalter: | Drs. Andre van der Goes |
Tag/Zeit: |
31.05./01.06.2013 und 07./08.06.2013 ab 10:00 Uhr |
Raum: | ABS / 111 |
angeboten für: |
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Beginn: |
Vorbesprechung am 15.05., 14:50 - 16:20 Uhr, je nach Teilnehmerzahl im Raum 111 oder 216 (Bitte zuerst vor dem Raum 111 warten) |
"The title of this book will appear to many to contain a flagrant contradiction. A renaissance in the twelfth century! Do not the Middle Ages, that epoch of ignorance, stagnation, and gloom, stand in the sharpest contrast to the light and progress and freedom of the Italian Renaissance which followed? How could there be a renaissance in the Middle Ages, when men had no eye for the joy and beauty and knowledge of this passing world, their gaze ever fixed on the terrors of the world to come? Modern research shows us the Middle Ages less dark and less static, the Renaissance less bright and less sudden, than once was supposed." (Charles Homer Haskins, The Renaissance of the Twelfth Century. 1927) Der Zeitraum zwischen 1060 und 1160 wird durch Haskins als ein Jahrhundert charakterisiert, in dem sich eine Renaissance vollzog, die auf die Antike Kultur zurückgriff und diese fortführte. Selbstverständlich war seine These Gegenstand vieler kritischer Diskussionen, dennoch hat sie Eingang gefunden in die moderne Betrachtungsweise dieses Zeitraums – wobei der Terminus „Renaissance“ – Wiedergeburt - heute vorsichtiger gebraucht wird und man auch den Begriff „Renewal“ Erneuerung verwendet, um diese kulturelle Blütezeit des 12. Jahrhunderts zu beschreiben. Nachdem das Karolingische Reich zerbröckelt und schließlich auseinandergefallen war, fielen im 10. Jahrhundert Wikinger, Araber und Ungarn zuerst in die europäischen Randgebiete ein und drangen schließlich tief das Herz Europas vor und siedelten sich in einigen Gebieten wie zum Beispiel der Normandie, England, Spanien, Sizilien und dem Süden Italiens an. Um das Jahr 1000 stabilisierte sich die Lage und das dunkle, „eiserne“ Jahrhundert ging über in das Hochmittelalter. Während damit die Grundlagen für die spätere Formierung Europas gelegt waren, blühte in der zweiten Hälfte des elften Jahrhunderts Europa ökonomisch, politisch und kulturell auf. Das Erbe des römischen Altertums wurde bewusst gesucht und genutzt, um Erneuerungen einzuführen, die nahezu alle Belange des Zusammenlebens betrafen. Die ersten Universitäten werden gegründet, wo ebenso wie in vielen Klöstern - der Draht mit Bezug auf das römische Recht ebenso wie die Wissenschaft und die Philosophie der Antike aufgegriffen werden. Städte entwickelten sich zu Handelszentren. Neue Ackerbautechniken bescherten der zunehmenden Bevölkerung mehr Nahrung. Fürsten begannen souveräne, mehr säkular ausgerichtete Staaten zu gründen. Die Kirche als Institution leitete eine Blütezeit in der Architektur ihrer Gotteshäuser ein, als die Romanik in die Gotik überging. Die höfische Kultur blühte auf und stellte einen wichtigen Beitrag für den Kultivierungsprozess dar – allen voran der Adel. Es war die Zeit, der Bernard van Clairvaux, Suger, Abélard und Thomas Becket ihren jeweiligen Stempel aufdrückten als Kämpfer für Kirche oder weltliche Macht, von befreiender Philosophie oder von christlichen Werten und Dogmen. Europa platze förmlich aus alle Nähten. Die Kreuzzüge in das Heilige Land und die Reconquista in Spanien waren sowohl Äußerungen eines