Steine in der Stadt
Dresden, 8. April 2009. Wir gehen oft achtlos an ihnen vorbei oder laufen über sie hinweg - Natursteine sind im Erscheinungsbild der Städte so selbstverständlich, dass kaum jemand bewusst von ihnen Notiz nimmt. Als Baustoff und Gestaltungsmittel sind sie allerdings von erheblicher Bedeutung. So wird der Charakter der Dresdner Altstadt wesentlich von ihren Sandsteinbauten geprägt und auch moderne Bauten aus Stahl, Glas und Beton sind oft mit Natursteinplatten verkleidet, um die Sichtflächen aufzuwerten. Schaut man genauer hin und lässt sich mit ihnen ein, beginnen die Steine zu reden: Einschlüsse fossiler Tiere oder Pflanzen, Kristalle und Minerale verraten etwas über ihre geologische Entstehungsgeschichte. Verschwärzte Oberflächen und Auswitterungen an älteren Bauten erzählen davon, dass auch der Stein nicht für die Ewigkeit gemacht ist und unter ungünstigen Umweltbedingungen leidet. Und schließlich ist die Art der verbauten Natursteine in einer Stadt zumindest in früherer Zeit ein Abbild der naturräumlichen Gegebenheiten ihrer Umgebung gewesen: Damals wurden meist die Gesteine verwendet, die ohne großen Transportaufwand in der nahen Umgebung beschafft werden konnten. Heute dagegen prägen Natursteine aus aller Welt das Gesicht der Fassaden.
Natursteine im Stadtbild sollen durch die Öffentlichkeit bewusster wahrgenommen werden - das ist, sehr kurz gefasst, das Anliegen des Netzwerkes „Steine in der Stadt“, einer informellen Interessenvereinigung von an diesem Thema interessierten Fachleuten (Geowissenschaftlern, aber auch Pädagogen, Architekten und Restauratoren). Koordiniert von dem Berliner Geologen Prof. Johannes Schroeder veranstaltet das Netzwerk seit 2006 jährlich eine Arbeitstagung in verschiedenen Städten, um das didaktische Potenzial freizulegen und zu nutzen, das in den Baugesteinen verborgen liegt. Nach Berlin, München und Köln war in diesem Jahr Dresden der Austragungsort der Arbeitstagung, die vor Ort vom Museum für Mineralogie und Geologie der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen zusammen mit der Professur für Angewandte Geologie am Institut für Geotechnik der TU Dresden und der Firma PAROS Naturstein (F. Heinz) organisiert wurde.
Vom 3. bis 5. April 2009 kamen ca. 50 Netzwerker aus ganz Deutschland und der Schweiz zusammen, um am ersten Tagungstag Beiträge zum Baugesteinsbild ihrer Städte, zu Erfahrungen mit thematischen Stadtführungen und Jugendarbeit oder dem im Oktober 2008 erstmals deutschlandweit veranstalteten „Tag der Steine in der Stadt“ zu präsentieren und zu diskutieren. Zum öffentlichen Abendvortrag von Prof. Heiner Siedel (TU Dresden) stießen nochmals ca. 50 Interessierte dazu, die etwas über das Baugesteinsbild der Stadt Dresden im Wandel der Zeiten erfahren wollten. Der zweite Tag war dann ganz der Stadt Dresden gewidmet: Am Vormittag führte eine Exkursion durch das Gebiet der Altstadt, am Nachmittag wurden Natursteine an Bauwerken in Dresden nach 1945 besichtigt. Am Abend konnten die pflastermüden Teilnehmer den sonnigen Frühlingstag beim Empfang im Museum für Mineralogie und Geologie in Klotzsche bei Radeberger Bier ausklingen lassen - und wer immer noch nicht genug Steine gesehen hatte, dem standen die Depots des Museums unter fachkundiger Führung der Kustoden offen. Eine kurze Exkursion am Sonntagvormittag präsentierte dann noch Bau- und Denkmalgesteine zwischen Goldenem Reiter und Albertplatz auf der Neustädter Elbseite. Mit einem Besuch im Historischen Grünen Gewölbe, das nicht nur mit den Pretiosen Augusts des Starken, sondern ebenso mit seinen bunten Marmoren aus fast vergessenen sächsischen Vorkommen in Fußböden und Türgewänden glänzen konnte, wurde das Treffen beschlossen. Und die Teilnehmer waren sich einig, dass es in Dresden durchaus mehr zu sehen gibt als „nur“ Sandstein …
Für Interessenten: www.geo.tu-berlin.de/steine-in-der-stadt
Kontakt:
Zur Tagung ist ein kleiner Stadtführer erschienen, der gegen eine Schutzgebühr von 2,- EUR am Institut für Geotechnik erhältlich ist:
Siedel, H., Lange, J.-M. & Heinz, F.: Bau- und Dekorationsgesteine in Dresden. (Ein thematischer Rundgang durch die Altstadt).
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