14.04.2025
Meilenstein für energieeffiziente KI-Systeme: TUD nimmt Supercomputer "SpiNNcloud" in Betrieb
Die Technische Universität Dresden (TUD) erreicht einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung neuromorpher Computersysteme: Der von Prof. Christian Mayr, Professur für Hochparallele VLSI-Systeme und Neuromikroelektronik der TUD, entwickelte Supercomputer „SpiNNcloud“ geht in Betrieb. Das System basiert auf dem innovativen SpiNNaker2-Chip und umfasst in der aktuellen Ausbaustufe 35.000 Chips und über fünf Millionen Prozessorkerne – ein wichtiger Schritt für die Entwicklung energieeffizienter KI-Systeme.
Sogenannte „Neuromorphe Computersysteme“ orientieren sich am leistungsfähigsten Computer der Natur – dem menschlichen Gehirn. Damit eröffnen sie völlig neue Perspektiven für die Rechenzentrumsarchitektur: Anstatt ausschließlich auf Verbesserungen bestehender Technologien zu setzen, erweitert dieser Ansatz das Design von Computerarchitekturen um gehirnähnliche Prinzipien wie verteilten Speicher und ereignisgesteuerte Verarbeitung. Das Ergebnis: deutlich reduzierter Energieverbrauch bei gleichzeitig hoher Leistungsfähigkeit und Flexibilität.
Unter der Leitung von TUD-Prof. Mayr wurde SpiNNaker2 im Rahmen des EU Flagship-Projekts „Human Brain Project“ entwickelt. „SpiNNaker2 vereint eine hohe Effizienz mit Echtzeitverarbeitung bei Latenzen unter einer Millisekunde“, erklärt Mayr. „Inspiriert von biologischen Prinzipien wie Plastizität und dynamischer Rekonfigurierbarkeit, passt sich das System automatisch an komplexe, sich verändernde Umgebungen an. Diese Kombination aus biologisch inspirierter Architektur und technologischer Innovation eröffnet neue Möglichkeiten für KI-Anwendungen in Smart Cities, beim Autonomen Fahren und dem taktilen Internet.“
Dieser Supercomputer ist Teil des KI-Kompetenzzentrums ScaDS.AI Dresden/Leipzig, das durch den Ausbau und die Bündelung regionaler Big-Data-Kompetenzen die Lücke zwischen der effizienten Nutzung von Massendaten, Wissensmanagement und sehr fortgeschrittener KI schließt. Als eines von neun Zentren des Nationalen Hochleistungsrechnens (NHR) bietet das Zentrum für Informationsdienste und Hochleistungsrechen (ZIH) an der TUD darüber hinaus spezielle HPC-Ressourcen sowie eine gezielte Unterstützung und Beratung an. Die Systeme stehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus ganz Deutschland zur Verfügung.
„Die TU Dresden setzt mit ihrer Recheninfrastruktur Maßstäbe – von leistungsstarken HPC-Systemen bis hin zu neuartigen Architekturen wie SpiNNaker2, die sich optimal ergänzen: Neben klassischen HPC-Ressourcen für Hochleistungssimulationen und datengetriebene Analysen bietet SpiNNaker2 eine einzigartige Plattform für energieeffiziente, echtzeitfähige KI-Modelle. Diese Kombination schafft eine außergewöhnliche technologische Basis, um die Grenzen der Wissenschaft weiter zu verschieben“, führt ZIH- und ScaDS.AI-Direktor Prof. Wolfgang E. Nagel aus.
Prof. Steve Furber, Pionier der ursprünglichen SpiNNaker-Architektur an der Universität Manchester, unterstreicht die Bedeutung der Weiterentwicklung: „Mit mehr als der fünffachen Anzahl von Neuronen im Vergleich zur ersten SpiNNaker-Generation in Manchester markiert die SpiNNcloud an der TU Dresden einen echten Durchbruch im neuromorphen Computing. Zum ersten Mal können wir diese energieeffiziente, vom Gehirn inspirierte Architektur in einem wirklich großen Maßstab nutzen.“
Hector Gonzalez, Mitbegründer und CEO der TUD-Ausgründung SpiNNcloud, erklärt: „Unsere Vision ist es, die Zukunft der künstlichen Intelligenz durch vom Gehirn inspirierte Systeme neu zu definieren. Großflächige Implementierungen wie diese stellen einen wichtigen Meilenstein für die KI dar und ermöglichen neue Wege für den Einsatz extrem effizienter State-of-the-Art-Modelle, insbesondere in der heutigen Zeit, in der Mainstream-KI zunehmend auf dynamische, spärliche Algorithmen setzt, um globale Energieengpässe zu bewältigen.“ Hierbei profitiert das Projekt von der Expertise mehrerer Industriepartner: Die RAFI Group verantwortet die Produktion der hochkomplexen Leiterplatten, während Cloud & Heat die fortschrittliche Wasserkühlung für die Infrastruktur bereitstellt. Die adaptive Body-Bias-IP-Plattform wird von Technologiepartner Racyics beigesteuert.
Über ScaDS.AI:
Als eines der fünf KI-Zentren in Deutschland wird ScaDS.AI im Rahmen der KI-Strategie der Bundesregierung sowie vom Freistaat Sachsen gefördert. ScaDS.AI bündelt die Expertise von TU Dresden, Universität Leipzig sowie zwölf Partnerinstitutionen in einem internationalen Team mit mehr als 60 leitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und über 200 Mitarbeitenden. Mit seiner Forschung schließt es die Lücke zwischen effizienter Nutzung großer Datenmengen, Wissensmanagement und KI und treibt Innovationen voran. Weitere Informationen: https/scads.ai
Über SpiNNcloud:
SpiNNcloud ist ein Deep-Tech-Spin-off der TUD. Das Unternehmen bietet die weltweit erste kommerzielle, gehirn-inspirierte HPC-Plattform an, die durch energieeffiziente Parallelverarbeitung und Echtzeitfähigkeiten traditionelle Rechnerarchitekturen neu definiert. Die innovative Technologie ermöglicht Kunden die Entwicklung energie-effizienter und robuster KI-Modelle sowie die Verarbeitung generischer Compute-Workloads.
Die Realisierung des Projekts wurde durch die finanzielle Unterstützung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Freistaats Sachsen im Projekt „SpiNNcloud“ ermöglicht. Der Software-Stack, der in einem solchen Großsystem zum Einsatz kommt, wurde aus dem EIC-Transition-Projekt „SpiNNode“ finanziert und von SpiNNcloud entwickelt.
Kontakt:
Prof. Christian Mayr
Technische Universität Dresden
Professur für Hochparallele VLSI-Systeme und Neuromikroelektronik
E-Mail:
Prof. Wolfgang E. Nagel
Center for Scalable Data Analytics and Artificial Intelligence (ScaDS.AI)
Chair of Computer Architecture
E-Mail:
Dr. Hector A. Gonzalez
SpiNNcloud Systems GmbH
Co-Founder und CEO
E-Mail: