26.04.2009
"Die Obertöne, bitte ..." - Musikinstrumente in der Kontrolle
Bevor ein Fagott die Musikinstrumentenwerkstatt der Wilhelm Heckel GmbH in Wiesbaden verlässt, spielt ein professioneller Musiker das Instrument probeweise an. Er prüft die Schärfe des Klangs, untersucht, ob die einzelnen Tonhöhen sauber anspielbar sind, und macht sich ein Bild vom Obertonspektrum des Instruments. Seit einigen Wochen unterstützt ihn dabei ein Computerprogramm, entwickelt am Institut für Luft- und Raumfahrttechnik der Technischen Universität Dresden. Der Diplomingenieur Timo Grothe hat es entworfen, und stärkt damit die seit einigen Jahren existierende Zusammenarbeit des Instituts mit Instrumentenbaufirmen.
Timo Grothe gehört einer kleinen Forschergruppe um den Strömungsmechaniker Prof. Roger Grundmann an, die zur Strömungsakustik von Blasinstrumenten forscht. Im Rahmen seiner Doktorarbeit untersucht Grothe den Einfluss der Instrumentengeometrie auf die Klangfarbe des Fagotts. Dabei wird ein "künstlicher Bläser" eingesetzt, der die Instrumente unter wiederholbaren Bedingungen anblasen kann. Der Klang wird aufgenommen, und mit Hilfe statistischer Methoden ist es dann möglich, die charakteristischen Unterschiede von messungsbedingten Schwankungen zu unterscheiden.
"Natürlich lassen sich ein feines Gehör und langjährige Erfahrung nicht durch ein Computerprogramm ersetzen", sagt Timo Grothe. "Aber dieses Analysewerkzeug bietet den Instrumentenbauern beim Traditionshersteller Heckel eine willkommene Unterstützung, da die aufgenommenen Messwerte einen späteren, objektiven Vergleich verschiedener Instrumente ermöglichen, wenn der subjektive Höreindruck schon verblasst ist."
Der Forschergruppe von Prof. Grundmann aus dem Fachgebiet der Thermofluiddynamik war es bereits vor einiger Zeit gelungen, mit Hilfe eines eigens entwickelten Simulationsverfahrens die Strömung in einem Fagott während des Spielens zu berechnen und zu visualisieren. Die Möglichkeit, Prototypen am Rechner zu simulieren, führte zur Entwicklung eines S-Bogens mit verringertem Blaswiderstand. Dieser im Jahre 2005 patentierte S-Bogen wird seither von einer Holzblasinstrumentenfirma gebaut und weltweit verkauft; Musiker der Sächsischen Staatskapelle Dresden oder des MDR-Sinfonieorchesters nutzen den neuen S-Bogen bereits.
Am Institut für Luft- und Raumfahrttechnik der TU Dresden sind indessen weitere Projekte der angewandten Forschung zum Blasinstrumentenbau geplant. Ziel ist es dabei, das komplexe Verhalten der Schallquelle genauer zu verstehen und den Instrumentenbauern Planungshilfen zu geben, wie der Korpus des Instruments aufgebaut sein müsste, um den Klang tragfähiger zu machen. Auch dabei wird ein enger Austausch zwischen Forschern, Kunsthandwerken und Musikern gepflegt.
Fotodownload (3,3 MB), Foto: Fa. Wilhelm Heckel GmbH
Informationen für Journalisten:
Timo Grothe
Tel.: 0351 463-38096