Versuchsgrenzlastindikatoren bei Belastungsversuchen
Inhaltsverzeichnis
Projektdaten
Titel | Title Versuchsgrenzlastindikatoren bei Belastungsversuchen | Criteria for the determination of the ultimate load during an in-situ loading test Förderer | Funding Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im BBR Zeitraum | Period 10.2009 – 08.2011 (1. Phase) 12.2011 – 12.2013 (2. Phase) Leiter | Project manager Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Manfred Curbach Bearbeiter | Contributor Dipl.-Ing. Gregor Schacht Projektpartner | Project partners Prof. Dr.-Ing. Steffen Marx (Leibniz Universität Hannover) | Prof. Dr.-Ing. Guido Bolle (Hochschule Wismar) |
Kurzbeschreibung
Sehr oft sind Bauingenieure damit beschäftigt, neue Bauwerke zu konstruieren. Doch seit einiger Zeit steigt der Bedarf an einer Weiter- bzw. Umnutzung bestehender Gebäude stetig an.Dabei erfordert der Umgang mit bestehenden Gebäuden eine grundsätzlich andere Herangehensweise als der Neubau. Das Bauwerk existiert bereits und Geometrie- und Bauteileigenschaften können nur noch geringfügig beeinflusst werden. Neben der baustofflichen und bauphysikalischen Untersuchung liegt das Hauptaugenmerk vor allem auf der Bewertung der Tragfähigkeit und Nutzungssicherheit der Bestandsgebäude. Diese Beurteilung ist besonders bei Bauwerken mit Baustoff- und Konstruktionsmängeln oder mit Schäden schwierig, bei denen sich die erforderliche Tragsicherheit rechnerisch nicht nachweisen lässt. Weitere Schwierigkeiten entstehen durch fehlende oder unvollständige Bestandspläne oder bei Unklarheiten über den statischen Lastabtrag. In solchen Fällen ist die experimentelle Tragsicherheitsbewertung eine sichere und wirtschaftliche Alternative zur Beurteilung der Tragsicherheit von Baukonstruktionen. In vielen Fällen können damit die Trageigenschaften wirklichkeitsnah eingeschätzt und Tragreserven erschlossen werden, so dass eine aufwändige Verstärkung oder gar ein Ersatzneubau nicht erforderlich sind. Die Versuchsziellast ergibt sich aus den Nutzungsanforderungen des Bauwerkes und ist die Last, die im Versuch nachgewiesen werden soll. Die Festlegung sinnvoller Abbruchkriterien wie z. B. der sogenannten Versuchsgrenzlast kann dagegen weitaus schwieriger sein. So kommt es immer wieder vor, dass vorhandene Tragreserven bei Tragwerken mit geringer Duktilität aufgrund fehlender Bewertungskriterien nur bedingt berücksichtigt werden können. Deshalb wird in diesem Forschungsvorhaben daran gearbeitet, auch für diese Art von Tragwerken Indikatoren zu entwickeln, die eine zuverlässigere Bestimmung der Versuchsgrenzlast ermöglichen. Dazu werden neben der herkömmlichen Messtechnik vor allem 2D- oder 3D-Messverfahren wie die Photogrammetrie und die Schallemissionsanalyse verwendet. Durch die Kombination dieser Messverfahren soll eine wesentliche Verbesserung der Informationsqualität während eines Belastungsversuches erreicht werden. Ziel ist es, objektive Kriterien für die Bestimmung der Versuchsgrenzlast definieren zu können. Dadurch soll gewährleistet werden, dass beginnendes nichtlineares Strukturverhalten auf sehr geringem Lastniveau unmittelbar während des Versuches festgestellt und damit die Versuchsgrenzlast schädigungsfrei ermittelt werden kann.
Bericht aus dem Jahrbuch 2013
Bilder, die die Sicherheit erhöhen
Stahlbetonbauteile können, abhängig von der aufgebrachten Belastung und der Ausführung des Bauteils unterschiedlich versagen. Dabei ist das Ziel einer jeden Bemessung und konstruktiven Durchbildung, dass sich das Versagen vor dem Eintreten deutlich ankündigt und keine Gefährdung für Leib und Leben besteht. Diese garantierte Vorankündigung des Versagens ist bei heutigen Bauteilen und Bauwerken durch Mindestanforderungen in den gültigen Normen gesichert, doch haben ältere Bauwerke oft gerade hinsichtlich dieser Eigenschaft Schwächen. Ein Hauptproblem ist z. B. eine oft zu geringe oder sogar fehlende Bewehrung für eine primäre Querkraftbeanspruchung, die im Falle einer schrägen Rissbildung diesen Riss überbrücken und ihn zusammenhalten kann.
Um solche älteren Bauwerke trotzdem sicher durch Belastungsversuche untersuchen und ihre Tragfähigkeit nachweisen zu können, wird in einem Forschungsvorhaben der Versagensablauf eines Querkraftversagens näher untersucht. Ziel ist es, durch eine Kombination von Photogrammetrie, Schallemissionsanalyse und herkömmlicher Messtechnik die Informationen über den Tragzustand eines auf Querkraft beanspruchten Bauteiles deutlich zu erhöhen und den Rissentwicklungsprozess in Zeit und Raum besser aufzulösen. Bei Schubversagen ist die Analyse der Rissentwicklung eines der wichtigsten Messziele, da globale Verformungsinformationen, wie z. B. Durchbiegungen, bei dieser Versagensart keine zuverlässige Beurteilung erlauben.
