Netzwerk Sprach(en)kompetenzen im Studium fördern
Inhaltsverzeichnis
Wer wir sind und was unser Anliegen ist:
Das Netzwerk Sprach(en)kompetenzen im Studium fördern wurde von Michael Dobstadt (Professur für Deutsch als Fremdsprache), Nina Melching (Projekt Schreibzentrum@TUD) und Monika Ruszó (Lehrzentrum für Sprachen und Kulturen) ins Leben gerufen; und damit von Akteuren, die sich aus verschiedenen fachlichen Blickwinkeln seit vielen Jahren mit dem Thema "Sprache(n) im Studium" beschäftigen. So unterstützt bspw. das Schreibzentrum seit mehreren Jahren die Lehre zum Themengebiet wissenschaftliches Schreiben und Wissenschaftssprache mit in Lehrveranstaltungen integrierten Workshops und Schreibberatung. Das Lehrzentrum Sprachen und Kulturen macht Studierende in seinen Kursen mit der Wissenschaftssprache Deutsch in allen ihren Facetten vertraut. In den Lehrveranstaltungen der Professur DaF werden Sprachaufmerksamkeit und Sprachreflexion geschult; und die Studierenden werden für den vielschichtigen Zusammenhang zwischen Form und Bedeutung als einem zentralen Bezugspunkt für einen zeitgemäßen Sprachunterricht sensibilisiert.
Ausgangspunkt unserer Initiative sind eine Reihe von Beobachtungen:
- Die sprachlichen Voraussetzungen der Studierenden sind heterogener geworden. Die Hürden für den Erwerb der allgemein-, wissenschafts- und fachsprachlichen Kompetenzen, die benötigt werden, um komplexe Fachtexte zu erfassen und zu verarbeiten, um akademische Texte zu schreiben, um den Konventionen der jeweiligen Fachgemeinschaft entsprechend zu kommunizieren, mit anderen Worten: um erfolgreich zu studieren und sich darüber hinaus am - internationalen und somit mehrsprachigen - wissenschaftlichen Diskurs zu beteiligen, haben sich erhöht. Dies betrifft nicht mehr nur die internationalen Studierenden.
- Zugleich sind die sprachlich-kommunikativen Anforderungen an die Studierenden und die Absolvent:innen gewachsen: Die Fähigkeit, mit Sprache(n) reflektiert, verantwortungsbewusst, kontextsensibel, situations- und fachangemessen und auch kreativ umzugehen, ist zunehmend zur Voraussetzung nicht nur für eine erfolgreiche Tätigkeit in der Wissenschaft, sondern auch für Tätigkeiten in vielen weiteren akademischen und nicht-akademischen Berufen geworden, und dies fachübergreifend.
Aus diesen Befunden ziehen wir die Schlussfolgerung, dass Studierenden - sowohl den sogenannten "internationalen" als auch denjenigen mit der Erstsprache Deutsch - an der TUD eine kontinuierliche (wissenschafts- und fach-)sprachliche Unterstützung im Erwerb und Ausbau ihrer wissenschaftssprachlichen Kompetenzen angeboten werden sollte; auf Deutsch und anderen Sprachen. Unter anderem heißt dies, dass die Vermittlung von Fachinhalten von einer expliziten Vermittlung wissenschafts- und fachsprachlicher Kompetenzen begleitet werden sollte. Dazu gehört z. B., Studierenden die Spezifika von Wissenschaftssprache gegenüber der Alltagssprache bewusst zu machen. Spezifische wissenschafts- und fachsprachliche Handlungen sollten reflektiert und im Lese- und Schreibprozess trainiert werden. Diese Übungen sollten ein integraler Teil der Lehrveranstaltungen selbst sein.
Was wir erreichen wollen:
- Wir möchten einen universitätsweiten Diskurs über den Stellenwert von Sprach(en)kompetenz im Studium anstoßen.
- Wir möchten didaktische/ methodische Ansätze zur Sprache(en)kompetenzförderung entwickeln und dabei die an der TUD vorhandene Expertise zusammenbringen und fruchtbar machen.