energisch-militanten Christentums als auch eine Suche nach Vermögen und Land von vielen Glücksrittern. Die Kontakte, die dadurch mit der arabischen Welt entstanden waren aber von großem Einfluss auf die europäische Kultur. Eleonora von Aquitanien Aufgewachsen und erzogen am prächtigen Hof ihres Vaters Wilhelm X der als Herzog über Aquitanien herrschte, einem der wichtigsten Gebiete in Frankreich, da sowohl reich an fruchtbarem Boden als auch durchzogen von wichtigen Handelswegen und als kulturelles Zentrum, wurde sie im Alter von nur 13 Jahren Königin von Frankreich. Damit begann ein Lebenslauf, der viele Zeitgenossen mit Staunen, Verwunderung und auch Entsetzen erfüllte. Ausgestattet mit einer großen Intelligenz und einem eigensinnigen Charakter, übte sie Einfluss auf die Politik ihrer beiden königlichen Ehemänner aus, unterstützte den Aufstand drei ihrer Söhne gegen ihren Vater – und ihren Ehemann – Heinrich II. von England, war als 70-Jährige für ihren Sohn Richard II während dessen Kreuzzug und Gefangenschaft Regentin und spielte mit ca. 80 Jahren eine aktive Rolle in der Niederschlagung des Aufstandes gegen ihren Sohn Jan Ohneland. Sie begleitete ihren ersten Ehemann, König Ludwig VII von Frankreich auf seinem Kreuzzug und führte ein Heer von Amazonen, nicht kämpfenden übrigens, an. Von 1168-1173 war ihr Hof in Poitiers ein Zentrum höfischer Kultur. Diese umtriebige Frau kannte die großen Geister ihrer Zeit persönlich so wie sie auch selbst eine große Rolle bei vielen bedeutenden historischen Ereignissen spielte oder ihnen beiwohnte: beispielsweise war sie als Königin von Frankreich bei der Weihe der neuen Abteikirche von Saint-Denis, dem Gründungsbau der gotischen Architektur, im Jahr 1144 anwesend. Im 12. Jahrhundert erfüllte sie gewissermaßen eine zentrale Rolle und ihr Lebensweg führte sie nicht nur als Königin in die Metropolen Paris und London sondern auf ihren Reisen besuchte sie neben nahezu allen wichtigen Zentren der christlichen Welt: Konstantinopel, Antiochia, Jerusalem, Rom und Palermo sowie Kastilien und das Deutsche Reich. - Nach einem Rückblick auf die vorhergehenden Epoche des Mittelalters wird in diesem Seminar ein Überblick über die Kultur und die Geschichte des 12. Jahrhunderts im Kontext des Lebenslaufes Eleonores von Aquitanien geboten: Sie kannte viele der wichtigen Protagonisten dieser Blütezeit persönlich und war dazu in der Lage aktiv dieses Jahrhundert mitzugestalten. - Es wird hinterfragt, ob der Begriff „Renaissance“ für das 12. Jh. mit Recht benutzt werden kann und wie diese Renaissance sich zu anderen Renaissance-Strömungen verhält. - Haskins hat sich in seiner Studie bewusst auf die Bereiche Literatur, Recht, Philosophie, Wissenschaft und die Universitäten beschränkt. Wir aber gehen auch auf die Spurensuche des Einflusses der Antike auf die bildende Kunst des 12. Jahrhunderts, denn gerade hier, in der Sprache der Formen sind andere Faktoren wirksam als in der Welt der Sprache und der Literatur. Am 15. Mai, 14.50 – 16.20 Uhr, findet ein Auftakt-Treffen für das Seminar statt, bei dem die bis zum Seminarbeginn zu lesenden Texte sowie die Themen für Referate und Essays besprochen und verteilt werden. Wem es nicht möglich ist, diesen Termin wahrzunehmen, der möchte sich bitte bis zu diesem Termin bei Frau Spretz verbindlich für das Seminar anmelden, damit er dennoch für Referat und Essay berücksichtigt werden kann. |