Apr 20, 2021
»Können uns von Indien eine ganze Menge abschauen«
Indische Stiftungschefin Murty sieht noch viel Potenzial in der Kooperation mit der TU Dresden
Heiko Weckbrodt
Ingenieurinnen und Forscher aus Dresden und Bangalore wollen ihre Zusammenarbeit in der Bio- und Nanotechnologie, in der Informatiker-Ausbildung, in der Robotik und in den Informationstechnologien vertiefen. Schon heute gebe es eine »tiefe wissenschaftliche Kollaboration zwischen dem ›Indian Institute of Science‹ (IISc) in Bangalore und der TU Dresden sowie weiteren Partnerinstitutionen«, betonte die indische Milliardärin und Philantropin Sudha Murty von der »Infosys Foundation « bei einer Online-Vorlesung an der TU Dresden.
In den Fokus rücke dabei mehr und mehr der Einsatz von Nanotechnologie in den Lebenswissenschaften. »Das ist ein extrem multidisziplinäres und stark wachsendes Forschungsgebiet«, auf dem Inder wie Deutsche von sich gegenseitig ergänzenden Expertisen profitieren könnten, sagte Murty. Viel verspreche sie sich aber auch vom Programm »New Passage to India«, das die Indienkompetenz deutscher Nachwuchswissenschaftler fördern soll. Ein besonderes Anliegen sei es ihr dabei, Frauen auf allen Ebenen an dieser wissenschaftlichen Zusammenarbeit zu beteiligen, betonte die frühere Automobil-Ingenieurin.
In ihrem Referat fokussierte sich Murty unter anderem auf die Frage, was Frauen in Wirtschaft und Wissenschaft erreichen und welche Ressourcen weibliche Fach- und Führungskräfte freisetzen können. Sudha Murty selbst gilt in Indien und darüber hinaus als Musterbeispiel für eine erfolgreiche Karriere in einstigen Männerdomänen: Geboren 1950 in Shiggaon, studierte sie Ingenieurwissenschaften und Informatik und wurde als erste weibliche Ingenieurin beim größten indischen Automobilhersteller Tata angestellt. Sie machte Karriere in der Wirtschaft, betätigte sich aber auch karitativ und als Autorin. Sie ist Vorsitzende in der Stiftung von »Infosys Technologies«, einem der größten indischen Software-Unternehmen. Die Stiftung unterstützt arme Kinder und Familien vor allem auf dem Lande. Murtys Online-Vortrag an der TU Dresden hatten unter anderem der »Deutsche Akademische Austauschdienst « (DAAD) und die »Indian Association Dresden« organisiert. Laut deren Angaben stellt Indien inzwischen die zweitgrößte ausländische Studentengruppe in Deutschland nach China. Im vergangenen Jahr stieg ihre Zahl um ein Fünftel. Allein in Dresden leben rund 3000 Inderinnen und Inder, schätzte Dr. Avinash Chekuru von der »Indian Association Dresden«. Viele davon studieren an der TU Dresden, andere sind als Wissenschaftler tätig, wieder andere arbeiten in Dresdner Elektronikbetrieben, Softwareschmieden und anderen Unternehmen der Informationstechnologien (IT).
Gerade da sieht PD Dr. Hans-Georg Braun, der an der TU Dresden ein gemeinsames Internationalisierungsprojekt mit dem IISc in Bangalore leitet und selbst zeitweise in Indien gelehrt hatte, noch viele Anknüpfungspunkte. »Bei der IT-Ausbildung können wir uns von Indien eine ganze Menge abschauen«, schätzte er ein. Vor allem in der massenhaften Ausbildung von IT-Fachkräften werde dort viel getan. »Und speziell Bangalore ist ein ganz wichtiger Software- Hub in Indien«, berichtete Braun. »Dort wächst ein besonders fruchtbarer Platz für die IT-Wirtschaft, der internationale Unternehmen wie Bosch, Google und viele andere anzieht.«
»Ich sehe indische Forschungseinrichtungen als wichtige Partner in der anstehenden Digitalisierung, die eine der größten Herausforderungen der Menschheit darstellt« sagt Prof. Ronald Tetzlaff, CTIO der TU Dresden, dazu.
Doch auch auf anderen Fachgebieten könnten die TU Dresden und die Institute der südindischen Millionenstadt Bangalore ihre Kooperationen noch ausbauen. Potenzial sieht Braun etwa bei den Dresdner Exzellenzforschungen an der Echtzeit-Überwachung von Produktionsprozessen über weite Distanzen, in der Roboter- und Software-Entwicklung sowie den Versuchen, Elektronik und neuronale Systeme zu koppeln.»
Auf der anderen Seite interessieren sich die indischen Kollegen sehr für DRESDEN-concept«, berichtet Hans- Georg Braun. Dieses Netzwerk sei nicht nur deutschlandweit beispielhaft, sondern errege auch international großes Interesse. »Gerade Bangalore hat viele hochrangige Institute, die Modelle wie unser DRESDEN-concept adaptieren können.«
Kontakt für Fragen zum Thema:
Weitere Informationen zu diesem Förderprogramm beim DAAD
Indian Institute of Science: iisc.ac.in
Indian Association Dresden: iadresden.org
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 07/2021 vom 20. April 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.