- Insbesondere möchten wir in den Fakultäten Partner:innen gewinnnen: Studiendekane, studentische Mitglieder der Studienkommissionen, Lehrende, die unser Anliegen teilen. Wir möchten in den verschiedenen Fakultäten und universitätsweit Kontakte knüpfen und Kooperationen aufbauen mit dem Ziel, Bedarfe zu erheben, weitere Akteure für das Anliegen des Netzwerks zu interessieren, sie für die Notwendigkeit einer intensiveren Auseinandersetzung mit Sprache(n) und Kommunikation im Rahmen von Studium und Wissenschaft zu sensibilisieren, unsere Konzepte gemeinsam mit ihnen weiterzuentwickeln, sie in die Lehre zu tragen und dort zu verankern.
- Mittel- und langfristig wollen wir mit unserem Netzwerk Anstöße für die Entwicklung eines zeitgemäßen sprachenpolitischen Konzepts der TUD geben und uns an der Entwicklung eines solchen Konzepts aktiv beteiligen.
Sprach(en)kompetenzen im Studium fördern - manche sagen...
Fachkompetenzen werden immer durch Sprache vermittelt. Insofern sind Fachlichkeit und Sprachlichkeit untrennbar miteinander verknüpft - sowohl im Studium und der Lehre als auch in der Wissenschaft allgemein. Die Vermittlung von Terminologien und Fachvokabular, sowie das Schulen der Fähigkeit zur sprachlichen Abstraktion und schlüssigen Argumentationen sind bereits jetzt selbstverständlicher Bestandteil der Hochschullehre. Wenn also Sprach(en)kompetenzen Voraussetzung dafür sind, dass Studierende von der Fachlehre profitieren und ihre erworbenen Fachkompetenzen zum Ausdruck bringen können, zieht das nach sich, dass gute Lehre ohne sprachlich kompetente Studierende unmöglich ist. Studierende beim Erwerb dieser elementaren Kompetenz alleinzulassen, ist aus dreierlei Gründen riskant:
- Studierende erkennen möglicherweise nicht, dass sie sprachliche Defizite haben.
- Studierende wissen, dass sie sprachliche Defizite haben, aber können die Ursache nicht benennen.
- Studierende wissen, dass und weshalb sie sprachliche Defizite haben, aber nicht, wie sie sich verbessern können.
Die Entwicklung der Sprach(en)kompetenzen Studierender durch Mentoring zu fördern, ist nicht nur effektiv, es steht auch im Einklang mit dem Lehrleitbild der TUD: „Ziel [der Lehre] ist die Entwicklung hoher fachlicher und überfachlicher Kompetenzen“ (TUD Lehrleitbild, S.1). Wenn die TUD anstrebt, ihre Mitglieder nicht nur fachlich auszubilden, sondern darüber hinaus zur aktiven Teilhabe an fachlichen, universitären und gesellschaftlichen Diskursen zu befähigen, ist sie angesichts der allgemein gestiegenen Anforderungen an den Umgang mit Sprache und Kommunikation in der Pflicht, ein breites Spektrum sprachbezogener (Fort-)Bildungsangebote bereitzustellen. Positives Resultat dieser Bemühungen wäre die Herausbildung eines attraktiven Alleinstellungsmerkmals mit dem Potenzial, (internationale) Studierende und Wissenschaftler:innen an die TUD zu ziehen und langfristig zu halten.
Die Vermittlung von Sprach(en)kompetenzen aus dem Studium auszuklammern, ist fatal. Allgemeine fach- wie wissenschaftssprachliche Kompetenzen in möglichst mehreren Sprachen aufzubauen, trägt enorm zum Studien- und späteren Berufserfolg aller Studierenden bei. Das gilt in noch größerem Maße für internationale Studierende, deren Muttersprache weder Deutsch noch Englisch ist. Angesichts der wachsenden Heterogenität innerhalb der Studierendenschaft in Bezug auf Bildungshintergrund und Herkunft, bewirkt eine Ausbildung dieser überfachlichen Schlüsselkompetenz letztendlich mehr Chancengleichheit. Doch nicht nur Studierende, sondern auch Lehrende profitieren langfristig von einem durchdachten und effektiven Sprachenkonzept. Ein entsprechendes Bildungsangebot für die breite Masse erhöht die Qualität studentischer Beiträge und reduziert die Zahl der Studierenden, die sich bei der Betreuung von Semester- und Abschlussarbeiten zu „Problemfällen“ entwickeln. Des Weiteren wird Studierenden durch gezielte Anleitung die Angst vor dem Schreiben und Präsentieren genommen, was wiederum Stress und Überlastung vorbeugt. Studierende arbeiten mit größerer Motivation und entwickeln Freude an der aktiven Teilhabe am Wissenschaftsdiskurs.
