30.04.2019
Von der Pflicht zum Grün
Rechtlich vorgeschriebene Ersatzpflanzungen von Jungbäumen und das Projekt Baumpatenschaften lindern die Folgen von Baumfällungen
Mathias Bäumel
Der Campus der TU Dresden ist der Fläche nach der neuntgrößte aller Universitäten in Deutschland. Das schrieb Katrin Tominski im Dresdner Universitätsjournal 9/2018 vom 15. Mai 2018. Trotzdem scheine man das Leben auf dem Campus kaum zu spüren – es gäbe wenig Sitzmöglichkeiten und Ecken zum Verweilen, wenige gastronomische Angebote und wenig Grün. »Viele Bäume sind den aktuellen Baumaßnahmen zum Opfer gefallen«, so Tominski. Das wird im selben Artikel von der damaligen Dekanin Prof. Catrin Schmidt, Institut für Landschaftsarchitektur, bestätigt. Die Bäume auf dem Universitätsgelände seien ein großes Thema. »Viele sind gefällt und bislang nicht ersetzt worden«, sagt Schmidt. Das war vor einem knappen Jahr, im Frühjahr 2018.
Klar, man soll das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, für den Bau der meisten neuen Gebäude mussten überwiegend keine Baumgruppen und Grünanlagen weichen, sondern ein Kies-parkplatz (im Fall des Hermann-Krone-Baus), ein Asphalt- und Betonplatten-Parkplatz inklusive alter Baracken (Werner-Hartmann-Bau) und ein verwildertes Stück Feld (auch nicht gerade ein grünes Prachtstück) im Falle des Andreas-Pfitzmann-Baus. Und es gibt – wenigstens interimsmäßig – Rasenflächen (und keine staubproduzierenden Dreckflächen) an den Stellen abgerissener Baracken (Bayreuther Straße, Zeunerstraße).
Und trotzdem: Bereits im Dezember 2016 hatte die TU-Umweltinitiative tuuwi unter der Überschrift »Abholzung auf dem Campus« auf ihrer Webseite veröffentlicht, dass innerhalb des TUD-Geländes bis zum damaligen Zeitpunkt 18 Bäume mit zum großen Teil beachtlichen Stammdurchmessern gefällt worden seien und »die prägend für die Orte waren, an denen sie standen«. Fotos und eine Karte dokumentierten beispielhaft den damaligen Zustand von Baumfällungen.
»Damals, 2016, haben wir, hat kaum einer gewusst, wann welche Bäume gefällt werden«, erinnert sich Kathrin Brömmer, Sachgebietsleiterin Zentrale Technische Dienste. Es sei der Eindruck entstanden, als könne und dürfe man den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) mit dessen zu jener Zeit kaum sichtbaren Aktivitäten um verpflichtende Ersatzpflanzungen nicht alleinlassen.
Und heute? Erste Erfolge zeigt hier das Projekt für Baumpatenschaften, das genau deshalb von der TU-Umweltinitiative tuuwi initiiert und von der TU Dresden und schließlich vom SIB unterstützt wurde. Das war mit einer bunten Feier am 18. Mai 2018 gestartet. Dieses Projekt wurde ins Leben gerufen, um den Campus grüner zu machen und dafür zu sorgen, dass wieder mehr Bäume gepflanzt werden.
Als Schirmherr hat Rektor Prof. Hans Müller-Steinhagen die erste Patenschaft für einen Feldahorn vor dem Günther-Landgraf-Bau übernommen. Zweiter Baumpate ist Prof. Stefan Gumhold von der Fakultät Informatik. Er spendete für eine Steinweichsel, die hinter dem Gerhart-Potthoff-Bau gepflanzt wurde. Auch die tuuwi selbst wurde Pate für einen Spitzahorn vor dem Potthoff-Bau. Unterdessen sind im Rahmen der Geburtstagsjubiläen des Rektors Prof. Hans Müller-Steinhagen (65) und des Altrektors Prof. Achim Mehlhorn (80) am 22. Februar eine Spendensumme von 5805 Euro zur Finanzierung weiterer Bäume zusammengekommen. Davon werden Kathrin Brömmer zufolge drei Spitzahornbäume vor dem Fritz-Foerster-Bau angepflanzt. Weitere neun Bäume seien, so Brömmer, schon konkret eingeplant, für die die Stifterbriefe im Mai offiziell übergeben werden sollen. Zusammen wären also allein durch die Baumpatenschaften 15 der von der tuuwi 2016 benannten 18 gefällten Bäume mittels ziemlich großer Jungbäume »kompensiert« – durch privates Engagement von Studenten und Universitätsmitarbeitern.
