18.12.2012
Zum Beispiel Gepäckförderanlagen von Flughäfen
Christian Hammel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der
Fakultät Maschinenwesen der TU Dresden und promoviert an der
Professur für Technische Logistik. Er erhielt für seine
Arbeiten zur Optimierung innerbetrieblicher Transportsysteme
während der diesjährigen Winter Simulation Conference (WSC) den
„SIGSIM Best Ph.D. Student Paper Award“ von der Special
Interest Group on Simulation and Modeling (SIGSIM), welche zur
Association for Computing Machinery (ACM) gehört.
Die Gepäckförderanlagen von Großflughäfen verbinden teilweise
mehrere 100 Check-in-Schalter mit einer mindestens
zweistelligen Anzahl Gates auf einer Gesamtstrecke von 10 bis
über 100 Kilometern. Transportiert werden hierauf mitunter mehr
als 10.000 Gepäckstücke pro Stunde. In solchen
„innerbetrieblichen Transportsystemen“ kommt es, wie im
Straßenverkehr, regelmäßig zu Staus. Auch hier gilt es, diese
zu verhindern, weil sie die Leistung des Systems
beeinträchtigen.
Bisher nutzten die Transporte in solchen Systemen den jeweils
kürzesten Weg durch das Streckennetz. An dieser Stelle setzt
die Promotionsarbeit von Christian Hammel an. Er betrachtet
„kürzeste“ Wege im Transportsystem der Computerchip-Fabrik von
GLOBALFOUNDRIES in Dresden. Hier verbindet ein Streckensystem
750 Fertigungsmaschinen und 60 Speicher auf einer Länge von
6.500 Metern. 280 Fahrzeuge übernehmen mehr als 2.000
Transporte pro Stunde. Für den Betrieb dieses Systems ist das
Factory-Automation-Team von GLOBALFOUNDRIES verantwortlich, mit
dem Christian Hammel seit 2010 sehr intensiv
zusammenarbeitet.
Der Nachwuchsforscher hat gemeinsam mit seinen Kollegen von
GLOBALFOUNDRIES herausgefunden, dass der effektivste Weg im
Transportsystem nämlich nicht einfach der kürzesten Strecke
entspricht. Darum hat er die Länge jedes Streckenabschnitts mit
einem spezifischen „Cost Factor“ multipliziert. Stark belastete
Strecken wurden so mit einer Art „Autobahn-Maut“ verteuert: Die
Fahrzeuge wählten dann nicht die räumlich kürzeste, sondern
eben die billigste Route.
Die Schwierigkeit bestand nun darin, für ein bestimmtes
Last-Szenario die Cost Factors so zu bestimmen, dass auf keiner
Strecke mehr Staugefahr besteht. Dafür hat Christian Hammel
einen Berechnungsalgorithmus entwickelt, welcher die Cost
Factors der am stärksten belasteten Strecken systematisch
verändert. Mit diesem Algorithmus können auch in komplexen
Streckennetzen wie dem von GLOBALFOUNDRIES die Transporte mit
vergleichsweise geringem Aufwand neu ausbalanciert
werden.
Auf diese Weise ist es gelungen, die Leistung des
Transportsystems ohne bauliche Veränderungen um 20 Prozent
zu erhöhen.
Bemerkenswert vor dem Hintergrund der WSC ist dabei, dass eine
Simulation – ein vollständiges Computermodell des gesamten
Transportsystems der Chipfabrik mit allen Fahrzeugen – dazu
gerade nicht erforderlich war. Vielmehr wurde die Simulation
nur nachträglich zur Überprüfung der berechneten Cost Factor
Settings unter dynamisch schwankender Last genutzt, bevor die
Berechnungsergebnisse in die technische Anlage übernommen
wurden. Simulationsexperten sind sich einig darin, dass allein
mithilfe eines Simulationsmodells ähnlich gute Einstellungen
praktisch nicht zu finden wären. Der Rechenaufwand dafür wäre
um ein Vielfaches höher als bei dem neuen
Berechnungsalgorithmus.
Die Winter Simulation Conference ist die international führende
Konferenz auf dem Gebiet der ereignisdiskreten Simulation.
Allein das Programm der WSC’12 fasst über 100 Seiten (nur ca.
50 Prozent der eingereichten Beiträge wurden angenommen). Alle
Konferenz-Beiträge der WSC bis zurück ins Jahr 1968 sind im
Internet unter www.wintersim.org frei verfügbar. In den
letzten Jahren hatte die WSC konstant ca. 700 Teilnehmer.
Sie fand in diesem Jahr vom 9. bis 12.12.2012 erstmals
außerhalb der USA in Berlin statt.
Christian Hammel stammt aus Kaiserslautern, ist 33 Jahre alt,
verheiratet und Vater von zwei Töchtern. Er hat an der TU
Dresden Technomathematik studiert und arbeitet seit 2007 als
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Technische
Logistik der Fakultät Maschinenwesen der TU Dresden. Sein
Forschungsgebiet ist die Anwendung von Methoden und Algorithmen
aus der Theorie Komplexer Netzwerke auf die Planung und
Steuerung innerbetrieblicher Transportsysteme.
Informationen für Journalisten:
Christian Hammel
,
Tel.: 0176 70055084
Frank Schulze
,
Tel.: 0173 3593707