Nov 17, 2020
Neue Produktideen für die Bioökonomie gesucht
Neue Förderrunde des BMBF – Zwei TUD-Projekte haben es bereits geschafft, mit Pflanzenkohle und nachhaltiger Verpackung
Sandra Hübener
Bioökonomie: ein sehr abstrakter Begriff, der auf den ersten Blick nicht wirklich greifbar scheint. Bewusst offen gehalten für alle Industriesektoren, finden sich bioökonomische Ansätze in nahezu allen Lebenslagen. Ziel ist es, den Wandel zu einem nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaftssystem voranzutreiben – weg von fossilen Rohstoffen, hin zu umweltverträglichen Substituten und Kreisläufen. Gefördert wird dieses Streben nach innovativen Lösungen mit dem Ideenwettbewerb »Neue Produkte für die Bioökonomie«, einer Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Bundesweit gab es 2020 120 Einreichungen aus den Hochschulen und Forschungseinrichtungen, wovon 40 für die Sondierungsphase bewilligt wurden.
Lediglich fünf Seiten erfordert die erste Ideenskizze für den Antrag. Doch es kann zur Herausforderung werden, sich so komprimiert auf sein Vorhaben zu fokussieren. Eine, die genau das geschafft hat, ist Anne Wahl. Im Februar 2020 als Privatperson eingereicht, durfte sie sich im Mai über die Aufforderung zur Einreichung des Vollantrags freuen. Inzwischen ist Wahl mit ihrem Projekt am Institut für Abfall- und Kreislaufwirtschaft der TU Dresden angedockt und startet demnächst in die mit bis zu 65 000 Euro geförderte Sondierungsphase. Ihr Ansatz ist es, mit Pflanzenkohle versteppende Böden im Dresdner Umland Regeneration zu verschaffen und dabei Kohlenstoff zu speichern. Pflanzenkohle ist eine im Pyrolyseverfahren aus biogenen Reststoffen hergestellte Kohle, ähnlich der Aktivkohle. Im Rahmen der Sondierungsphase wird sich Wahl mit der skalierbaren Herstellung von Pflanzenkohle beschäftigen und insbesondere mit geeigneten Methoden zur Beladung. Ohne diese Beladung würde die schwammartige Pflanzenkohle dem Boden temporär wertvolle Nährstoffe entziehen. Anne Wahl hat nun ein Jahr Zeit, all ihre Fragen in Zusammenarbeit mit Forschern und verschiedenen Unternehmen zu eruieren und für die Machbarkeitsphase zu beantworten.
Zwei, die diese Antworten bereits gefunden haben, sind René Kleinert und Dr. Tilo Gailat. Mit ihrer Bio-Barriere Box arbeiten sie an einer nachhaltigen Verpackungslösung, die aus 100 Prozent natürlichen Materialien besteht. Viele Verpackungen bestehen bisher nur scheinbar aus Papier. Sie sind mit Aluminium oder Kunststoff beschichtet und können kaum recycelt werden. Das neue Verpackungskonzept verzichtet vollständig auf Kunststoffe und soll Lebensmittel künftig dennoch effektiv vor Fetten, Mineralölen und Sauerstoff schützen. Das heißt, auch in der Papierverpackung bleiben die Lieblingschips schön knackig. Nach der Verwendung landet die Verpackung ganz einfach im Papiermüll. Im Oktober 2019 starteten die beiden Wissenschaftler an der TUD-Professur für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik in die Sondierungsphase. Aktuell befinden sie sich im Endspurt für den Antrag zur Machbarkeitsphase des Programms. Hierfür konnte das Team einen Industriepartner gewinnen, der die Verpackung in großen Stückzahlen produzieren wird.
Auch im kommenden Jahr sucht das BMBF wieder neue Ideen für die Bioökonomie, die bis 15. Februar 2021 eingereicht werden können. Als Vorbereitung bietet dresden|exists am 15. Dezember einen Workshop an. Hier wird nicht nur das Programm umfassend erklärt, Studierende und Forscher können konkret an ihren Ideen arbeiten sowie die Basis für eine Antragskizze legen.
Der Online-Workshop findet am 15. Dezember 2020 von 13 bis 17 Uhr statt.
Anmeldungen per E-Mail an .
Mehr Informationen unter: www.dresden-exists.de
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 18/2020 vom 17. November 2020 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.