05.10.2021
Kalenderblatt - 5.10.1961: Die TH Dresden wird TU Dresden
Es war ein großer Anlass, zu dem das Festgedeck mit Geflügelsalat, Soljanka und Kalbssteak gereicht wurde – die Umbenennung der Technischen Hochschule Dresden in Technische Universität Dresden am 5. Oktober 1961 auf Beschluss der DDR-Regierung. In diesem Fest- und Staatsakt wurde gleichzeitig auch die Rektoratsübergabe von Werner Gruner (1958–61) zu Kurt Schwabe (1961–65) vollzogen. Zum Zeitpunkt der Statusänderung waren 10 741 Studierende in acht Fakultäten immatrikuliert – heute sind es rund 32 000 Studierende in fünf Bereichen mit 17 Fakultäten.
1961 blickte die Bildungsanstalt in Dresden bereits auf eine 133-jährige Geschichte zurück. Die Industrielle Revolution in Deutschland nahm in den 1820er-Jahren Fahrt auf und es herrschte ein großer Bedarf an Fachkräften besonders in technischen Bereichen. Nachdem der Astronom und Geodät Wilhelm Gotthelf Lohrmann (1796–1840) bereits mehrfach an konservativen Kräften im Königreich Sachsen gescheitert war, nutzte er die Inthronisation König Antons 1927 für einen erneuten Vorstoß, eine Technische Bildungsanstalt zu etablieren. Diese wurde am 1. Mai 1828 gegründet und bezog den Brühlschen Gartenpavillon auf der Brühlschen Terrasse. 161 Schüler lernten im ersten Jahr hier neben Lohrmann unter anderem bei dem Mediziner Heinrich Ficcinius (Physik, Chemie, Technologie) und dem Ingenieurwissenschaftler Johann Andreas Schubert, Schöpfer der Göltzschtalbrücke und Konstrukteur von Dampfschiffen und -lokomotiven (Maschinenbau und Eisenbahnbau).
Stetiges Wachstum der Studierendenzahlen und der Anforderungen an die Lehre führte zu erhöhtem Raumbedarf, der schließlich 1846 zum Umzug in das neu gebaute Gebäude am Antonsplatz führte. Dieses sowie das 1875 bezogene Gebäude am Bismarckplatz (heute Friedrich-List-Platz) existieren nicht mehr.
1871 war die in vier Fachschulen gegliederte Königlich Polytechnische Schule, in die sie 1851 umbenannt wurde, im Bildungsniveau so stark gestiegen, dass sie nun als Königlich Sächsisches Polytechnikum den Charakter einer Hochschule erhielt. 281 Studierende waren immatrikuliert und konnten neben den technischen und ingenieurwissenschaftlichen Fächern auch Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaft, Philosophie, Geschichte und Sprachen lernen. Seit 1883 wurden Diplomarbeiten als Abschluss des Studiums verfasst und verteidigt.
1890 schließlich erhielt die Schule den Status »Technische Hochschule«. Die TH erhielt 1900 eine Promotionsordnung und wuchs stetig, so dass um die Jahrhundertwende das Gelände in der Südvorstadt – der heutige Hauptcampus – mit Gebäuden unter anderem nach Plänen von Martin Dülfer und Karl Weißbach bebaut wurde. In diese Zeit fällt auch die Gründung eines Institutes (Kinderpoliklinik) durch Lingner und Schloßmann, aus der das heutige Universitätsklinikum Carl Gustav Carus hervorging.
Der Erste Weltkrieg mit vielen Gefallenen unter den Hochschulangehörigen bedeutete für die TH große Einschnitte. In den 1920er-Jahren lehrten viele bekannte Wissenschaftler, das Fächerspektrum erweiterte sich und das Pädagogische Institut wurde gegründet. Auf dem Campus erhielten erste Gebäude ihre Ehrennamen, die sie bis heute tragen (z. B. Zeuner-Bau).
In der Zeit des Nationalsozialismus erhielten etliche Wissenschaftler Berufsverbot, andere wiederum waren in zum Teil geheime Forschungsaufträge eingebunden. Der Campus wurde 1945 bei Bombenangriffen stark zerstört.
Unter schwierigen Bedingungen gelang mit drei Fakultäten der Wiederaufbau der Hochschule, 1949 bis 1961 auch mit einer Arbeiter-und-Bauern-Fakultät, die Arbeiter- und Bauernkinder zum Abitur führte. Für das obligatorische marxistisch-leninistische Grundlagenstudium entstand ein bis 1990 existierendes Institut (später Sektion). Die Fakultät Verkehrswissenschaften (1952 ausgegliedert, 1992 wieder eingegliedert), die Fakultät für Luftfahrtwesen und Kerntechnik sowie Hans Barkhausens Institut für Schwachstromtechnik verliehen der TH hohen Stellenwert.
Nach der Umbenennung wurde 1968 im Zuge der 3. Hochschulreform die historische Struktur der Fakultäten aufgebrochen und 22 Sektionen mit Wissenschaftsbereichen und Instituten neu gegründet. Lieselott Herforth, die erste Rektorin an einer deutschen Universität, leitete diese Umstrukturierung.
Nach der politischen Wende 1989 wurde die TUD durch die Gründung neuer Institute, Fachbereiche und Fakultäten (Jura, Wirtschaft, Philosophie, Architektur) und die Integration von anderen Dresdner Hochschulen (Medizinische Akademie »Carl Gustav Carus«, Hochschule für Verkehrswesen, Pädagogische Hochschule »Karl Friedrich Wilhelm Wander« Dresden) 1992 erstmals Volluniversität mit 14 Fakultäten.
J. S.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 15/2021 vom 5. Oktober 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.