17.04.2020
Internationaler Denkmaltag: Die Geschichte des Zeuner-Baus an der TUD
Einst eines der ersten Gebäude auf dem heutigen Hauptcampus, das erste Gebäude, das nach einem Hochschullehrer benannt wurde und heute Sitz der Fakultät Maschinenwesen: Anlässlich des Internationalen Denkmaltags am 18. April 2020 blicken wir zurück auf die Geschichte und Architektur des Zeuner-Baus an der TU Dresden.
1904 wurde das Gebäude in der George-Bähr-Straße 3 fertig gestellt. Es diente als Sitz der Mechanischen Abteilung der TH Dresden. Zunächst hieß es Kollegienhaus, wurde 1928 aber anlässlich des Doppeljubiläums von Hochschulgründung und 100. Geburtstag des ehemaligen Direktors Gustav Anton Zeuner (1828 – 1907) nach ihm benannt. Damit ist der Zeuner-Bau das erste nach einem Hochschullehrer benannte Gebäude an der TH Dresden und damit Beginn der Tradition, Gebäude an der TU Dresden nach herausragenden Hochschullehrern zu benennen.
Der Zeuner-Bau ist Teil des ersten Bauabschnitts auf dem heutigen Haupt-Campus der TU Dresden. Die alte Hochschule am Bismarckplatz (heute Friedrich-List-Platz) bot für die schnell wachsende Hochschule schon lange nicht mehr ausreichend Platz. Ein unbebautes, zwölf Hektar großes Gelände am Stadtrand von Dresden, von George-Bähr-Straße, Berg-, Mommsen- und Helmholtzstraße begrenzt, diente als Ausweg. Die Stadt Dresden hatte das Areal erworben und der TH Dresden kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Die Neubauten für die Mechanische Abteilung der TH Dresden entwarf der Architekt Karl Weißbach (1841–1905). Weißbach vertrat seit 1875 Gebäudelehre und Entwerfen als Architekturprofessor am Polytechnikum bzw. der TH Dresden. Als Architekt hatte er in Dresden mit zahlreichen Villen und Wohnhäusern sowie der russisch-orthodoxen Kirche (Fritz-Löffler-Straße) bereits Spuren hinterlassen. Weißbach plante die Gebäude der Mechanischen Abteilung in der nordwestlichen Grundstücksecke und ließ somit den repräsentativen Baugrund am heutigen Fritz-Förster-Platz für ein später zu errichtendes Hauptgebäude der TH Dresden frei.
Zunächst wurde 1900 ein zentrales Heizkraftwerk errichtet, das den neuen Campus mit Wärme und Strom versorgen sollte. Im gleichen Jahr erhielt die TH Dresden das Promotionsrecht, womit die Gleichstellung zur Landesuniversität in Leipzig endgültig abgeschlossen war. Bereits im Sommer 1901 konnte der erste und im kommenden Sommer der zweite Teil des Maschinenbaulaboratoriums (Mollier-Bau) bezogen werden. 1903 folgte die Fertigstellung der Mechanisch-Technischen Versuchsanstalt (heute Berndt-Bau) mit dem zugehörigen Maschinensaal (Sachsenberg-Bau), 1904 das Hauptgebäude der Mechanischen Abteilung (Zeuner-Bau) und schließlich konnte zu Ostern 1905, in Anwesenheit des sächsischen Königs, das Elektrotechnische Institut (Görges-Bau) seiner Bestimmung übergeben werden. Insgesamt war eine Bausumme von 5,5 Mio. Mark investiert worden. Die von Weißbach entworfene, am norddeutschen Backsteinbau orientierte, Architektur aus Ziegelbauten mit hellem Sandsteinsockel erregten Missfallen im eher konservativen Dresden, prägten aber die weitere architektonische Entwicklung des Campus entscheidend.
Der Zeuner-Bau ist als Vierflügelanlage mit hervorspringenden Eckrisaliten angelegt. Auf einem Sockelgeschoß aus Cottaer Sandstein waren der Südflügel und die anschließenden Eckrisalite als dreistöckige, alle anderen Baukörper nur als zweistöckige Klinkerbauten mit sandsteinernen Gewänden ausgeführt. Das Gebäude erschloss sich über ein Portal im Mittelrisalit der zum Campus hin gelegenen Südseite und nicht auf einer der beiden Straßenseiten. Auf der Nordseite waren in den beiden Etagen sowie im eisernen Dachstuhl fünf gut beleuchtete Zeichensäle untergebracht, ein sechster im Ostflügel.