Und es wird noch besser: »Wir versuchen, jährlich etwa fünf Bäume zu pflanzen«, so Kathrin Brömmer. »Das klingt wenig, es ist aber schwierig, auf dem Campus Stellen zu finden, da ja noch Sanierungs- und Baumaßnahmen anstehen und die Bäume nicht im Weg sein dürfen«, so Kathrin Brömmer weiter. »Im Masterplan Campusgestaltung haben wir nun die Stellen vorgeschlagen, wo Baumpflanzungen erfolgen können, und dies wollen wir schrittweise in Zusammenarbeit mit dem SIB angehen«, ergänzt die engagierte Sachgebietsleiterin.
Längst haben sich also Brömmer zufolge die Kommunikation des SIB mit der TU Dresden und die Zusammenarbeit beim Thema Außengestaltung des Campus zwischen beiden deutlich gebessert.
Die Pressestelle des SIB erklärt auf UJ-Nachfrage: »Wenn im Zuge von Baumaßnahmen auf dem Campus der TU Dresden oder ihren Außenstellen Bäume gefällt werden müssen, so wird, wie gesetzlich gefordert, eine Fällgenehmigung beim Umweltamt der Landeshauptstadt Dresden oder der jeweiligen Kommune beantragt. Dort wird darüber befunden und eine Fällgenehmigung mit oder ohne Auflagen erteilt. Die Auflagen sehen in der Regel die Ersatzpflanzung von zwei bis drei jungen Bäumen pro gefälltem Baum vor. In der Regel wird auf dem Campus neu gepflanzt.« Insgesamt würden pro Jahr im Zuständigkeitsbereich der Niederlassung Dresden II (u. a. zuständig für die TU Dresden) bis zu 100 neue Bäumchen, Setzlinge, gepflanzt. Auf die TU Dresden entfalle davon ein Anteil von über 50 Prozent.
Über den Campus schlendernd und den Blick ins Grüne gerichtet, fällt einem Spaziergänger das nicht sofort auf. Dennoch können sich die Ersatzpflanzungszahlen sehen lassen.
Auf UJ-Nachfrage erläutert die SIB-Pressestelle: »Beispielsweise wurden bei der Sanierung der Außenanlagen des Andreas-Schubert-Baus am Zelleschen Weg in den Jahren 2013 bis 2015 folgende nachhaltigen Pflanzungen auf dem Grundstück umgesetzt: mehr als 23 Großgehölze (darunter Ahorn, Pappeln, Kirschen und Eichen) und 14 Solitärsträucher (Kornelkirsche, Flieder, Kupferfelsenbirne), etwa 800 Sträucher, Heckpflanzen, Klettergehölze (darunter Hainbuche, Schneebeere, Flieder, Eiben), tatsächlich etwa 4000 Kleinsträucher bzw. Bodendecker (Mahonie, Spieren, Efeu) und ungefähr 1000 Stauden und Gräser (Anemonen, Gartensandrohr, Steppenlilie).« Diese Pflanzungen seien als Ersatz- und Neupflanzung für 51 Baum- und Gehölzfällungen – darunter lediglich zwölf laut Gehölzschutzsatzung der LHDD genehmigungspflichtige – geschaffen worden.
Ein weiteres Beispiel sind dem SIB zufolge die Neupflanzungen im Gefolge des Baus des Hochleistungsrechners auf der Nöthnitzer Straße bis 2016. »Hier wurden umfangreiche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bis September 2014 vor Ort umgesetzt: 14 großkronige Laubbäume (Robinien, Pappeln), vier kleinkronige Laubbäume (Wildapfel), fünf Großsträucher (Wildapfel) und vier Säulenzitterpappeln.« Darüber hinaus sei dem SIB zufolge eine Waldaufforstung auf fast 1 500m² Fläche als Abschluss zum unbebauten Außenbereich südlich des Rechnerkomplexes (Forstbaumschulware der Mischung aus Hartriegeln, Haselnuss, Pfaffenhütchen, Bergahorn und Hundsrose) erfolgt.
Auch bei der Sanierung des Barkhausen-Baus, einem sehr aktuellen Beispiel aus den Jahren 2017/2018, erfolgte, so die SIB-Pressestelle, »als Auflage für die Fällung von zwei Blumenhartriegeln und eines Eschenahorn mit Stammumfang größer 30 cm laut Genehmigungsbescheid des Umweltamtes eine Ersatzpflanzung in unmittelbarem Umfeld von vier mittelgroßkronigen Laubbäumen (Goldregen, Blumenhartriegel, Sommerflieder), vier normalgroßen Sträuchern bzw. Großsträuchern (Scheinkerrie, Rhododendron) sowie der Fassadenbegrünung nach Fertigstellung der Fassadensanierung«.
Und das sind nur einige Beispiele, die das erfolgreiche Mühen um viel Grün auf dem Campus verdeutlichen.
Die feierliche Übergabe der aktuellen Stifterbriefe für die Baumpatenschaften ist für den 17. Mai gegen 15 Uhr im Festsaal des Rektorates geplant. In Abhängigkeit vom Wetter werden auch die jeweiligen Bäume besucht.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 08/2019 vom 30. April 2019 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.