15.03.2013
Dresdner Forscher sagen neue supraleitende Form von Germanium voraus
Die Supraleitung ist ein Phänomen, das nicht nur die Physik bereits seit fast 100 Jahren fasziniert. Dabei wird der elektrische Widerstand bei tiefen Temperaturen unmessbar klein. Solche supraleitenden Materialien, die keinen elektrischen Widerstand haben, können Strom verlustfrei transportieren. Man könnte enorme Energiemengen sparen, wenn Supraleitung bei Raumtemperatur möglich wäre. Die Vorhersage supraleitender Materialien steht jedoch wissenschaftlich erst am Anfang. Forscher um Dr. Stefano Leoni der TU Dresden haben eine neue bemerkenswerte supraleitende Form des chemischen Elements Germanium mit Hilfe einer Computersimulation entdeckt, die bei Raumtemperatur stabil und metallisch ist, wie sie in der aktuellen Online-Ausgabe der Zeitschrift „Scientific Reports“ vom 15. März 2013 berichten.
Die Suche nach Materialien mit bestimmten Eigenschaften ist eine Herausforderung der modernen Wissenschaft, die mit Hilfe von Computersimulationen entscheidend beschleunigt werden kann. Dr. Stefano Leoni, Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Theoretische Chemie an der TU Dresden, und seine Kollegen nutzten eine neue leistungsstarke Computersimulationsmethode, um verschiedene Kristall- und Materialformen vorherzusagen. Mit besonderen Algorithmen kann berechnet werden, welche Kristallstruktur unter bestimmten Temperatur- und Druckbedingungen entstehen und existieren kann.
Geht es um eine rein strukturelle Vielfalt, eignet sich kein Element besser als Kohlenstoff – die Basis unseres organischen Lebens. Werden jedoch zusätzliche elektronische Eigenschaften verlangt, sind Silizium und Germanium die bessere Wahl. Beide Stoffe sind mit Kohlenstoff „verwandt“ – sie kommen aus derselben chemischen Familie wie Kohlenstoff – und ohne Silizium und Germanium gäbe es keine Halbleitertechnologie.
Die Dresdner Chemiker erkannten bei ihren Computersimulationen, dass der neue Germanium-Supraleiter dann entsteht, wenn man herkömmliches Germanium komprimiert. Bisher war bereits bekannt, dass Silizium und Germanium unter Druck zu metallischen Supraleitern werden. Das Besondere an der neuen Germaniumform ist, dass sie sogar bei Umgebungsdruck metallisch bleibt. Die Supraleitung tritt bei extrem tiefen Temperaturen bei neun Grad Celsius oberhalb des absoluten Nullpunktes, also bei minus 264 Grad ein.
„Chemische Elemente sind eine ständige Quelle von Überraschungen. Was die neue Germaniumform so besonders macht, ist die Möglichkeit, bei Zimmertemperatur und ohne Druckeinwirkung als Metall zu existieren. In Kombination mit der bekannten halbleitenden Form des Germaniums sollten sich neuartige elektronische Bausteine realisieren lassen“, kommentiert Dr. Stefano Leoni seine neuen Forschungsergebnisse.
Originalpublikation:
Novel metastable metallic and semiconducting germaniums
Daniele Selli, Igor A. Baburin, Roman Martonak & Stefano Leoni,
SCIENTIFIC REPORTS 3, 1466, DOI: 10.1038/srep01466
Informationen für Journalisten:
PD Dr. Stefano Leoni
TU Dresden, Fachrichtung Chemie und Lebensmittelchemie
Professur für Physikalische Chemie I
Tel.: 0351 463-39449
TU Dresden, Pressestelle
Kim-Astrid Magister
Tel.: 0351 463-32398