04.05.2021
Mehrwegkittel, sterilisierbare Instrumente und Milchflaschen aus Glas
Umweltinitiative »Carus Green« identifiziert erfolgreich Müll-Einsparpotenzial am UKD
Dagmar Möbius
Im Universitätsklinikum Dresden müssen täglich viele Tonnen Schutzkittel und anderes Verbrauchsmaterial entsorgt werden. Monika Brandt sorgt mit ihrem Team dafür, dass weniger Abfall produziert wird.
»Von Einwegmaterialfreiheit ist die Medizin weit entfernt«, führte Professor Lutz Jatzwauk vom Zentralbereich Krankenhaushygiene und Umweltschutz des Universitätsklinikums Dresden in das von ihm moderierte Online-Symposium »Green Hospital« auf dem 15. Kongress für Krankenhaushygiene Mitte April 2021 ein. Doch der als Zweiter Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. Fungierende ist sicher, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird. Dafür spricht auch das Interesse von mehr als 100 Teilnehmern der Veranstaltung.
Krankenhäuser sind der fünftgrößte Müllproduzent in Deutschland. Spätestens mit Beginn der Corona-Pandemie wurde Medizinbetrieben bewusst, dass 95 Prozent aller Schutzkleidung wie Mund- und Atemschutzmasken, Handschuhe, Einwegkittel oder Atemschläuche aus Asien kamen. »Das muss in Zukunft ganz anders geplant werden«, sagte sich auch Monika Brandt, Betriebsbeauftragte für Umweltschutz und Abfall im Dresdner Uniklinikum. Hier werden täglich etwa 3000 Patienten behandelt. Im Klinikum entstehen pro Tag 8000 Kilogramm Abfälle. Pro Bett sechs Kilogramm. »Das jährliche Abfallaufkommen betrug 2020 rund 2800 Tonnen«, beziffert Monika Brandt. Sie engagiert sich mit ihrem Team seit Jahren für ein nachhaltiges Wirtschaften. Dass die Umweltinitiative »Carus Green« mehrfach ausgezeichnet wurde, so zum Beispiel 2015 mit dem Umweltpreis des Freistaats Sachsen in der Kategorie »Umweltorientierte Unternehmensführung sowie innovative und kreative Leistungen im Umwelt- und Naturschutz«, erwähnt sie beim Kongress nicht, dafür erklärt sie den Ansatz anschaulich.
Im Operationsbereich wurden 2020 pro Tag rund 350 Mehrwegkittel verwendet. Das sparte im Jahr 3,5 Tonnen Verpackungsabfall und 20 Tonnen Krankenhausabfall. Die eigene Zentrale Sterilgutversorgungsabteilung sterilisiert täglich 1500 Sets mit wiederverwertbaren Medizininstrumenten. Diese werden nicht mehr einzeln verpackt, sondern in OPKits. 45 000 solcher Päckchen werden jährlich verbraucht. Die Ressourcenschonung schafft nicht nur regionale Arbeitsplätze, sondern nutzt keine durch Kinderarbeit hergestellte Einwegprodukte (beispielsweise aus Pakistan) und verhindert Gefährdungen durch versehentliche Mehrwegaufbereitung.
Durch fachgerechte und konsequente Abfalltrennung lässt sich die Müllmenge um mehr als die Hälfte reduzieren. So entfallen 29 Prozent auf Wertstoffe plus 25 Prozent auf haushaltsähnliche Abfälle – beides sogenannte A-Abfälle, die aufbereitet und dem Kreislauf wieder zugeführt werden können. Der Rest: 43 Prozent Krankenhausabfälle (B-Abfälle), 1,3 Prozent infektiöse Abfälle (C-Abfälle), 0,9 Prozent umweltgefährliche Abfälle (D-Abfälle) und 0,5 Prozent ethische Abfälle (E-Abfälle) wird verbrannt.
Müll gar nicht erst entstehen zu lassen, gelingt durch sparsames, zum Beispiel doppelseitiges, Drucken auf Umweltpapier. Auch die Digitalisierung vermeidet unnötige Ausdrucke. Im Uniklinikum konnten so rund 7000 Euro Kosten pro Jahr eingespart werden. Papierkörbe ohne Beutel, geeignet für Büroräume und Pflegestützpunkte, sparten nicht nur 1,5 Tonnen Kunststoff, sondern Kosten von über 9000 Euro. Zudem wird das Papier vergütet. Auch die Wäsche wird in Mehrwegsäcken transportiert. Bei einem Verbrauch von 100 000 Stück werden vier Tonnen Kunststoff pro Jahr gespart.
Speisen und Getränke to go? Liegen im Uniklinikum natürlich auch im Trend. Aber 40 000 Einwegbehälter (entspricht 1,6 Tonnen Abfall) jährlich in den Müll geben? »Wir haben Mehrwegdosen eingeführt und Mehrwegbecher kreiert«, sagt Monika Brandt. »Im Mitarbeiter- und Besucherrestaurant CARUSO werden inzwischen über 50 Prozent Mehrwegbehälter für Speisen und Getränke außer Haus verwendet.« Auf Einwegverpackungen wird eine Umweltabgabe von 0,50 Euro pro Stück erhoben. Für die Dauer der Pandemie kann allerdings kein Mehrweggeschirr eingesetzt werden.
»Carus Green« hat noch mehr Sparpotenzial identifiziert. 150 aufgestellte Wasserautomaten sparen drei Millionen Kunststoffflaschen und 750 000 Liter Erdöl. Auch die Milchküche setzt auf das Mehrwegsystem. Täglich werden 700 Milchflaschen aufbereitet, was allein 120 Kilogramm Kunststoff pro Tag einspart. Zudem werden Handys und Stifte gesammelt und der Aufbereitung zugeführt. Insgesamt existieren am Dresdner Uniklinikum 50 verschiedene Mülltrennungsmöglichkeiten. Was Monika Brandt täglich antreibt? Ein Indianersprichwort von Sitting Bull: »Wir haben die Erde nicht von unseren Eltern geerbt, sondern wir haben sie von unseren Kindern nur geliehen.«
Kontakt zu »Carus Green«:
E-Mail:
Telefon: 0351 458-3680
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 08/2021 vom 4. Mai 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.