Dass Studierende trotz voller Stundenpläne grundsätzlich die Beschäftigung mit Sprache und den Fremdsprachenerwerb als Horizonterweiterung betrachten, zeigt sich unter anderem in den hohen Teilnehmer:innenzahlen an freiwilligen LSK-Sprachkursen. Dies impliziert, dass Studierende motiviert sind, ihre internationale Mobilität zu erhöhen und langfristig darauf hinarbeiten, Auslandserfahrungen sammeln zu können.
Nichtsdestotrotz ist es eine Tatsache, dass sich Studierende und Lehrende bereits durch das bestehende Lehr- und Lernpensum überlastet fühlen. Perspektivisch wäre eine Entschlackung der Curricula zugunsten der Aufrechterhaltung der Qualität der Lehre sowie eine Anpassung an die veränderten Bedingungen des Arbeitsmarktes zu begrüßen. Zwischenzeitlich könnte ein Lösungsansatz bezüglich der Vermittlung von Sprach(en)kompetenzen darin bestehen, diese an studienfachfremde Expert:innen wie das SZD oder LSK abzugeben. Als positiver Nebeneffekt könnte diese Maßnahme bereits zur Entlastung einiger Seminarpläne führen, in die Vermittlung von Sprach- und Schreibkompetenzen notgedrungen „on top“ untergebracht werden musste. Im Hinblick auf die Mehrbelastung Studierender könnten derartige Angebote zunächst fakultativ bestehen bzw. als für den Wahlpflicht-/ AQua-/Ergänzungsbereich anrechenbar.
Sprach(en)kompetenzen sind der Schlüssel zur Ausbildung sämtlicher kommunikativer und akademischer Kompetenzen. Wer gut schreiben, präsentieren, rezipieren und kommunizieren kann, ist erfolgreicher in Studium und Beruf. Andersherum führt beispielsweise die Angst vor dem wissenschaftlichen Schreiben nicht selten zum Studienabbruch (vgl. Wisniewski u. a.). Wer nicht bereit ist, direkt eine für die Lehre ausreichende Sprachkompetenz zu fördern, muss später Symptome bekämpfen, statt gleich eine Ursache angegangen zu haben.
Gleichzeitig muss die Vermittlung von Sprach(en)kompetenzen nicht zwangsläufig übermäßig zeit- und kostenintensiv sein. Bereits durch eine Anpassung bestehender universitärer Strukturen und aktivere Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen würde viel erreicht werden. Des Weiteren könnten Initiativen wie institutionell verankerte Angebote des Peer-Learnings den finanziellen Aufwand geringhalten.
Tatsächlich wäre die aktive Einbindung von Mehrsprachigkeit in die Lehre ein Mammutprojekt. Perspektivisch könnte ein potenzieller Lösungsansatz in verstärkter Integration der über das LSK und die Sprachfakultäten verfügbaren Personal- und Wissensressourcen bestehen.
Unabhängig davon, welche Konzepte in Zukunft entwickelt werden, um Mehrsprachigkeit in der universitären Bildung zu stärken, zeichnen sich aktuell zwei Grundprobleme in der kollektiven Geisteshaltung ab:
Erstens, die Gleichsetzung von Englisch- mit Mehrsprachigkeit und Internationalisierung. Obwohl Englischsprachigkeit zweifelsohne ein entscheidender Faktor in der Internationalisierung der Wissenschaftskommunikation ist, gewährleistet sie keinesfalls gleichberechtigten Zugang zu Bildungsinhalten (vgl. Flessner S. 383 f.). Ebenso wenig kann die anglo-amerikanische Wissenschaftstradition gegenüber anderen europäischen wie nicht-europäischen Wissenschaftskulturen eine inhärente Überlegenheit beanspruchen. Insofern ist die Rolle der Universität auch die der Verteidigerin der vielfältigen Sprachkulturen der einzelnen Disziplinen, indem sie sich aktiv ihrer Verdrängung und Vereinheitlichung widersetzt. Die Verantwortung der TUD bezieht sich insbesondere auf die Sprachen der Region (Deutsch, Sorbisch, Polnisch, Tschechisch). Als Institution richtet sie Ihre Wertschätzung darüber hinaus unterschiedslos auch an alle anderen europäischen wie nicht-europäischen Sprachen, in denen ihre Mitglieder zuhause sind (allein die Studierenden stammten zum WS 22/23 aus 125 Nationen (vgl. (TU Dresden, Dezernat 7, Folie 3)).
