11.07.2014
Forscher öffnen Tür zu Stammzell-Transplantation ohne Bestrahlung
Schon lange suchen Wissenschaftler nach Möglichkeiten, um
die zellulären und molekularen Mechanismen, die die Funktion
der menschlichen blutbildenden Stammzellen regulieren, besser
untersuchen zu können. Jetzt erreichte ein Team von
Wissenschaftlern um die Dresdner Stammzell-Forscherin Prof.
Claudia Waskow vom Institut für Immunologie der Medizinischen
Fakultät Carl Gustav Carus hier einen wesentlichen Fortschritt.
Sie entwickelten ein Mausmodell, in dem sich transplantierte
menschliche Blutstammzellen einnisten, vermehren und
ausdifferenzieren – und das über die Grenzen der Spezies hinweg
ohne vorherige Bestrahlung der Empfängertiere. Dies konnte
durch eine gezielte Mutation am sogenannten Kit-Rezeptor der
mauseigenen Stammzellen erreicht werden. Im Vergleich zu
existierenden Modellen bleiben die eingebrachten menschlichen
Stammzellen wesentlich länger erhalten, und erstmals konnten
die Forscher eine effektive Ausdifferenzierung der
transplantierten blutbildenden Stammzellen in Zellen des
angeborenen Immunsystems beobachten. Diese Ergebnisse
veröffentlichten die Wissenschaftler jetzt im angesehenen
Fachblatt „Cell Stem Cell“. Die Fähigkeit der Kit-Mutation,
Stammzellnischen über Artgrenzen zu öffnen, hat großes
Potenzial und weckt Hoffnungen für künftig schonendere
Stammzell-Transplantationen ohne die Notwendigkeit massiver
vorheriger Bestrahlung des Empfängers.
„Unser Ziel war es, ein optimales Modell für die
Transplantation und Untersuchung menschlicher blutbildender
Stammzellen zu entwickeln“, erläutert Claudia Waskow, die
soeben die Professur für Tiermodelle der Hämatopoiese an der
Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus antrat, den Ansatz der
Wissenschaftler. Zuvor war Prof. Waskow Gruppenleiterin
„Regeneration in Hematopoiesis“ am DFG-Forschungszentrum für
Regenerative Therapien Dresden – Exzellenzcluster an der TU
Dresden (CRTD).
Dieses Optimierung erreichten die Forscher durch die Einführung
einer natürlichen Mutation des Kit Rezeptors in Tiere deren
Immunsystem stark eingeschränkt ist. Für eine erfolgreiche
Blutstammzelltransplantation dürfen die Spenderzellen zum einen
nicht abgestoßen werden und zum anderen müssen sie im
Knochenmark Platz finden in dem sie sich einnisten können. Die
Erfüllung dieser beiden Voraussetzungen war tatsächlich
erfolgreich: Die Mutation des Kit-Rezeptors in Tieren mit
eingeschränktem Immunsystem ermöglicht erstmals die robuste,
gleichmäßige, nachhaltige und seriell transplantierbare
Verpflanzung von menschlichen Blutstammzellen in erwachsene
Mäuse ohne die Notwendigkeit für eine vorhergehende
Bestrahlungstherapie. Die Bestrahlung ist sonst notwendig, um
die Stammzellen des Empfängers zu verdrängen und den
Spenderzellen Platz für das Einnisten zu schaffen. Dass diese
Bestrahlung eine starke Belastung darstellt und zahlreiche
Nebenwirkungen erzeugt, ist hinlänglich bekannt. Eine Reduktion
oder gar ein möglicher Verzicht der Bestrahlung durch die
gezielte Mutation des Kit-Rezeptors der erkrankten Stammzellen
standen als Ziel am Ende dieser Forschung, und erlauben nun die
Erforschung der Funktion humaner blutbildender Stammzellen in
einer physiologischen Umgebung.
Weiterhin zeigt diese Studie, dass der Kit Rezeptor die
Funktion humaner Blutstammzellen reguliert - inklusive ihrer
Einnistung nach Transplantation. Dieses Wissen soll nun auch
für klinische Anwendungen genutzt werden, damit sich auch dort
Blutstammzellen im Verlauf einer Knochenmarktransplantation
ohne eine vorhergehende schädliche Bestrahlungs- oder
Chemotherapie im Knochenmark von Patienten einnisten
können.
Publikation:
Cosgun and Rahmig et al., Kit Regulates HSC Engraftment across
the Human-Mouse Species Barrier, Cell Stem Cell (2014),
http://dx.doi.org/10.1016/j.stem.2014.06.001
Informationen für Journalisten:
Technische Universität Dresden
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus
Prof. Dr. Claudia Waskow
Regeneration in Hematopoiesis
Institut für Immunologie
Tel.: +49(0)351 458-6448
http://tu-dresden.de/Members/claudia.waskow