16.03.2021
DSWAP-Projekt optimiert Abwasser
TUD-Hydrobiologen entwickeln Entscheidungshilfewerkzeug zur effektiveren Wasserwiederverwendung in Europa und Israel
Aparna Chandrasekar
Dr. Uli Klümper
Prof. Thomas U. Berendonk
In vielen Ländern der Welt ist Wasserknappheit ein zentrales Problem, unter anderem im Mittelmeerraum. Die Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser für Bewässerungszwecke sowie Düngung können dabei helfen, das Oberflächen- und Grundwasser zu entlasten. Darüber hinaus lassen sich dank der Nährstoffe im teilgereinigten Abwasser der Einsatz von chemischen Düngemitteln reduzieren und gleichzeitig die Ernteerträge steigern. Allerdings führt die Wasserwiederverwendung auch zu einer Erhöhung des Salzgehalts im Boden und damit zu einer Beeinträchtigung des Pflanzenwachstums, sowie zum Eintrag chemischer und mikrobieller Verunreinigungen wie beispielsweise Antibiotika und antibiotikaresistenter Bakterien in die Böden, was zunehmend Bedenken hervorruft. Durch eine Anpassung der Abwasserqualität an den zu bewässernden Boden und die Pflanzenart(en) lässt sich dieses Problem jedoch beheben. Die erforderliche Wasserqualität kann durch den Einsatz eines einzelnen Abwasserbehandlungsmoduls oder einer Kombination aus zwei oder drei dieser Module erreicht werden. Eine Optimierung der Entscheidungen über den Einsatz eines einzelnen oder einer Kombination von Abwasserbehandlungsmodulen ist der Grundgedanke des Projekts DSWAP (Decision support-based approach for sustainable water reuse application in agricultural production).
Das DSWAP-Projekt ist ein internationales Kooperationsprojekt und Teil der von der Europäischen Union unterstützten PRIMA-Initiative (Partnership on Research and Innovation in the Mediterranean Area). Durch PRIMA werden vor allem Forschungs- und Innovationsprojekte im Mittelmeerraum gefördert. Die in diesem Projekt eingesetzten einzigartigen Wasseraufbereitungsmodule bestehen aus zwei dezentralen Nachbehandlungseinheiten (membranbelüfteter Bioreaktor, zweistufiger Festbettreaktor) für eine erste Abwasserreinigung, zwei Einheiten (Vorwärtsosmose und Phyto-Entsalzung) zur Entfernung des Salzes und zwei Nachbehandlungseinheiten (solarbetriebene erweiterte Oxidation, Öko-Reservoir) zur zusätzlichen Entfernung von mikrobiellen und chemischen Verunreinigungen. Die Module zur Abwasserbehandlung werden von führenden Universitäten und Forschungsinstituten in Italien, Portugal, Spanien, Israel, Frankreich, Deutschland und Zypern beauftragt und betrieben. Daneben werden anhand von Feld-experimenten in Spanien, Zypern und Israel die Auswirkungen der Bewässerung mit gereinigtem Abwasser auf Tomaten-, Avocado- und Gurkenkulturen untersucht. Mithilfe von Experimenten in Mikro- und Mesokosmen soll der Einfluss von Parametern wie pH-Wert, Temperatur, Salzgehalt und Prädation (Fraß durch andere Mikroben) auf die Persistenz von antibiotikaresistenten Bakterien erforscht werden. Die mit den verschiedenen Aufbereitungsmodulen generierten Daten werden in das zu entwickelnde Entscheidungshilfewerkzeug integriert, mit dessen Hilfe dann die beste Kombination der Wasseraufbereitungsmodule ausgewählt werden soll, die den wirtschaftlichsten und technologisch sinnvollsten Weg zur sicheren Abwasserwiederverwendung für die Pflanzenbewässerung bietet, in Abhängigkeit von der lokalen Infrastruktur und den gesetzlichen Anforderungen.
Forscher des Instituts für Hydrobiologie der TU Dresden werden sich darauf konzentrieren, die von den internationalen Partnern generierten Daten zu integrieren, um das Entscheidungshilfewerkzeug (DST – decision support tool) aufzubauen. Ihr Hauptziel besteht darin, die vielfältigen Informationen zu verarbeiten, um konkrete Entscheidungen über die optimale Leistung der einzelnen oder integrierten Modulkonfigurationen zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen treffen zu können.Entscheidungshilfewerkzeuge berücksichtigen eine Vielzahl von Kriterien, z. B. Wasserqualität, wirtschaftliche Eignung, gesellschaftliche Herausforderungen, Vorschriften der örtlichen Behörden für die Wiederverwendung von Abwasser sowie verschiedene weitere Kriterien, je nach DST-Design und Endanforderung der Nutzer. Das von der TUD umgesetzte Entscheidungshilfewerkzeug wird Kriterien für verschiedene Toleranzen von Pflanzen enthalten (unter Verwendung der sensibelsten Parameter für die Wasserqualität), da die Endnutzung auf die Optimierung der Wiederverwendung für die landwirtschaftliche Bewässerung in den Mittelmeerländern ausgerichtet ist. Die wirtschaftliche Machbarkeit wird das nächste wichtige Kriterium sein, um das Modul bzw. die Kombination von Modulen auszuwählen, die eine effektive Wasseraufbereitung für die Wiederverwendung zur Bewässerung ermöglicht. Ein effektives Management der von den Projektpartnern generierten Daten und das Verständnis, welche Parameter am sensibelsten sind, sollen die Integration der wichtigsten und sensibelsten Parameter in das DST ermöglichen. Derzeit werden verschiedene Entscheidungshilfewerkzeuge hinsichtlich Kompatibilität und Verwendbarkeit für den Anwendungsbereich des Projekts untersucht.
Das DSWAP-Projekt ist Teil der von der EU geförderten PRIMA-Initiative.
Weitere Informationen unter: https://www.dswap-prima.eu/
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 05/2021 vom 16. März 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.