04.09.2019
Ein geborener Techniker - Zum Gedenken an den 120. Geburtstag von Prof. Horst Liske
Der Nestor der Lebensmitteltechnologie an der TU Dresden, Prof. Horst Liske, würde am 30. Oktober 120 Jahre alt werden
Helke Geißler
Erinnert wird an den Nestor der Lebensmitteltechnik an der TH Dresden, Prof. Horst Liske, der am 30. Oktober 2019 120 Jahre würde. Er gründete 1956 das Institut für Lebensmitteltechnologie, welches nun über 60 Jahre besteht und erfolgreich Studenten für die Lebensmittelindustrie zum Ingenieur führt.
Horst Liske wurde am 30. Oktober 1899 als Sohn eines Apothekers in Weißensee bei Berlin geboren. Auf dem Technikum in Mittweida erwarb er nach vorangegangener Lehre als Maschinenschlosser seine Ingenieurqualifikation. Diese setzte Liske überaus erfolgreich über seine gesamte berufliche Laufbahn in der Industrie sowie später in Forschung und Lehre um. Das Zusammenwirken von Theorie und Praxis bildete von Anfang an sein Grundprinzip.
Schon in jungen Jahren wurde er als Ingenieur in der Sächsischen Cartonnagen Maschinenfabrik AG Dresden (SCAMAG) eingestellt. Bereits 1926 mit der Leitung des Betriebes beauftragt erhielt er ein Jahr später Handelsvollmacht und darauffolgend Prokura und wurde schließlich Betriebsdirektor. Nebenamtlich erteilte Liske an den Technischen Lehranstalten Dresden Fachunterricht im Spezialmaschinenbau. Später bis 1955 gab er nebenberuflich Vorlesungen an der Fachschule für Schwer-maschinenbau.
Im Jahre 1933 lernte er auf einer Tagung für Getriebetechnik an der TH Dresden Willibald Lichtenheldt kennen. Beide verband bald eine enge Zusammenarbeit, da sie erkannten, dass eine Mechanisierung und Automatisierung sowohl im Textil- als auch im Lebensmittel- und Verpackungsmaschinen-Bau nur über die Getriebetechnik möglich ist. Liske blieb in der Industrie und war nach dem 2. Weltkrieg als technischer Leiter in der NAGEMA (Nahrungs- und Genussmittel-Maschinenbau) tätig, während Lichtenheldt an die TH Dresden ging.
Als technischer Leiter gestaltete Liske entscheidend die technische Entwicklung der NAGEMA mit.
1956 erhielt er den Ruf an die TH Dresden, um die Ausbildung von Lebensmitteltechnologen aufzubauen. Dieser Aufgabe widmete sich Prof. Liske mit seiner reichen Industrieerfahrung und seiner ganzen Kraft, denn es gab noch nichts Vergleichbares, auf das hätte zurückgegriffen werden können. Mit Tatkraft und Energie baute Professor Liske unter schweren Anfangsbedingungen diese Ausbildungsrichtung auf. Sie erforderte nicht nur die Einrichtung des Instituts für Lebensmitteltechnologie, sondern auch als wichtigste Aufgabe die Ausarbeitung eines Fachstudienplanes. Auf Grundlage seiner 30-jährigen Industrieerfahrungen auf dem Gebiet des Verpackungs- und Lebensmitteltmaschinenbaus und unter Berücksichtigung der Hinweise von Prof. Täufel (Institut für Ernährung Rehbrücke) und Prof. Kuprianoff (TH Karlsruhe) erarbeitete Prof. Liske eine Reihe von Thesen, die zu Leitlinien der Profilierung der neuen Fachrichtung wurden. Durch seine reiche Praxis-erfahrung und langjährige Zusammenarbeit mit namhaften Wissenschaftlern wie Prof. Lichtenheldt (TH Dresden), Prof. Täufel, Prof. Kuprianoff und Prof. Heiß (TH München) konnte Prof. Liske die Grundlage für eine technische Ingenieurausbildung für die Lebensmittelindustrie schaffen.
Seine Weitsicht und Zielstrebigkeit sowie sein großes Fachwissen gestatteten ein erfolgreiches Wachstum der neuen Studienrichtung. Somit legte er den Grundstein für die verfahrenstechnisch orientierte Ausbildung von Lebensmittelingenieuren, die ohne Industriezweig-Spezialisierung auf die Belange der gesamten Lebensmittelindustrie ausgerichtet war.
1967 legte Prof. Liske die Leitung des Instituts in die Hände seiner Schüler und Nachfolger. Über seine Emeritierung hinaus wirkte er an der Weiterentwicklung des Instituts mit und verfolgte diese bis in sein hohes Alter in geistiger Frische und mit regem Interesse. Ehrenkolloquien zum 80. und 85. Geburtstag brachten die Wertschätzung der Alma Mater um einen verdienstvollen Wissenschaftler und profilierten Hochschullehrer auf dem Gebiet der Lebensmitteltechnik, dessen Ergebnisse national und international Anerkennung fanden, zum Ausdruck.
Alle Geschehnisse um die Entwicklung »seines Instituts« brachten ihm seine Nachfolger, vor allem ein kleiner beständiger Kreis, der sich einmal im Jahr am 30. Oktober in seinem Haus versammelte, bis zuletzt nahe.
Wenigen Menschen ist es vergönnt, ihr Lebenswerk über einen so langen Zeitraum und so intensiv verfolgen zu können wie Prof. Liske, der am 28. Juli 1995 im Alter von fast 96 Jahren starb.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 13/2019 vom 3. September 2019 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.