01.03.2021
COVID-19-Forschung am Uniklinikum Dresden – eine erste Bilanz
Fünf interdisziplinäre Verbundprojekte im »Netzwerk Universitätsmedizin« untersuchen die gegenwärtige Pandemiesituation um SARS-CoV-2
Claudia Silvia Netzker
»Das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM), dem alle deutschen Universitätsklinika angehören, widmet sich der wissenschaftlichen Evaluation der aus der gegenwärtigen COVID-19-Pandemie gewonnenen Erkenntnisse. Mit ihrer Expertise tragen die hochschulmedizinischen Standorte dazu bei, diesen und weiteren Pandemien künftig wirksamer begegnen zu können«, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden (UKD) und Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands (VUD). »Da dieser vom NUM generierte Erkenntnisgewinn für die Pandemiebewältigung weiter eminent wichtig ist, bleibt die Finanzierung auch nach der Förderphase ein wichtiges Anliegen, das es noch zu klären gilt, denn ich halte es für absolut zukunftsrelevant, Austausch und Zusammenarbeit sowie Best Practices im Sinne einer zukünftig besseren Versorgung zu definieren.« 13 bundesweite Forschungsprojekte werden innerhalb des NUM durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert – an fünf von ihnen partizipiert das UKD.
EViPan Unimed, koordiniert von den Uniklinika Dresden und Frankfurt/ Main, hat die Entwicklung, Testung und Implementierung von regional adaptiven Versorgungsstrukturen und Prozessen für ein »evidenzgeleitetes Pandemiemanagement« zum Ziel – gesteuert durch die Hochschulmedizin. Prof. Jochen Schmitt, Leiter des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung am UKD und Dresdner Projektleiter von EViPan, benennt als eine der größten Herausforderungen für das Pandemiemanagement »ein bundesweit einheitliches, transparent strukturiertes und gleichzeitig regional adaptierbares Vorgehen, welches sich auf verlässliche, einheitlich aufgebaute und insbesondere schnell verfügbare Daten zum Pandemieverlauf und zur Bettenverfügbarkeit sowie auf publizierte Studiendaten stützt. Dieses Ziel verfolgt EViPan Unimed.«
Die bundesweite Bereitstellung von Daten zu Forschungszwecken steht daher im Mittelpunkt aller Aktivitäten des NUM. Mit der Forschungsdatenplattform CODEX etwa etabliert das NUM eine sichere, erweiterbare und interoperable Plattform zur Bereitstellung von Forschungsdaten zu COVID-19. Ein Kernelement stellen dabei die Datenintegrationszentren der Medizininformatik-Initiative (MII), die gegenwärtig an allen deutschen Uniklinika aufgebaut werden. Prof. Martin Sedlmayr, Direktor des Zentrums für Medizinische Informatik und Dresdner Projektleiter von CODEX, konstatiert: »Es ist wunderbar, dass hier zwei große Initiativen des Bundes – das NUM und die MII – zueinanderfinden, um die medizinische Forschung gerade in Zeiten der Pandemie zu erleichtern. Der aufwändige Zugang zu medizinischen Daten verzögert und gefährdet häufig die Forschung – mit CODEX bringen wir die Erfolge der MII konkret in ein nationales Netzwerk ein und unterstützen damit die COVID-Forschung nachhaltig.«
Der Aufbau des »Nationalen Pandemie-Kohorten-Netzes« (NAPKON) dient ebenso der bundesweiten Zusammenführung qualitativ hochwertiger, standardisierter klinischer Daten, insbesondere aus Bioproben von COVID-19-Patientinnen und Patienten, um eine einheitliche Datenbasis für die Erforschung des Pandemieverlaufes und somit perspektivisch für die Eindämmung von Pandemien am Beispiel von SARS-CoV-2 zu etablieren. Das hierzu gehörende Pädiatrie-Modul tritt in Dresden unter der Federführung von Prof. Reinhard Berner, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am UKD, an, COVID-19 bei Kindern und Jugendlichen, etwa im Rahmen von Studien an sächsischen Kindergärten und weiterführenden Schulen, zu erforschen. »Kinder sind von der Pandemie vielfältig und in besonderer Weise betroffen«, so Prof. Berner, »erkranken selbst jedoch selten und weniger schwer. Über die Verläufe und mögliche Langzeitfolgen ist allerdings bisher wenig bekannt. Im Rahmen der NAPKON-Projektgruppe wird von der Hochschulmedizin Dresden aus eine systematische Erfassung der in Deutschland laufenden pädiatrischen Studien koordiniert und eine Langzeitkohortenstudie bei Kindern konzipiert, die in eine zweite Förderphase eingehen soll.«
Am RACOON-Projekt – kurz für »Radiological Cooperative Network zur COVID-19-Pandemie« – nehmen alle radiologischen Institute der deutschen Universitätsklinika teil, führen radiologische Bilder von Patientinnen und Patienten mit COVID-19-Infektion zusammen und bringen sie mit den Krankheitsverläufen in Beziehung. Ziele der Forschungsarbeit sind eine schnelle und präzise Diagnosestellung; eine strukturierte Befundung von radiologischen Bildern bei SARS-CoV-2-positiven Patientinnen und Patienten, eine Abschätzung des weiteren klinischen Verlaufes und die Entwicklung von auf Künstlicher Intelligenz basierten Markern zur Früherkennung von COVID- 19-Lungenentzündungen.
DEFEAT PANDEMIcs, das »Deutsche Forschungsnetzwerk Autopsien bei Pandemien«, komplettiert die Dresdner Verbundprojekte und dient dazu, ein deutschlandweites Obduktionsnetzwerk für den Pandemiefall zu etablieren. Daten und Erkenntnisse aus der Untersuchung von Biomaterialien werden umfassend, systematisch und standardisiert erfasst, zusammengeführt und den Kooperationspartnern zur Verfügung gestellt, damit die Generierung und Verbreitung von Evidenz zum Umgang mit Epidemien und zur Unterstützung eines Krisenmanagements durch die Erarbeitung standardisierter Vorgehensweisen über das Netzwerk erreicht wird.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 04/2021 vom 2. März 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.