14.05.2019
Ein Stipendium, das Freiheit schafft
227 Studenten erhalten derzeit das Deutschlandstipendium, acht davon durch DRESDEN-concept
Beate Diederichs
Bereits seit 2011 vergibt die TU Dresden jährlich das Deutschlandstipendium. Im aktuellen Studienjahr unterstützt sie damit 227 Studenten. Acht davon fördert DRESDEN-concept, das dafür Mittel eingeworben hat. Unter den acht Studenten ist Cindy Tseng aus Taiwan. Sie ist von dem Modell begeistert: »Ich muss nicht neben dem Studium arbeiten wie einige Kommilitonen und profitiere von den Kontakten zu anderen DRESDEN-concept-Partnern, zum Beispiel bei meinem Praktikum«, berichtet die 24-Jährige.
Ein Bachelor in Technologischem Management und ein Masterstudiengang, der viel mit Physik zu tun hat. Klingt erst einmal nicht danach, dass man die beiden Studiengänge aufeinander aufbauen könnte. Doch bei Cindy Tseng funktionierte es: »Ich habe innerhalb des Bachelors in Technological Management, den ich in Taiwan absolviert habe, die Spezialisierung Materialwissenschaft gewählt, die gut zu meinem jetzigen englischsprachigen Masterstudiengang passt.« Cindy, die eigentlich Hsin heißt und ihren neuen Vornamen gewählt hat, weil Nichtasiaten ihn besser aussprechen können, studiert im vierten Semester Organic/Molecular Electronics an der TUD, einen Studiengang mit hohem Physikanteil, wie sie selbst sagt. Sie weiß bereits, dass sie ihre Masterarbeit in Kooperation mit dem IAPP (Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials) schreiben wird. Da die 24-jährige Taiwanerin eine der derzeit acht Deutschlandstipendiaten ist, die von DRESDEN-concept gefördert an der TUD studieren, profitiert sie nicht nur von den 300 Euro monatlich, die sie darüber erhält, sondern auch von den Kontakten innerhalb des Netzwerks. Diese Zusammenarbeit funktionierte auch, als Cindy einen Praktikumsplatz suchte: »Bei einem unserer Seminare lehrte unter anderem ein Professor vom Fraunhofer Institut für Keramische Technologien und Systeme (Fraunhofer IKTS).
Ich entschied mich dann zu versuchen, dort einen Praktikumsplatz zu finden. Das war eine gute Idee: Das Institut bietet exzellente Bedingungen für die Laborarbeit.« Cindy bekam den Praktikumsplatz und forschte für eine Woche zur Funktionsweise von Halbleitern.
Neben den Kontakten kommt Cindy der finanzielle Aspekt des Deutschlandstipendiums ebenso zugute wie den weiteren 226 Stipendiaten, die die TUD derzeit damit unterstützt. Der Betrag wird zunächst für zwei Semester gezahlt, was aber mehrfach verlängert werden kann. »Viele Stipendiaten erhalten die Unterstützung bis zum Ende ihres Studiums. Es hält ihnen den Rücken frei für mehr Zeit zum Lernen und für ehrenamtliche Aktivitäten neben dem Studium«, sagt Franziska Plathner vom Team Deutschlandstipendium beim Career Service der TU Dresden. Sie koordiniert mit zwei Mitarbeiterinnen die Vergabe der Stipendien.
Auch Cindy erhielt das Stipendium erstmalig zu Beginn ihres Studiums in Dresden, bewarb sich dann um eine Verlängerung und bekommt es daher immer noch. »Das hilft mir im Alltag enorm, gibt mir eine gewisse Art von Freiheit. Viele Kommilitonen arbeiten nebenher, ich muss das nicht und kann stattdessen in meiner Freizeit regelmäßig an den Exkursionen des Kulturbüros teilnehmen, die ich sehr interessant finde«, berichtet die Studentin. Sie zieht einen Flyer des Kulturbüros aus der Tasche: »Hier, das bin ich!« Gemeinsam mit einer Freundin lacht Cindy in die Kamera. Eine gute Werbung für die Exkursionen!
