10.11.2022
DFG-Förderung für interdisziplinäres Projekt zur 3D-Genregulation und Stabilität bei der Entwicklung des Gehirns
In einem neuen Projekt bringt Dr. Anna Poetsch vom Biotechnologischen Zentrum (BIOTEC) der TU Dresden und dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) ihre Expertise auf dem Gebiet der Genregulation und Genstabilität mit dem Know-how der Gruppe von Dr. Tomohisa Toda vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) im Bereich der Neuroentwicklung zusammen. Gemeinsam wollen sie die zelluläre Vielfalt des Gehirns erforschen. Das Projekt wird im Rahmen des Schwerpunktprogramms "Räumliche Genomarchitektur in Entwicklung und Krankheit" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Das menschliche Gehirn enthält viele verschiedene Arten von Neuronen. Jeder Typ ist auf die Erfüllung seiner Funktion spezialisiert. Diese enorme zelluläre Vielfalt ermöglicht es dem menschlichen Gehirn, viele komplexe Funktionen auszuführen.
„In diesem Projekt wollen wir verstehen, wie sich das Gehirn zu einer Vielzahl unterschiedlicher Nervenzelltypen entwickelt", sagt Dr. Poetsch, Forschungsgruppenleiterin am Biotechnologischen Zentrum (BIOTEC) der TU Dresden und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) sowie Stipendiatin am Mildred-Scheel Nachwuchszentrum (MSNZ).
Interdisziplinärer Ansatz
Das neue Projekt vereint viele Forschungsbereiche: Molekularbiologie, Neurobiologie, Entwicklungsbiologie und Genomik. Die Poetsch-Gruppe fühlt sich an der Schnittstelle verschiedener Wissenschaftsbereiche sehr wohl. Sie verbindet ein tiefes Verständnis der Molekular- und Zellbiologie mit modernsten Computermethoden wie maschinellem Lernen. In den letzten Jahren hat die Gruppe neue Instrumente zur Erforschung der Genregulation und -stabilität entwickelt.
„Die Kombination von Molekularbiologie und funktioneller Genomik ist die Spezialität unserer Gruppe. Diese sehr interdisziplinären Projekte halten uns auf dem neuesten Stand der mechanistischen Fragen, die das Feld beschäftigen", erklärt Dr. Anna Poetsch. „Wir freuen uns, bei diesem Projekt mit der Gruppe von Dr. Tomohisa Toda zusammenzuarbeiten - Experten für Genregulation und Gehirnentwicklung."
Der Einfluss der Genomarchitektur
„Die Entschlüsselung des genetischen Codes war ein großer Schritt nach vorn. Jetzt wissen wir jedoch, dass es noch weitere Informationsschichten in der DNA gibt, die steuern, wie der genetische Code verwendet wird", erklärt Dr. Poetsch. Eine dieser Schichten ist die dreidimensionale (3D) Anordnung der DNA innerhalb der Zelle.
Die Anordnung des zwei Meter langen DNA-Strangs in einem kleinen Zellkern scheint nicht zufällig zu sein. „Heutzutage stehen uns Verfahren zur Verfügung, die es uns ermöglichen, eine Momentaufnahme der Genomanordnung in einer einzelnen Zelle zu machen. Es scheint, dass jeder Zelltyp seine eigene komplexe Art hat, die DNA anzuordnen. So können zum Beispiel alle möglichen Schleifen entstehen, die es potenziell weit voneinander entfernten Teilen des Genoms ermöglichen, miteinander zu interagieren", sagt die Wissenschaftlerin.
Mithilfe einer Reihe moderner molekularbiologischer und computergestützter Werkzeuge werden die beiden Gruppen die 3D-DNA-Organisation von Zellen aus dem sich entwickelnden Gehirn untersuchen. Die Teams wollen herausfinden, wie das Genom umgestaltet wird, wenn das Gehirn wächst und die Zellen sich in ihrer Funktion immer mehr spezialisieren. Sie konzentrieren sich auf den Kernporenkomplex, eine strukturelle Plattform für die 3D-DNA-Organisation.
„Wir sind auch an den Folgen einer Störung der korrekten Genomarchitektur interessiert. Wie stark wirkt sich das auf die Genregulation, dem Schaden am Genom und die Anzahl der Mutationen aus, die die Zelle anhäuft?", fügt Dr. Poetsch hinzu.
Die Teams hoffen, dass ein besseres Verständnis dafür, wie sich das Gehirn mit all seinen wichtigen Zelltypen entwickelt, der Wissenschaft helfen kann, die Folgen einer fehlerhaften Gehirnentwicklung wie pädiatrische Gehirntumore oder neurologische Entwicklungsstörungen zu begreifen.
Über SPP 2202 - 3D-Genomarchitektur in Entwicklung und Krankheit
Das SPP 2202 ist ein DFG-Schwerpunktprogramm, das Projekte fördert, die sich auf ganz verschiedene Aspekte der 3D-Genomarchitektur konzentrieren. Das Programm untersucht, wie zelluläre Individualität auf genomischer Ebene erreicht wird. Die Antworten könnten es ermöglichen, vorherzusagen, wie verschiedene Zellen auf Signalreize während der Entwicklung oder bei Krankheiten reagieren.
Mehr über die Projekte: https://spp2202.charite.de/