Zweitens, wird Vielfalt im Allgemeinen zwar als bereichernd empfunden, sprachliche Vielfalt hingegen ist negativ konnotiert. Statt Mehrsprachigkeit als potenzielles „Problem“ zu betrachten, gilt es ein Bewusstsein für Mehrsprachigkeit als Stärke zu schaffen, von der Studierende wie Lehrende profitieren. Das an der Universität vertretene Sprachenspektrum trägt maßgeblich zu ihrer intellektuellen Lebendigkeit bei. Diese vorhandene Mehrsprachigkeit gilt es anzuerkennen, als Ressource zu verstehen und dementsprechend zu fördern.
Mehrsprachigkeit ist ein Indiz für eine genuin pluralistische Gesellschaft, eine Voraussetzung für gleichberechtigte Teilhabe, sowohl Zugewinn als auch herausfordernde Aufgabe. Eine Universität, die sich der letzteren stellt, dient als Inspiration und Erprobungslabor für ein gelungenes Miteinander in unserer postmigrantischen Gesellschaft.
Leider nein. Die bisher geleistete Arbeit ist sehr wertvoll, kann aber bei Weitem nicht den bestehenden Bedarf in der Studierendenschaft (und der Lehrkräfte) decken.
Ein allgemeines Angebot muss immer durch die Vermittlung von fachspezifischen Aspekten ergänzt werden. Allerdings existieren nicht in jeden Studiengang entsprechende Lehrangebote.
Die Vermittlung der fächerübergreifenden Sprach(en)kompetenzen ist auf viele unterschiedliche Institutionen verteilt, in denen wiederum aufgrund begrenzter Personal- und Finanzmittel nicht alle Bedarfsbereiche zufriedenstellend abgedeckt werden können. Und trotz der intensiven Bemühungen von Einzelpersonen um verstärkte Zusammenarbeit, lässt sich unter den gegebenen Umständen kein einheitliches Arbeiten erreichen. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei einigen der genannten Institutionen um Projekte handelt, deren Laufzeit in Kürze endet. Somit kommt es zu einer weiteren Verknappung des Angebots.
Das Verwaltungs- und Zuständigkeitenchaos sowie die Diskontinuität der Angebote erwecken nach außen hin den Anschein mangelnder Verlässlichkeit, intern führen sie zu Frustration unter den Beschäftigten und infolgedessen „brain drain“.
Mit einem Gesamtkonzept und durch einen gesamt-strukturellen Wandel an der TUD könnte ungleich mehr erreicht werden.
Flessner, Axel. „Sprachpolitik für die Internationalisierung der Hochschulen in Europa“. Die öffentliche Verwaltung (DÖV), Bd. 72, Nr. 10, Mai 2019, S. 373–416.
Kobel, Michael. Entwurf Lehrleitbild im Rahmen der Lehrstrategie sTUDium 3.0. TU Dresden, 20. Juni 2022, https://tu-dresden.de/tu-dresden/organisation/rektorat/prorektor-bildung/lehrstrategie/ressourcen/dateien/230920_Inhalt_de_bf.pdf
TU Dresden, Dezernat 7. TU Dresden: Die sächsische Exzellenzuniversität. Kurzpräsentation. https://tu-dresden.de/tu-dresden/profil/ressourcen/dateien/zahlfakt/tud_kurz_2023_02_DE.pdf?lang=de.
Wisniewski, Katrin, u. a. Wie wichtig sind Deutschkenntnisse für ein erfolgreiches Studium internationaler Bachelorstudierender? Kernbefunde des SpraStu-Projekts. Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD), 2023, https://doi.org/10.46685/DAADStudien.2023.03.
Netzwerk Sprach(en)kompetenzen im Studium fördern
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Vertreter der Professur
NameHerr Dr. Michael Dobstadt
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Geschäftsführung LSK & Sprachreferentin Deutsch als Fremdsprache
NameFrau Monika Ruszó
Koordinatorin Test-DaF/ DSH
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Besuchsadresse:
Seminargebäude 1 (SE1) Zellescher Weg 22
01217 Dresden
Referentin Schreibdidaktik
NameNina Melching, M.A.
Koordinatorin (Teilzeit in Elternzeit)
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Zentrum für Weiterbildung
Zentrum für Weiterbildung
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01069 Dresden
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