28.01.2020
Aus Blau wird Grün
Veränderte Sensortechnik in Kameras führt zu Farbwechsel im Videostudio der TU Dresden
Dieter Berger
Die »blaue Periode« ist Geschichte …, das war bei Picasso auch irgendwann der Fall. Gewiss ein augenzwinkernder Vergleich, doch auch im TUD-Videostudio erheben die Mitarbeiter häufig einen künstlerischen Anspruch, wenn sie für universitäre Kunden Projekte realisieren. Moderne Medienproduktion, seit Mitte 2019 strukturell im Dezernat 7, Gruppe Web und Video, verankert, benötigt gewisse Voraussetzungen an Infrastruktur. Das »KEY-Studio« ist ein Teil davon. Die Technologie, die hier zum Einsatz kommt, heißt Chromakey und ist schnell erklärt. Hinter den vor einer Kamera agierenden Personen, z.B. einer Moderatorin, befindet sich eine monochrome Farbfläche – im TUD-Videostudio ein definierter Grünton. Mittels eines elektronischen Gerätes, z.B. eines Bildmischers, wird der grüne Farbton in Echtzeit aus dem Videobild eliminiert und durch eine andere Bildinformation ersetzt.
Das kann eine Grafik oder auch eine Filmsequenz sein. Der Mehrwert solcher Verfahren besteht darin, dass man im Hintergrund einer Person genau auf ihren Vortrag zugeschnittene Informationen einblenden kann. Das passiert – wenn gewünscht – aufs Komma genau und in ästhetisch sehr ansprechender Form. So wird auch in den kommerziellen Fernsehanstalten gearbeitet, beispielweise bei der Ausgestaltung von Nachrichtensendungen. Wer schon einmal gestalterisch mit Adobe Photoshop unterwegs war, dem sind mit den transparenten Ebenen (Alphakanäle) ähnliche Werkzeuge begegnet. Die KEY-Verfahren bieten dem Anwender weitere Vorteile. So kann man mehrere Bild-Ebenen übereinander legen und damit eine komplexe gestalterische Hierarchie erzeugen. Ein Beispiel wäre, wenn man die Moderatorin in einem schicken Ambiente agieren lassen möchte. Dafür Möbel und Accessoires zu kaufen, wäre viel zu teuer. Man lässt sich also vom Grafikdesign ein »virtuelles Studio« kreieren. Das kostet einen Bruchteil, ist stets veränderbar und man benötigt weder längere Rüstzeiten noch ein Möbellager. Die oberste Ebene einer solchen Bildhierarchie wäre dann also der Moderatorentisch, die unterste die statistische Balkengrafik im Bild hinter der Person. Steht oder sitzt die Person hinter dem Tisch, ist nur die obere Hälfte von ihr zu sehen. Bewegt sie sich nun z.B. ans rechte Ende des Tisches, wird die gesamte Person sichtbar, da dieser Bildbereich transparent gehalten wurde.
Wo aber ist der Bezug zur »blauen Periode«? Nun, ein KEY-Studio besitzt die Universität seit 1998. Damals wurde beim Design von Studios oft noch auf den sogenannten Bluescreen gesetzt. Deshalb hat man im Neubau des HSZ einen königsblauen Hintergrund in den Studiotrakt geplant und eingebaut. In den letzten Jahrzehnten änderten sich jedoch die Bildaufnahmesensoren in den Kameras, so dass man mit einer grünen Farbe bessere Ergebnisse erzielen konnte (… und grüne Jeans werden auch seltener getragen …). Durch den nachträglichen Einbau einer Rundkehle am Übergang zwischen Wand und Fußboden konnten bei der Lichtführung ebenfalls signifikante Verbesserungen erreicht werden.
Problematisch war der Farbanstrich. Man spricht heute von Farbsystemen: Erste Grundierung, zweite Grundierung, Deckschicht und abschließend eine PU-Schicht, um mechanische Stabilität für Begehbarkeit zu erreichen. Nachdem das Farbsystem aufgetragen war, sah es zwar beeindruckend aus, aber es zeigte einen gewissen Restglanz, der dazu führte, dass in Teilbereichen das Grün zu Weiß wurde – für KEY-Anwendungen nicht verwertbar. Dank der Globalisierung fand sich eine US-Firma, die ein solches Grün ohne Restglanz herstellen kann. Um ehrlich zu sein, Picasso hatte es da leichter …
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 2/2020 vom 28. Januar 2020 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.