Mar 02, 2021
Eine der Besten beim Rettungstriathlon
Die Sportstipendiatin Michelle Hein studiert an der TUD Biologie
Claudia Trache
Im Studienjahr 2020/21 vergab die TU Dresden zum dritten Mal acht Sportstipendien an Studierende, die neben ihrem Studium Leistungssport betreiben. Neben guten studentischen Leistungen sind hervorragende Leistungen im Sport, die mindestens auf dem Niveau eines Landeskaders erbracht wurden, ausschlaggebende Kriterien für die Vergabe des Stipendiums. 300 Euro monatlich bekommen die Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie modular hinzuwählbare Hilfen in einer Höhe von bis zu 2400 Euro pro Jahr. Zum dritten Mal erhielt die Ruderin Elisabeth Lowke das Stipendium. Basketballer Bryan Nießen, Bogenschütze Leon Hollas, Kanute Tom Liebscher und Leichtathlet Bastian Rudolf gehören zum zweiten Mal zu den Auserwählten. Diese fünf Stipendiatinnen und Stipendiaten hat das UJ bereits im vergangenen Jahr vorgestellt. In Fortsetzung dieser Serie werden nach und nach nun die drei neuen Geförderten vorgestellt.
Zu ihnen gehört die Rettungssportlerin Michelle Hein (DLRG Magdeburg). Die 23-Jährige studiert Biologie im 3. Semester des Masterstudienganges an der TUD, nachdem sie zuvor ihren Bachelorabschluss an der Martin-Luther-Universität in Halle absolvierte. Bis etwa zu ihrem 14. Lebensjahr trainierte sie in Magdeburg Schwimmen und erzielte in ihrer Altersklasse erste Erfolge. So nahm sie mit 13 Jahren mit ihrem Team am internationalen Endausscheid von »Jugend trainiert für Olympia« teil. Mit etwa 15 wechselte sie zum Rettungssport. »Mir wurde der Druck beim Schwimmen als Leistungssport zu groß«, erzählt Michelle Hein. »Von Freunden erfuhr ich vom Rettungssport. Die hohen Trainingsumfänge wollte ich gern weiter absolvieren. So wechselte ich nahtlos die Sportart.«
Ausdauer und Vielseitigkeit
Das Rettungsschwimmen teilt sich in zwei Bereiche: in die Einsätze an Badeseen, Stränden oder Bädern sowie den Rettungssport. Rettungssportler absolvieren in der Regel keine Einsätze sondern trainieren gezielt für Wettkämpfe. Diese finden sowohl im Schwimmbecken als auch im Freigewässer statt. Neben dem klassischen Schwimmen sind weitere Disziplinen an die Aufgaben der Rettungsschwimmer angelehnt, wie Gurtrettung und Rettung mit einem Paddel Board. Michelle Heins Leidenschaft sind die Disziplinen im Freigewässer. Neben dem Schwimmen gehören dazu Paddeln auf einem Board sowie im Kajak. Diese Disziplinen werden sowohl im Einzel als auch kombiniert als Rettungstriathlon ausgetragen. Ihre größten Erfolge feierte die ehrgeizige Studentin und Sportlerin bisher im Rettungstriathlon, wo sie 2019 Vizeeuropameisterin wurde und mit der Staffel im Rettungstriathlon gar Gold erkämpfte. Die Streckenlängen der einzelnen Disziplinen variieren von Wettkampf zu Wettkampf. Bei der Europameisterschaft galt es 800 Meter im Kajak, 600 Meter auf dem Paddel Board und 400 Meter im Schwimmen zurückzulegen. Die Laufstrecken zwischen den einzelnen Disziplinen liegen beim Rettungstriathlon zwischen 50 und 200 Metern. »Für alle Disziplinen gibt es Vor- und Endläufe, bei größeren Wettkämpfen auch Zwischenläufe«, erläutert Michelle Hein. »Man benötigt große Ausdauer, um dieses Pensum zu bewältigen, aber auch ein gutes Team, das einen während des Wettkampfes unterstützt, in den kurzen Erholungspausen Getränke und etwas zu Essen reicht oder auch hilft, das Material von einer Stelle zur anderen zu tragen.«
