23.01.2020
Mehr Entscheidungsfreiheit am Arbeitsplatz verringert das Risiko für Rückenschmerzen
Ein Team von Psychologen der TU Dresden hat in Zusammenarbeit mit Experten aus den Gesundheitswissenschaften und der Arbeitsmedizin sowie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in einer Meta-Analyse psychosoziale Arbeitsmerkmale identifiziert, die im Zusammenhang mit dem Auftreten von chronischen unteren Rückenschmerzen stehen. So konnte gezeigt werden, dass nicht nur körperliche, sondern auch psychische und soziale Faktoren am Arbeitsplatz zu chronischen Rückenleiden beitragen können.
Weltweit leiden über 23 Prozent der Bevölkerung an chronischen Schmerzen im unteren Rücken (engl. chronic low back pain, CLBP). Damit ist CLBP die am weitesten verbreitete chronische Schmerzerkrankung, die jährlich immense Kosten für das Gesundheitssystem verursacht. Häufig werden die Probleme mit dem Arbeitsplatz in Verbindung gebracht, meist aber auf körperliche Ursachen wie eine falsche Haltung oder zu langes Sitzen zurückgeführt. In einer Meta-Analyse konnte nun ein Team von Wissenschaftlerinnen der TU Dresden zeigen, dass psychosoziale Arbeitsmerkmale wie Arbeitsintensität, Spielräume und Entscheidungsmöglichkeiten sowie soziale Unterstützung bei der Arbeit einen entscheidenden Einfluss auf das Erkrankungsrisiko haben.
Für die Analyse wertete das Forscherteam über 19.000 Datensätze aus 18 Studien aus, die sich mit psychosozialen Arbeitsmerkmalen in Zusammenhang mit CLBP beschäftigen. Die Ergebnisse der umfangreichen Untersuchung waren eindeutig: „Menschen mit hoher Arbeitsbelastung litten häufiger an chronischem Rückschmerz. Arbeitnehmer mit größeren Handlungs- und Entscheidungsspielräumen auf Arbeit waren weniger betroffen. Es konnte auch gezeigt werden, dass Rückenschmerzen weniger auftraten, wenn betroffene Menschen am Arbeitsplatz soziale Unterstützung von ihren Vorgesetzten und Kollegen erfuhren“, erläutert Sozialpsychologin Dr. Anne Tomaschek.
„Diese Daten liefern eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von Präventionsprogrammen“, fährt Dr. Denise Dörfel, Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie, fort. „Angesichts der steigenden Belastung und der damit verbundenen hohen Kosten von CLBP für den Einzelnen, für die Arbeitgeber und für die Gesellschaft ergeben sich aus dieser Meta-Analyse wichtige Erkenntnisse für die öffentliche Gesundheit und das Personalmanagement. Ein Umdenken bei den Arbeitsbedingungen könnte schmerzbedingte Krankheitsausfälle vermindern. Flexible Pausen, mehr Spielräume beim Einteilen der Arbeit, das alles reduziert die Arbeitsbelastung,“ erklärt die Psychologin. „Ebenso helfen soziale Unterstützung durch Kollegen sowie mehr Rückmeldung und Anerkennung durch die Vorgesetzten.“
Originalveröffentlichung:
Buruck, G., Tomaschek, A., Wendsche, J., Ochsmann, E. und Dörfel, D. (2019). Psychosocial areas of worklife and chronic low back pain: a systematic review and meta-analysis. BMC Musculoskelet Disord 20, 480 https://doi.org/10.1186/s12891-019-2826-3
Informationen für Journalisten:
Dr. Denise Dörfel
TU Dresden
Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie
Tel.: 0351 463-36688
Dr. Anne Tomaschek
TU Dresden
Professur für Sozialpsychologie
Tel.: 0351 463-32091
Prof. Dr. Gabriele Buruck
Westsächsische Hochschule Zwickau
Professur für Gesundheitsförderung und Prävention
Tel.: 0375 536-3206