18.06.2020
Polarisierung „bewegt“ die Kulturinstitutionen in Dresden
Ergebnisse des Projekts „Kunst und Kultur in der polarisierten Stadt“
Polarisierung „bewegt“ die Kulturinstitutionen in Dresden. Das ist ein Ergebnis des Projekts „Kunst und Kultur in der polarisierten Stadt“ (KupoS). Die Leiterin des Forschungsprojekts, Prof. Heike Greschke, erklärt: "Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass neue und breitere Netzwerke entstanden sind. Diese sind anders aufgestellt als bei früheren Veranstaltungsreihen, die unter dem Dach des Forums 13. Februar oder im Rahmen der Interkulturellen Tage organisiert wurden. Die neuen Netzwerke arbeiten kontinuierlicher und agieren gemeinsam, um sich so gemeinsam mit vielen anderen Akteuren als starke Allianz öffentlichkeitswirksam zu positionieren." Die Studie zeigt aber auch, dass vor dem Hintergrund einer zunehmend polarisierenden Debattenlandschaft Kunst und Kultur zwar zur Vermittlung beitragen wollen, „ihre Vermittlungsversuche jedoch leicht in den Sog der Polarisierung geraten und so ungewollt dazu beitragen, dass sich die streitenden Positionen aneinander in ihrer Gegensätzlichkeit schärfen. Statt also miteinander wird gegeneinander gesprochen und die Kontrahenten auf der Bühne sichern sich dabei wechselseitig öffentliche Aufmerksamkeit", erläutert Prof. Heike Greschke weiter.
Die verschiedenen Ansichten, Denkweisen und Meinungen künstlerisch auszubuchstabieren, zu Ende zu denken, auf ihre Widersprüche und die konkreten Lebensmöglichkeiten hin zu befragen, könnte eine alternative Aufgabe von Kunst und Kultur in der Polarisierung sein. Dies sollte gerade nicht aus einer vermittelnden Position heraus geschehen. Mit künstlerischen Mitteln können die verschiedenen Positionen ausgeleuchtet, in ihrer Widersprüchlichkeit und Vielstimmigkeit, aber auch die Gemeinsamkeiten zwischen den unvereinbar erscheinenden Polen auf die Bühne gebracht und zur öffentlichen Diskussion gestellt werden.
Das Projekt „Kunst und Kultur in der polarisierten Stadt“ (KupoS) wurde zwischen Juni 2018 und Mai 2019 am Zentrum für Integrationsstudien der TU Dresden durchgeführt. KupoS nahm die in den letzten Jahren offenbar werdenden gesamtgesellschaftlichen Polarisierungstendenzen zum Anlass, um die Rolle von Kunst und Kultur im gesellschaftlichen Verständigungsprozess zu untersuchen.
Die Stadt Dresden diente dabei als "Polarisierungslabor" und bildete das Zentrum der Analyse. In Dresden lassen sich medial verstärkte Prozesse des Übergangs von erlebter individueller Benachteiligung hin zu kollektivem öffentlichen Protest in verdichteter Form sehr gut beobachten. In einem methodenpluralen Forschungsdesign wurden erstens mögliche Veränderungen in den Kooperationsstrukturen und der Themensetzung in Kunst- und Kultureinrichtungen anhand ausgewählter Ereignisse und Veranstaltungsreihen in der Zeit von 2014 bis 2017 untersucht. So entwickelten z.B. der Bilderstreit um die Repräsentation von DDR-Kunst in den Dresdner Kunstsammlungen, oder der Literaturstreit, ausgelöst von der Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen, eine besondere Polarisierungsdynamik in der Stadt.
Zweitens wurde am Beispiel der Ausstellung „Rassismus. Die Erfindung von Menschenrassen“ im Deutschem Hygienemuseum Dresden (DHMD) der institutionelle Umgang mit konfliktträchtigen Themen untersucht.
Der Abschlussbericht des Projekts ist nun in der Reihe „Theoretische Beiträge des Zentrums für Integrationsstudien“ (Band 2) im Online- und Open-Access-Format erschienen. Abzurufen ist die Publikation unter https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-707892
Zentrum für Integrationsstudien an der TU Dresden: https://tu-dresden.de/zfi
Information für Journalisten:
Prof. Heike Greschke
Tel.: 0351 463-37370