30.07.2010
Zwergenwelt von großer Wirkung
Wenn es um Nanopartikel geht, ist Präzision gefragt. Höchste Präzision. Das gilt nicht nur für die Beschäftigung mit den Kleinstteilchen, sondern mindestens ebenso für deren Beschreibung. Die Nachwuchswissenschaftlerin Dr. Nadja Bigall vom Italienischen Technologie-Institut Genua hat beide Disziplinen mit solcher Akkuratesse verbunden, dass ihr dafür in diesem Sommer der Professor-Schwabe-Preis verliehen worden ist. Ihre Dissertation zeichne sich durch „ein ausgesprochen hohes wissenschaftliches Niveau“ aus, zudem seien die „Prägnanz der Arbeit“ sowie deren „ausgezeichnete grafische Gestaltung“ hervorhebenswert, begründete die Jury ihre Entscheidung.
Neben der Freude über diese 1961 gestiftete und seit 1972
jährlich verliehene Ehrung – sie geht auf Prof. Kurt Schwabe
zurück, den Rektor der TU Dresden von 1961 bis 1965 –, kann
Nadja Bigall auch auf diverse Veröffentlichungen stolz sein. So
publizierte sie im Fachjournal „Angewandte Chemie“ und erhielt
einer ihrer Beiträge als „Hot Paper“ gesonderte
Beachtung.
Die bisherige Assistentin war ihrem Doktorvater Prof.
Alexander Eychmüller, Professurinhaber am Fachbereich
Physikalische Chemie/Elektrochemie der TU Dresden, bereits an
der Universität Hamburg begegnet. Es lag für sie nahe, ihm
stromaufwärts zu folgen.
Im Zusammenhang mit ihrer Arbeit interessierte sich die Doktorandin insbesondere für die Bildung verschiedener Arten von Nanopartikelüberstrukturen, da die Immobilisierung von Nanopartikeln zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten eröffne. „Interessant dabei ist, die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Partikel zu erhalten und so auf Objekte makroskopischer Dimension zu übertragen“, erklärt die Wissenschaftlerin. In einigen Fällen erhalte man durch die Bildung von Überstrukturen aber auch vollkommen neuartige Eigenschaften, betont sie und verweist fasziniert auf künftige Anwendungen. Überstrukturen von Gold- oder Silbernanopartikel fänden sich überwiegend in der Plasmonik, in der Sensorik sowie in der oberflächenverstärkten Raman-Spektroskopie. Das sind alles Begriffe, auf die nicht nur der Laie verständnislos reagiert. Doch Nadja Bigall scheint es gelungen, den theoretischen Kategorien Leben eingehaucht und den praktischen Nutzen ihrer Forschung plausibel dargestellt zu haben.
Platin- oder Palladiumnanopartikeln hat die Forscherin einen
besonderen Einsatzzweck bei der heterogenen Katalyse nachweisen
können, woraus sich interessante Entwicklungen in der
Physischen Chemie, der Thermodynamik sowie in der
Materialwissenschaft eröffnen würden.
Bereits im Zusammenhang mit ihrer nun ausgezeichneten
Doktorarbeit hat Nadja Bigall eine Reihe von Materialklassen
herstellen können, mit denen sie überzeugte: „Trägerfreie
Hydro- und Aerogele aus Gold, Silber- und Platinnanopartikeln
sowie aus Gemischen von Gold- bzw. Platin- mit
Silbernanokristallen besitzen eine sehr hohe spezifische
Oberfläche und können somit voll dem katalytischen Material –
und nicht etwa dem Trägermaterial – zugeordnet werden.“ Daneben
konnten auch Edelmetallnanopartikel-Pilz-Hybride gebildet
werden, eine gesonderte Klasse, die während des Pilzwachstums
in kolloidaler Lösung entsteht. Bemerkenswert seien deren
ultraleichte und poröse makroskopische Strukturen.
Was hier noch theoretisch anmutet, könnte in Zukunft für die
Industrie höchst interessant werden, zumal es Dr. Bigall auch
gelungen ist, ein Verfahren zur Synthese von
Platinnanopartikeln mit sehr einheitlicher Form und Größe zu
entwickeln. Solche Dimensionen waren bisher nur schwer
erhältlich. Besonders vorteilhaft sei die Tatsache, dass die so
synthetisierten Größen bereits lokalisierte
Oberflächenresonanzen im ultravioletten sowie im sichtbaren
Lichtbereich haben.
Zusammen mit dem Leibniz-Institut für Polymerforschung ist nicht zuletzt eine Struktur entwickelt worden, die aus hochgeordneten Edelmetallnanopartikeln auf einem glatten Siliziumwafer besteht. Auch hier sieht Nadja Bigall ein breites Feld von Einsatzmöglichkeiten.
Die Ehrung mit dem Professor-Schwabe-Preis sowie das
publizistische Interesse der Fachwelt geben ihr Recht und
bestätigen ihre höchst präzise Beschäftigung mit den
Kleinstteilchen aus der Zwergenwelt der Elemente.
Weitere Informationen:
Prof. Alexander Eychmüller
Tel.: 0351 463-37597
ines.kube@chemie.tu-dresden.de