Vier Hörsäle hatte Karl Weißbach in den Eckrisaliten platziert. Den meisten Raum nahmen jedoch die Mechanisch-Technologische Sammlung, die Kinematische Sammlung, die Sammlung für Maschinenelemente und Hebezeuge sowie die Sammlung für Dampfmaschinenbau ein.
Von 1928 bis 1930 wurde vom Architekt Walther Heise ein Erweiterungsbau zwischen Zeuner-Bau und Maschinenbaulaboratorium (Mollier-Bau) errichtet, in dem ein großer Hörsaal untergebracht wurde, der, offiziell nach dem Maschinenbauprofessor Willibald Lichtenheld (1901–1980) benannt, von den Studierenden als Bombentrichter bezeichnet wird. Heise griff für die Fassadengestaltung zwar den Klinker auf, verzichtete aber auf den Sandstein und gliederte die Fassade wesentlich moderner. Auf der Südseite des Zeuner-Baus ergänzte Heise eine große Halle für die Textiltechnik (Frenzel-Bau).
Im Februar 1945 wurde der Zeuner-Bau durch Bombentreffer schwer beschädigt. Beim Wiederaufbau ab 1946 wurden die beiden nördlichen Eckrisalite sowie Ost-, Nord und Westflügel um eine Etage aufgestockt, um die große Raumnot der Hochschule zu lindern. Die Grenze zwischen alter Bausubstanz und Nachkriegsergänzung ist an der Farbschattierung des Mauerwerks deutlich ablesbar.
Noch heute hat die Fakultät Maschinenwesen der TU Dresden im Zeuner-Bau ihren Sitz. Der gesamte Gebäudekomplex aus Zeuner-Bau, Mollier-Bau mit seinem Schornstein und Frenzel-Bau steht heute unter Denkmalschutz, mitsamt zwei historischen Getriebemodellschränken mit je 32 Getriebemodellen aus der Zeit von Lichtenheld, die als Ausstattungselemente des Zeuner-Baus von herausragendem universitäts-, wissenschafts- und technikgeschichtlichem Wert sind.
Die bemerkenswerte Altbausubstanz sowie die historischen und biografischen Bezüge über die Namenspatrone sorgt bis heute für eine hohe Identifikation der Hochschulangehörigen mit dem Campus.
Publikation „Gebäude und Namen“ – 5. Neuauflage im Herbst 2020
Zur Baugeschichte und dem jeweils aktuellen Stand der Gebäudebenennung gibt die Kustodie der TU Dresden seit 1978 eine Publikation mit dem Titel "Gebäude und Namen" heraus. Für den Herbst 2020 ist die Veröffentlichung der fünften Auflage dieser Publikation geplant. Für die Neuauflage wurde das Konzept des Bandes grundlegend verändert: Er gliedert sich nun in fünf chronologische Kapitel, die die Entwicklung des Campus der TU Dresden nachzeichnen sowie ein Kapitel zum Standort Tharandt. In den Vordergrund rücken die Gebäude, ihre Konzeption und Errichtung, ihre Ausstattung für Forschung und Lehre ebenso wie Umbauten und Umnutzungen. Dadurch ergibt sich eine kleine Geschichte der Campusentwicklung im Kontext wechselvoller interner und externer historische Einflüsse.
Gustav Anton Zeuner (30. November 1828 – 18. Oktober 1907)
Nach einer Tischlerlehre und dem Besuch der Gewerbeschule in Chemnitz studierte Gustav Zeuner an der Bergakademie Freiberg. Nach der Promotion in Leipzig 1853 versagten ihm die sächsischen Behörden, wegen seiner Beteiligung am Dresdner Maiaufstand 1848, die Einstellung als Lehrer. Zeuner wurde 1855 als Professor für Mechanik und Maschinenlehre an die ETH Zürich berufen und wirkte dort ab 1865 zusätzlich als Direktor. In seine Züricher Zeit entstanden die bahnbrechenden Arbeiten zur technischen Thermodynamik.
1871 übernahm Zeuner den Lehrstuhl für Maschinenbau an der Bergakademie und zeitgleich das Amt des Rektors. Nach nur zwei Jahren wurde ihm 1873 das Amt des Rektors am Dresdener Polytechnikum und die Professur für Mechanik und theoretische Maschinenkunde übertragen. Zeuners grundlegende Reform des Polytechnikums wurden 1890 mit der Verleihung des Status der Technische Hochschule abgeschlossen. Zeuner zog sich aus der administrativen Tätigkeit zurück und widmete sich bis zur Emeritierung 1897 ausschließlich der Lehre und Forschung.
Informationen für Journalisten:
Dr. Jörg Zaun
Kustodie der TU Dresden
kustodie@ tu-dresden.de