04.09.2019
»Hitzeschutz ist schwieriger als Dürreschutz« - Im Botanischen Garten nachgefragt
Auch die Pflanzen im Botanischen Garten leiden unter extremem Sommerwetter
Beate Diederichs
Auch der Botanische Garten der TU Dresden zollt dem extremeren Sommerwetter der letzten Jahre Tribut: Mehrere Pflanzen haben Hitze und Dürre nicht überlebt oder sind dadurch gefährdet. »Dabei kann man dem Wassermangel gut durch Bewässern begegnen, was man natürlich beim Wasserverbrauch sieht. Die Pflanzen vor der Hitze zu schützen, ist schwieriger«, sagt Barbara Ditsch. Die promovierte Biologin ist Wissenschaftliche Leiterin des Botanischen Gartens.
Einige Bäume und Sträucher im Botanischen Garten stehen völlig blattlos da: Ein alter Roter Hartriegel im Quartier für heimische Waldpflanzen, eine Robinie aus den südlichen USA, die in früheren Jahren wunderschön rosa geblüht hat, und eine Felsenbirne zählen zu den Opfern der extremeren Wetterbedingungen der letzten Sommer. »Doch für sie alle gibt es noch Hoffnung,« berichtet Barbara Ditsch. »Ihre Wurzeln haben die Trockenheit überlebt und versuchen nun, neu auszutreiben. Wir unterstützen diesen Neutrieb so gut wir können, und hoffen, die Gehölze so erhalten zu können. Leider gelingt das nicht bei allen Arten.«
Einige Meter weiter zeigt Barbara Ditsch in die Kronen weiterer Bäume unweit des hinteren Gartenzauns. Ihre oberen Äste tragen Blätter, doch die unteren sind kahl. »Pflanzen geben das Wasser, das sie aus dem Boden aufgenommen haben, über die Blätter wieder an die Atmosphäre ab. Wenn es zu heiß und trocken wird, werfen deshalb viele Gehölze einen Teil ihres Laubs ab, um die Verdunstungsfläche zu reduzieren. Doch Blätter sind auch die ›Kraftwerke‹ der Pflanzen, mit denen sie Biomasse aufbauen. So schützt dieses Verhalten Bäume und Sträucher zwar kurzfristig vor dem Vertrocknen, schränkt jedoch gleichzeitig ihre Vitalität ein.«
Verluste auch bei alpinen Pflanzen
Ungewöhnliche Hitze und Trockenheit können auch kleineren Pflanzen schaden: »Eine Pflanzengruppe, die per se schlecht mit diesen Bedingungen umgehen kann, sind Gebirgspflanzen, wie wir sie hier auf unserem Alpinum haben«, sagt Barbara Ditsch und hebt ein Blatt eines Krauts an, das am Fuß eines felsigen Hügels, des Alpinums, wächst. »Sie sind von Natur aus an relativ niedrige Temperaturen angepasst, haben aber mit normalen Sommern kein Problem. Doch bei Temperaturen nahe 40 Grad plus Trockenheit können sie kollabieren.« Das ist im letzten Sommer bei einigen der Pflanzen des Alpinums passiert. Um die Verluste auszugleichen, bestellten Barbara Ditsch und ihre Mitarbeiter im letzten Winter über das Samentauschprogramm der Botanischen Gärten neues Saatgut der eingegangenen Arten. Daraus sind jetzt zarte Pflänzchen geworden, die mit der Junihitze 2019 sehr zu kämpfen hatten. »Den Jungpflanzen fehlen noch die langen Wurzeln, mit denen sie in tiefere Erdschichten vordringen, die nicht so schnell austrocknen wie die Erdoberfläche und woher sie Feuchtigkeit ziehen können«, kommentiert Biologin Ditsch. Auch in den drei Außenstellen des Botanischen Garten Dresdens mussten die Pflanzen mit Hitze und vor allem Trockenheit fertigwerden. »So war Anfang Juli zum Beispiel die Außenstelle auf dem Fichtelberg extrem trocken: Es hatte offenbar länger als drei Wochen nicht geregnet. Deshalb hatten einige der Gebirgspflanzen wie Arnika oder Scheinmohn die Samenproduktion komplett eingestellt«, erzählt Barbara Ditsch.
Am besten gleich frühmorgens gießen
Die wichtigste Maßnahme gegen Trockenheit und teils auch gegen Hitze liegt auf der Hand: Gießen, gießen, gießen! »Man wässert früh richtig durch. Einen Teil des Wassers nehmen die Pflanzen auf, ein Teil verdunstet und schafft dabei lokal ein kühleres Mikroklima. So kann man wertvolle empfindliche Arten bis zu einem gewissen Grad schützen«, so die Leiterin. Das viele Gießen bedeutet jedoch Mehrarbeit für die Gärtner. Und der Wasserverbrauch wächst. »Von August 2017 bis Juli 2018 betrug er rund 6000 Kubikmeter – ein Anstieg von über 2000 Kubikmetern gegenüber dem Vorjahreszeitraum«, sagt Uta Lembcke, Technische Leiterin des Botanischen Gartens. Der größte Teil dieser Wassermenge wird zum Gießen verwendet. Damit nicht noch mehr Wasser benötigt wird, setzen die Mitarbeiter Prioritäten: »Vorrang haben die Jungpflanzen und diejenigen Pflanzen, die unersetzbar oder schon sehr alt sind«, erläutert Barbara Ditsch. Hitzeschutz ist schwieriger – man kann ja die Pflanze nicht einfach ausgraben und in den Kühlschrank stellen oder den Garten großflächig abdecken. Hier konzentrieren sich die Mitarbeiter vor allem auf die Aussaaten und Jungpflanzen. »Diese sieben jungen Enzianpflanzen kann ich zum Beispiel gezielt verschatten und so den Hitzestress mindern«, sagt die Biologin und breitet eine Matte aus Gaze über das Beet.
Der Botanische Garten mit seinen rund 10 000 Pflanzenschätzen gewinnt schließlich den geänderten Wetterbedingungen auch Positives ab: Barbara Ditsch und ihre Kollegen haben mediterrane Arten wie Feigenbaum, Granatapfel oder Korkeiche versuchsweise im Freigelände ausgepflanzt. Dort entwickelten sich diese Gehölze in den letzten Jahren gut. Ein kalter Winter könnte ihnen nun natürlich gefährlich werden. Daher hat der Garten sicherheitshalber noch Reservepflanzen in Kübeln. Diese können ins Gewächshaus gebracht werden, falls es zu kalt wird.
Botanischer Garten der TU Dresden, Stübelallee 2, 01307 Dresden
https://tu-dresden.de/bg
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 13/2019 vom 3. September 2019 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.