Sport und Corona
Im Gespräch mit Michelle Hein spürt man ihre Begeisterung für ihren Sport. Die Vielseitigkeit und die Ausdauerbetonung sind es, die sie faszinieren, aber auch der effiziente Umgang mit den Naturgewalten Wind, Strömung und Wellen. Vor großen Wettkämpfen trainiert sie bis zu 14 Mal pro Woche. Neben vier bis fünf Schwimmeinheiten kommen fünf bis sechs Trainingseinheiten mit Board und Kajak auf dem See oder Fluss dazu. Regelmäßige Laufeinheiten ergänzen das umfangreiche Trainingsprogramm. Während in Deutschland der Rettungssport zu den Randsportarten zählt, haben vor allem die Freigewässerdisziplinen in Australien einen ganz anderen Stellenwert. Bei der Weltmeisterschaft 2018 im australischen Adelaide bekam Michelle Hein hautnah einen Eindruck davon. »Ich würde mir wünschen, dass auch hier in Deutschland unser Sport mehr Anerkennung und Aufmerksamkeit bekommt«, betont sie.
Obwohl Michelle Hein im Rettungssport den Status eines Bundeskaders hat, kann sie coronabedingt zurzeit nur sehr eingeschränkt trainieren. Im Winter stehen normalerweise viele Schwimm- und Laufeinheiten auf dem Trainingsplan. Doch auch für sie bleiben die Schwimmhallen derzeit verschlossen. »Die derzeitige Situation ist psychisch schon ziemlich belastend und nagt an der Motivation«, gesteht sie. »Zumal Rettungssportler:innen in anderen Bundesländern, die den Status ›Sportsoldat:in‹ haben, trainieren dürfen. Durch die Trainingsausfälle, mit denen Athletinnen wie ich, die Studierende sind, leben müssen, entstehen natürlich Leistungsnachteile.« 2020 wurden fast alle Wettkämpfe abgesagt. Einzig die Landesmeisterschaft im Freiwasser von Sachsen-Anhalt fand Mitte September im Geiseltalsee statt. Außerdem nahm Michelle Hein an der 4. Markranstädter Kanuregatta teil sowie an einem Trainingslager ihres Landesverbandes. Normalerweise ist sie mit dem Bundeskader pro Jahr mehrfach in Trainingslagern unterwegs, so 2019 nicht nur innerhalb von Deutschland, sondern auch in Frankreich und Südafrika. Ihr großes Ziel, an die Erfolge von 2019 anzuknüpfen, hat Michelle Hein dennoch fest im Blick. Die für 2020 geplante Weltmeisterschaft wurde auf 2022 verlegt. Dann möchte sie wieder angreifen.
Studium und Sport
Trotz aller sportlichen Ambitionen steht für sie ihr Studium an erster Stelle. Das möchte sie in der Regelstudienzeit absolvieren. »Dafür ist viel Eigeninitiative nötig und viele Absprachen mit der Uni. Vieles muss ich selbst regeln«, so ihre Erfahrungen aus der Zeit an der Hallenser Universität. Umso erfreuter war sie, als sie über Social-Media-Kanäle erfuhr, dass die TU Dresden Sportstipendien vergibt. »Für diese finanzielle Unterstützung bin ich sehr dankbar«, betont Michelle Hein. »Mein Sport ist sehr teuer. Um international vorn mit dabei sein zu können, braucht man einfach das entsprechende Equipment. Sich voll auf Studium und Sport konzentrieren zu können und nicht zusätzlich Geld verdienen zu müssen, ist auch eine Erleichterung.« Dennoch war Michelle Hein bereit, sich beim Dresdner Hochschulsportzentrum als Schwimmtrainerin für Fortgeschrittene zu engagieren. Aber auch das fiel coronabedingt buchstäblich ins Wasser.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 04/2021 vom 2. März 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.