29.11.2010
Müllvermeidung einmal anders: Second Hand für Osteuropa
Der alte Fernseher, die Spüle, Möbel oder Haushaltsgeräte –
was in Deutschen Haushalten zu alt wird, wird oft in Osteuropa
weiterverkauft. Müllsammler kommen nach Deutschland, warten vor
Wertstoffhöfen oder durchsuchen den Sperrmüll. Was für die
ehemaligen Besitzer Müll ist, ist für die Sammler in ihren
Ländern ein Geschäft. Wie viele Sammler täglich nach
Deutschland kommen ist nicht bekannt. Verlässliche Zahlen
fehlen. Allein in Ungarn sollen 60 000 Menschen davon leben.
Und auch wie viel Tonnen Müll sie verwerten und wie viel Gewinn
sie erzielen, bleibt im Dunkeln. Sie agieren im behördlichem
Niemandsland. Die Grauzone ist groß. Wissenschaftler der TU
Dresden wollen jetzt Licht in diesen informellen Sektor der
Abfallwirtschaft bringen. Gefördert von der EU arbeiten sie mit
Experten aus Österreich, Polen, Ungarn und der Slowakei
zusammen am Forschungsprojekt „Transwaste“.
„Ziel ist, diesen Bereich der Müllverwertung zu
strukturieren“, sagt Ulrike Lange vom Institut für
Abfallwirtschaft und Altlasten der TU Dresden. Denn es gibt
keine rechtliche Grundlage für das Sammeln von Müll aus anderen
Ländern. „Es ist gesetzlich schwer abzugrenzen, ob ein
Haushaltsgerät schon Abfall ist oder noch gebraucht werden
kann“, sagt sie. Zudem landet erst mitgenommener und dann
aussortierter Müll nicht selten am Straßenrand. Bis 2012 wollen
die 25 Wissenschaftler und Experten ein Konzept entwickeln, um
alte aber noch gebrauchsfähige Haushaltsgeräte in Osteuropa
weiter zu verwenden. „Wir wollen verhindern, dass die
Müllsammler weiterhin unkontrolliert ihr Gut aus Deutschland
abtransportieren“, sagt sie. Schließlich verbergen sich hinter
alten Elektrogeräten auch finanzielle Ressourcen für
Deutschland. Allein der Verkauf von alten Drähten und Aluminium
bringt Millionen. „Wir wollen aber auch Schäden für die Umwelt
vermeiden“, sagt Ulrike Lange.
Im vergangenen Jahr zählten die Wissenschaftler bei
einzelnen Stichproben die Fahrzeuge von Müllsammlern an den
Grenze zu Deutschland und Österreich. Ein erster Schritt, um
den Sektor der Abfallwirtschaft zu strukturieren. Die Daten
sollen jetzt helfen, dass Konzept zu entwickeln. Vorstellbar
ist ein Second Hand System für Elektro- und Haushaltsgeräte,
von dem Menschen in Osteuropa profitieren. Erste Strategien
gibt es dafür schon. Sie werden am 3. Dezember 2010 in Dresden
beim Workshop „Formalisierungsstrategien zur Kontrolle und
Strukturierung von informellen Sammelaktivitäten in der
Abfallwirtschaft“ vorgestellt.
Informationen für Journalisten:
Dipl.-Ing. Ulrike Lange
Institut für Abfallwirtschaft und Altlasten der TU
Dresden
Tel.: +49 3501 530041
www.transwaste.de
Workshop Thema:
„Formalisierungsstrategien zur Kontrolle und Strukturierung von
informellen Sammelaktivitäten in der Abfallwirtschaft“
Ort: art’otel; Ostra-Allee 33, 01067 Dresden
Veranstalter: Institut für Abfallwirtschaft und Altlasten, TU
Dresden
Factbox TransWaste:
Das CENTRAL EUROPE – Projekt „TransWaste – Formalisation of
informal sector activites in collection and transboundary
shipment of wastes in and to CEE“ bietet und entwickelt
mögliche Lösungen für ökologische, soziale und finanzielle
Probleme, die durch die informelle Abfallsammlung und die
grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen hervorgerufen
werden. Sieben Partnerorganisationen aus Österreich,
Deutschland, Ungarn, Polen und der Slowakei arbeiten zwischen
Januar 2009 und Juni 2012 unter der Leitung des Instituts für
Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur in Wien
zusammen.
Factbox CENTRAL EUROPE:
CENTRAL ist ein Förderprogramm der Europäischen Union, das die
Zusammenarbeit zwischen den Ländern Mitteleuropas unterstützt,
um Innovation, Zugänglichkeit und die Umweltpolitik zu
verbessern und um die Wettbewerbsfähigkeit und die
Attraktivität seiner Städte und Regionen zu fördern.
CENTRAL EUROPE investiert 231 Millionen Euro Fördermittel in
transnationale Projekte, die öffentliche und private
Organisationen aus Österreich, der Tschechischen Republik,
Deutschland, Ungarn, Italien, Polen, der Slowakei und Slowenien
involvieren.
Das Förderprogramm, das von 2007 – 2013 durchgeführt wird,
wird von Europäischen Fonds für regionale Entwicklung
finanziert. Interessierte Partnerschaften werden eingeladen,
ihre Projekte im Rahmen von öffentlichen Aufrufen zur
Einreichung von Projektvorschlägen, die breit verlautbart
werden, einzureichen.