27.10.2020
TUD Rektorin für Mut und Offenheit im Miteinander
Eine gesprächsorientierte und weltoffene Universität - für diesen Grundsatz stand die TU Dresden am Sonntag ein. Die Auftaktkundgebung "gemeinsam.aktiv.bunt" am Fritz-Foerster-Platz, die der StuRa und der Tolerave e.V. organisiert haben, musste entfallen und ebenso fiel der angeschlossene gemeinsame Gang in die Innenstadt der Pandemie zum Opfer. Nichtsdestoweniger setzte Rektorin Professor Ursula M. Staudinger ein Zeichen für friedliches Zusammenleben, Toleranz und das miteinander Reden: Bei der Veranstaltung "Wir.Schaffen.Das" auf dem Dresdner Neumarkt, zu dem zivilgesellschaftliche Initiativen und der Oberbürgermeister der Stadt Dresden einluden, betonte sie in ihrer Rede die demokratische Botschaft dieses Bündnisses:
"Ich bin neu hier. Seit diesem Sommer leben mein Mann und ich in Dresden und haben hier eine Heimat gefunden.
Die kulturelle Vielfalt in Dresden hat uns den Wechsel aus Manhattan leicht gemacht, genauso wie die Schönheit dieser Stadt und die wunderbare Landschaft, in die Dresden eingebettet ist. Aber Einfluss hatten auch die vielen Dresdnerinnen und Dresdner, die sich kreativ und unermüdlich für das Wohl und Miteinander in ihrer Stadt einsetzen, und Einfluss hatte natürlich die TU Dresden selbst mit ihren exzellenten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen im erweiterten Rektorat seit dem 18. August leite.
Als ich Ende letzten Jahres überlegte, ob ich mich zur Wahl stellen sollte, spielte die Herausforderung, der sich unsere freiheitlich demokratische Rechtsordnung gegenübersieht, eine wichtige Rolle. Aber nicht etwa in dem Sinne, dass sie mich abgeschreckt hätte, sondern im Gegenteil, dass ich hier eine Chance sah, die gesellschaftliche Rolle der Universitäten bei der Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts konstruktiv mitgestalten zu können. Und die Herausforderung unserer Demokratie ist eine von diesen.
Wir sind in Dresden, im Herzen der neuen Bundesländer, und sollten uns neben der jüngsten Geschichte der Flüchtlingsbewegung, auch immer der inzwischen schon 30-jährigen Geschichte des wiedervereinigten Deutschlands bewusst sein. Und wir leben in Deutschland, einem Land, das noch heute durch den Nationalsozialismus erschüttert ist und in dem auch ein sozialistisch autoritäres Regime seine Spuren hinterlassen hat. An dieser Gemengelage kommen wir nicht nur nicht vorbei, sondern wir müssen sie proaktiv immer mitdenken.
Es geht uns darum, die verschiedenen Perspektiven, die aus dieser Konstellation erwachsen, miteinander ins Gespräch zu bringen, in der Stadt und auch auf dem Campus. Es sind dies Perspektiven, die auf individuellen Lebensverläufen und Lebenserfahrungen beruhen. Sei es nun die Entwurzelung, die man durch die Wiedervereinigung vielleicht erlebt hat, oder die Entwurzelung, die durch kriegsbedingte oder klimabedingte Flucht aus der Heimat entstand. Es ist genau die Vielfalt dieser Perspektiven, in die nicht zuletzt auch Verunsicherung, Angst, Verletzung und Demütigung einfließen, die wir berücksichtigen müssen, um miteinander ins Gespräch zu kommen und gemeinsam an einer Stadtgesellschaft zu bauen, die es erlaubt, dass sie durch diese Vielfalt bereichert und nicht zerrissen wird. Toleranz für Unterschiedlichkeit ist wichtig, aber dabei können wir nicht stehenbleiben, wir brauchen den Mut, die Offenheit und die Gelassenheit aufeinander zuzugehen, miteinander zu reden und dann beginnen wir hoffentlich auch, uns für die anderen Perspektiven zu interessieren.
Aber auch beim Miteinander Reden wollen wir es nicht belassen. Beispielsweise werden wir als Technische Universität Dresden, immerhin die größte Arbeitgeberin der Stadt, zwei Ehrenamtstage pro Jahr zur Verfügung stellen, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unserer Universität nutzen können, aber nicht müssen, um an Projekten mitzuarbeiten, die – wo es notwendig ist – anpacken, um die Lebenswelt in Dresden für alle weiter zu verbessern. Damit wollen wir als Institution ein deutliches Zeichen setzen, welches die vielfältigen individuellen ehrenamtlichen Tätigkeiten, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unserer Universität schon über viele Jahre ausüben, noch verstärkt.
Universität für das 21. Jahrhundert findet nicht im Elfenbeinturm statt, sondern wir sind als Universität ein wichtiger Teil der Stadtgemeinschaft. Die Exzellenzuniversität TU Dresden will auch exzellent sein im Hinblick auf ihre Verantwortung für unsere freiheitlich demokratische Rechtsordnung und für ein respektvolles und offenes Miteinander in unserer Stadt und in unserem Land.
Gemeinsam können wir es schaffen!"
Weitere Redner waren u.a. Oberbürgermeister Dirk Hilbert, das Bündnis für Pflege Dresden, die Jusos Dresden, der Studierendenrat der TU Dresden sowie der Superintendent der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen Andreas Nollau.