11.06.2019
Schostakowitsch-Tage in Gohrisch zum Zehnten
TUD-Studenten führen beim Jubiläum des internationalen Ausnahmefestivals in die Konzerte ein
Michael Ernst
Sie sind ein Ausnahmefestival, die Internationalen Schostakowitsch-Tage Gohrisch. 2010, fünfzig Jahre nach dem ersten Aufenthalt des Komponisten in der Sächsischen Schweiz
gegründet, finden sie nun vom 20. bis 23. Juni zum 10. Mal statt. Mit klar strukturiertem Programm, namhaften Künstlerpersönlichkeiten und zahlreichen Überraschungen.
Zum dritten Mal in Folge präsentieren die Schostakowitsch-Tage eine Uraufführung ihres Namensgebers. Als hätte der 1975 verstorbene Komponist diesem für seine Vita so besonderen Ort einige Kostbarkeiten hinterlassen, wird immer mal wieder Musik entdeckt, die zuvor nirgendwo aufgeführt worden ist. Diesmal ist es ein Solostück für Klavier mit dem trefflichen Titel »Im Wald« aus dem Jahr 1919. Schostakowitsch war damals 13! Mit Mitte 50 kam er 1960 nach Gohrisch und komponierte hier in nur drei Tagen sein 8. Streichquartett, das einzige nicht in seiner Heimat verfasste und zugleich sein persönlichstes Werk. »Die Legitimation der Schostakowitsch- Tage«, meint deren Initiator Tobias Niederschlag.
Der Künstlerische Leiter sorgt – gemeinsam mit vom Schostakowitsch- Fieber erfassten Mitstreitern – alljährlich für neue Höhepunkte bei diesem in einer Scheune ausgerichteten Ausnahmefestival, Niederschlag zufolge »ein Gegenentwurf zu anderen Festivals, bei denen es um Sehen und Gesehenwerden geht.« Gohrisch sei ein »Anti-Festival« und definiere sich über den Inhalt, die Musik des 20./21. Jahrhunderts.
Auf Inhalt orientieren auch die mitwirkenden Künstler, sie treten lediglich für ein Frackgeld auf, erhalten kein Honorar. Die Musiker der Sächsischen Staatskapelle sind den Schostakowitsch- Tagen unter diesen Bedingungen seit zehn Jahren treu und werden dies auch künftig tun, im 10. Jahrgang sogar noch einen Tag länger als sonst. Schon am 19. Juni gibt es im Kulturpalast ein Sonderkonzert mit Schostakowitschs 11. Sinfonie »Das Jahr 1905« unter Leitung von Sakari Oramo, danach folgen von Donnerstag bis Sonntag acht Konzerte sowie kostenfreie Sonderveranstaltungen in Gohrisch. Die Eröffnung bestreitet das belgisch-französische Quatuor Danel mit Streichquartetten von Igor Strawinsky, Sergej Prokofjew und Dmitri Schostakowitsch. Diese drei russischen Komponisten stehen dieses Jahr im Zentrum des Festivals, das zudem die 100. Geburtstage von Mieczysław Weinberg und Galina Ustwolskaja im Fokus hat.
Als Auftakt gibt’s Prokofjews »Peter und der Wolf« als Inszenierung von Klaus Ortner mit der bereits zum dritten Mal in Gohrisch gastierenden Schauspielerin Isabel Karajan sowie der von Petr Popelka geleiteten Orchesterinitiative Kapelle 21. Das Rascher Saxophone Quartet entführt in die Musikwelt von Alexander Glasonuw und bringt mit der Suite für Varieté-Orchester ein überaus populäres Werk von Schostakowitsch. Das Wochenende beinhaltet eine Uraufführung von Mieczysław Weinberg sowie zwei Filmromanzen Schostakowitschs als Deutsche Erstaufführung, beschert ein Wiedersehen und -hören mit dem legendären Borodin Quartet, das 2015 den Schostakowitsch-Preis Gohrisch erhielt. Der junge Rumäne Daniel Ciobanu richtet einen Klavierabend mit Modest Mussorgskis »Bilder einer Ausstellung« sowie Kompositionen von Strawinsky, Prokofjew und Schostakowitsch aus, darunter die Uraufführung »Im Wald«.
Zum Abschluss gestaltet Cellist Isang Enders mit dem Pianisten Yekwon Sunwoo eine Matinee und lässt Schlagzeug- Legende Günter Baby Sommer mit Johannes Enders am Saxofon Jazz- Improvisationen ertönen. Vor dieser »Konferenz bei Schostakowitsch« begleiten Pianistin Lauma Skride und das Dresdner Streichquartett um Thomas Meining mit Schostakowitschs Klavierquintett g-Moll die Verleihung des 10. Internationalen Schostakowitsch-Preises an Andris Nelsons.
Wie immer ist auch die TU Dresden präsent, indem Studenten der Musikwissenschaften zu den Konzerten in Gohrisch hilfreiche Einführungen halten werden.
❞Weitere Informationen unter: www.schostakowitsch-tage.de
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 11/2019 vom 11.Juni 2019 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.