Werbung war es im Übrigen auch, die die Taiwanerin dazu brachte, sich für das Deutschlandstipendium zu bewerben: »Ich hatte mich schon für den Studiengang an der TUD entschieden und suchte daher auf der Internetseite der Universität nach Stipendienmöglichkeiten. Nachdem ich die Infos über das Deutschlandstipendium gelesen hatte, schickte ich im Juli 2017 meine Bewerbung hin. Dabei fügte ich einen Kurzbericht darüber an, wie ich mich neben dem Studium sozial engagierte.« Cindy hatte einerseits in einer Studentenvereinigung mitgearbeitet, die Kinder aus armen Familien beim Lernen unterstützt, andererseits mit anderen Studenten Videos gedreht und Workshops durchgeführt, mit denen sie verhindern wollte, dass der lokale Dialekt ihrer Heimatregion vergessen wird. Damit war sie erfolgreich.
»An der TU vergeben wir die Stipendien nach einem Mix aus guten Studienergebnissen und dem, was ich als Lebensleistungen bezeichnen würde«, kommentiert Franziska Plathner. Innerhalb des Bewerbungszeitfensters, das sich im Juli jedes Jahres öffnet und schließt, erhält die TUD pro Jahr rund 1000 bis 1300 Bewerbungen für das Deutschlandstipendium. Franziska Plathner und ihr Team prüfen sie formal und leiten sie an die entsprechenden Fakultäten weiter, die endgültig darüber entscheiden, ob ein Kandidat das Stipendium erhält. Etwa jede fünfte Bewerbung ist erfolgreich. Dabei hängt es von der Zahl der Förderer – derzeit 75 – ab, wie viele Stipendien die Uni gewähren kann: Bei dem 2011 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ins Leben gerufenen Programm finanzieren Bund und Förderer, also Unternehmen oder Privatpersonen, das Stipendium zu gleichen Teilen. »Viele Förderer stellen ihre Mittel fachgebunden zur Verfügung, also an die Bedingung geknüpft, Studierende aus einer bestimmten Studienrichtung zu fördern. Daher dominieren bei den fachgebundenen Stipendien die Ingenieurwissenschaften«, berichtet Franziska Plathner. Denn oft gehören die Förderer selbst zu dieser Fachrichtung oder empfinden sie als attraktives Forschungsfeld. Die TUD setzt sich jedoch dafür ein, dass auch in weniger wirtschaftlich begehrten Fachrichtungen wie den Geistes- und Sozialwissenschaften oder den Lehrämtern Stipendien ausgelobt werden, so zum Beispiel über die jährlich mehr als fünfzig fachungebundenen Stipendien, die die Gesellschaft von Freunden und Förderern der TU Dresden e. V. (GFF) unterstützt.
Für die Studenten, die DRESDEN-concept fördert, hat das Netzwerk aus der TUD, den großen deutschen Forschungsinstituten und den forschenden Museen Gelder von den Santander Universitäten eingeworben. Die Studentengruppe besteht aus acht jungen Männern und Frauen aus dem Ausland, unter anderem aus Syrien, dem Iran, Weißrussland, Indien oder eben Taiwan. Diese Studenten passen durch ihr Studium zu mindestens einem Forschungspartner der Allianz, sodass sie dort Abschlussarbeiten oder Praktika anfangen könnten. »Wir haben regelmäßigen Kontakt zu den Stipendiaten und fördern gezielt ihren Kontakt zu den Wissenschaftlern des Netzwerks«, sagt Sonja Piotrowski, verantwortlich für Öffentlichkeit und Marketing von DRESDEN-concept e.V. Cindy Tseng hofft, dass diese Verbindungen ihr auch nach Studienende nützen werden – entweder wenn sie einen weiteren Praktikumsplatz sucht oder bereits einen festen Job. »Ich möchte nämlich gerne in Deutschland bleiben und arbeiten, weil ich, was ich gelernt habe, hier am besten anwenden kann.«
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 09/2019 vom 14. Mai 2019 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.