13.09.2024
Dresden unterstützt große Studie zur Reduktion der Sterblichkeit bei Sepsis mittels zellbasierter Therapien
Die Technische Universität Dresden (TU Dresden) und die Dresdner Hochschulmedizin unterstützen eine internationale klinische Phase-II-Studie in Kanada zur Untersuchung der Wirksamkeit mesenchymaler Stammzellen (MSC) bei der Reduktion der Sterblichkeit von Sepsispatienten. Fast 300 erwachsene Patienten mit septischem Schock nehmen an dieser Studie teil, bei der untersucht wird, ob MSC die Immunantwort modulieren und die Sterblichkeit bei dieser akut lebensbedrohlichen Erkrankung verringern.
Sepsis stellt eine häufige und extrem gefährliche Reaktion des Körpers auf eine Infektion dar, bei der das Immunsystem überreagiert und dabei eigenes Gewebe schädigt. Im Schnitt überlebt jeder dritte Patient diese Erkrankung nicht, weltweit sterben jedes Jahr ca. 10 Millionen Menschen an den Folgen einer Sepsis. Gelingt dank moderner Intensivtherapie ein Überleben, leiden viele Betroffene jedoch unter schweren, langfristigen gesundheitlichen Folgen. Bisher gibt es keine wirksamen Therapieoptionen für die Sepsis, was den dringenden Bedarf an neuen, innovativen Behandlungsansätzen unterstreicht. Die aktuelle Studie in Kanada untersucht daher, ob die intravenöse Anwendung von MSC die Sterblichkeit und die langfristigen gesundheitlichen Folgen bei Sepsispatienten reduziert.
Innovation aus Dresden: Patentiertes Verfahren zur Zellproduktion
Das in der Studie getestete MSC-Zelltherapeutikum Desacell stammt aus gespendeten Nabelschnüren gesunder Neugeborener, welche am UKD geboren wurden. Nach der Spende werden die Zellen nach einem an der TU Dresden entwickelten und patentierten Verfahren isoliert und in pharmazeutischen Reinsträumen für die klinische Anwendung als Studienmedikament aufbereitet. Dieses Verfahren, entwickelt unter der Leitung von Dr. Marius A. Möbius, ermöglicht es erstmalig, aus dem Nabelschnurgewebe besonders junge und qualitativ hochwertige MSC in für Erwachsene ausreichender Dosis zu produzieren.
Die enge wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen der TU Dresden, dem UKD und dem Ottawa Hospital Research Institute (OHRI) in Kanada spielt eine zentrale Rolle in diesem Prozess. Die Zellen werden nach umfangreichen Prüfungen in einem speziellen Verfahren eingefroren und nach Kanada transportiert, wo sie am Patientenbett aufgetaut und verabreicht werden. Die Sicherheit und Qualität der MSC wird durch die innovative Technologie und die strengen Produktionsstandards aus Dresden gewährleistet.
SaxoCell und die Zukunft der Zelltherapie
Das Projekt ist Teil des vom Bundeministerium für Bildung und Forschung geförderten „Cluster4Future“ SaxoCell. Dieses hat die Etablierung einer innovativen, Zelltherapie-Industrie in Sachsen zum Ziel und konnte kürzlich eine Millionenschwere Anschlussfinanzierung einwerben. SaxoCell unterstützt dabei die Weiterentwicklung der Zellproduktionstechnologien und stärkt die klinische Forschung. Das Team um Dr. Freund und Dr. Möbius arbeitet unter der Leitung von Prof. Mario Rüdiger weiterhin intensiv daran, die Verfahren zur MSC-Produktion zu optimieren und neue zellbasierte Wirkstoffplattformen zu entwickeln um die Verfügbarkeit und Anwendbarkeit dieser vielversprechenden Therapien weiter zu steigern.
Potenzial und Zukunftsperspektiven
Die Ergebnisse der Studie könnten den Weg für völlig neue, zellbasierte Therapieoptionen zur Behandlung der Sepsis ebnen und eine signifikante Reduktion der Sterblichkeitsrate sowie eine Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen weltweit bewirken. Darüber hinaus könnte diese Studie den Weg für die Nutzung des MSC-Zelltherapeutikums Desacell in weiteren medizinischen Indikationen bereiten, was das Potenzial dieses innovativen Therapieansatzes verdeutlicht.
Über die klinische Studie
Die Studie UC-CISS II wird von Prof. Lauralyn McIntrye am Ottawa Hospital Research Institute (OHRI) in Ontario, Kanada geleitet und untersucht fast 300 erwachsene Patienten mit Sepsis, die in 10 großen kanadischen Kliniken behandelt werden. Das in Dresden hergestellte MSC-Zelltherapeutikum Desacell wird ultratiefgekühlt und in Spezialbehältern nach Kanada versandt, wo es bis zum Einsatz gelagert und den Patienten dann direkt auf der Intensivstation verabreicht werden kann. Die Hoffnung ist, dass die Verwendung von Desacell die Immunantwort bei Sepsis modulieren und die Überlebenschancen der Patienten signifikant verbessern kann.
Prof. Mario Rüdiger, Direktor des Zentrums für feto/neonatale Gesundheit am UKD und der TU Dresden, fasst zusammen: „Unsere Forschungsarbeit zielt darauf ab, die Überlebenschancen und die Lebensqualität von Sepsispatienten zu verbessern. Diese Studie ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines neuen Therapieansatzes, der weltweit vielen Patienten helfen könnte.“
Tino Hammer, Geschäftsführer von MDTB Cells, ergänzt: „Die Studie zeigt, wie sächsische Universitäten und Unternehmen dank lokaler Vernetzung und weltweiter Kooperationen echte Perspektiven für kritisch kranke Patienten schaffen. Das hier eingesetzte Zelltherapeutikum ist ein Paradebeispiel der gelungenen Umsetzung einer Idee von der Grundlagenforschung über die Produktionsentwicklung bis in die tatsächliche klinische Anwendung.“ Das aus der TU Dresden ausgegründete Unternehmen unterstützt die Durchführung der Studie maßgeblich.
Kontakt:
Dr. med. Marius A. Möbius
Phone: +49 351 458 11898
www.ukdd.de/fetoneozentrum