In den experimentellen Untersuchungen an Balken ohne und mit geringer Bügelbewehrung zeigte sich, dass insbesondere die Photogrammetrie ein sehr effektives und mächtiges Messverfahren darstellt. Um die Rissbildung photogrammetrisch und online während des Versuches analysieren zu können, d. h. kleinste Verschiebung an den Seitenflächen der Balken sichtbar zu machen, wurde der Balken künstlich texturiert und eine eigene Auswertesoftware entwickelt. Die Verfolgung der Verschiebung dieser Punkte in aufeinander folgenden Bildserien und die Auswertung über eine Einfärbung der gerissenen Bereiche am Computer erlaubte die frühzeitige Erkennung einer beginnenden Schädigung und somit auch der zulässigen Belastung für eine spätere Nutzung. Die Verknüpfung der Messergebnisse der anderen Messtechniken mit den photogrammetrischen Auswertungen führte zu einer deutlich verbesserten Auflösung des Versagensprozesses in Zeit und Raum und einem tieferen Verständnis der zum Versagen führenden Prozesse.
Bericht aus dem Jahrbuch 2012
Schubversagen besser sehen, hören und fühlen
Ältere Stahl- oder Spannbetonkonstruk-tionen besitzen oft zu wenig Bewehrung, um die rechnerischen Anforderungen der heutigen Normen zu erfüllen. Da aber nicht all diese Tragwerke einfach abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden können, sind Bauingenieure gefragt, versteckte und rechnerisch nicht berücksichtigte Tragreserven aufzuspüren und zu nutzen.
Eine sehr effiziente Möglichkeit, diese Tragreserven zu bestimmen, ist die experimentelle Untersuchung der Bauwerke. Dabei wird die zu untersuchende Konstruktion gezielt und selbstsichernd mit hydraulischen Pressen beansprucht und die Bauteilreaktion gemessen. Eine Schädigung des Bauteils während der Untersuchung ist dabei auszuschließen, d. h. der Schädigungsbeginn muss sicher detektiert werden können. Dies ist bisher nicht für alle möglichen Versagensformen von Stahlbetonkonstruktionen sicher möglich, da die üblicherweise verwendeten globalen Verformungsmessungen eine Vorankündigung des Versagens nicht immer sicher zeigen. Relativ gutmütig sind Biegebeanspruchungen, da hier große Durchbiegungen und/oder Rissbildung dem Beobachter ein nahes Versagen ankündigen können. Sehr kritisch hingegen sind eher spröde Versagensformen wie z. B. das Druckversagen bei unbewehrten Querschnitten oder – und dies ist oftmals besonders kritisch – ein Versagen wegen eines nicht ausreichenden Querkraftwiderstandes.
Im Rahmen eines Forschungsvorhabens wird deshalb versucht, mit Hilfe verschiedener moderner Messverfahren die Informationen über den Tragwerkszustand in Echtzeit zu verbessern. Die parallel angewendeten Messverfahren der Photogrammetrie, der Schallemissionsanalyse und der bereichsweisen Verformungsmessung mit Neigungssensoren verstärken die menschlichen Sinne Sehen, Hören und Fühlen und erlauben so eine frühzeitige Erkennung der beginnenden Schädigung bei Schubversuchen an Stahlbetonbauteilen ohne Bügelbewehrung. Die Kombination der verschiedenen Messergebnisse verbessert die Qualität der Ergebnisse deutlich und ermöglicht die exakte Beschreibung des Tragwerkszustandes.
In ersten Testversuchen wurde die Onlinefähigkeit der photogrammetrischen Auswertung bereits erfolgreich erprobt und soll in den nächsten Schritten auch bei großen Versuchskörpern eingesetzt werden.
Bericht aus dem Jahrbuch 2011
Vorankündigung von Schubversagen
Für die experimentelle Untersuchung von bestehenden Stahlbetonkonstruktionen ist es entscheidend, dass das Tragverhalten unmittelbar während des Versuches genau analysiert und bewertet werden kann. Nur dadurch kann ein sich ankündigendes Versagen rechtzeitig erkannt und eine unzulässig starke Schädigung der Struktur vermieden werden. Anders als beim Biegeversagen ist dies für gering-duktile Versagensarten, wie z. B. für das Schubversagen von Stahlbetonbauteilen ohne Bügelbewehrung, aufgrund ihrer geringen Vorankündigung bisher nicht sicher möglich.
Ziel des Vorhabens ist die genaue Untersuchung des Tragverhaltens von Stahlbetonbauteilen ohne Bügelbewehrung und die Entwicklung sogenannter Versuchsgrenzlastindikatoren, die eine sichere Echtzeitbewertung des Tragwerkszustandes während einer experimentellen Tragsicherheitsbewertung erlauben und so eine unzulässige Schädigung des Tragwerks verhindern.
Dazu werden neben der herkömmlichen Messtechnik vor allem flächenhafte Messverfahren, wie die Photogrammetrie und die Schallemissionsanalyse verwendet. Ein besonderes Ziel ist es, vor allem durch die Kombination der genannten Messverfahren eine wesentliche Verbesserung der Informationsqualität während des Belastungsversuches zu erreichen und aus der Auswertung der Messergebnisse objektive Kriterien für die Bestimmung der Versuchsgrenzlast zu definieren.
In den durchgeführten Schubversuchen zeigte sich, dass durch die gewählten Messverfahren eine gewisse Vorankündigung im Versuch detektierbar ist. Die Abbildung unten zeigt einen direkten zeitlichen Vergleich der Messtechniken. Es ist erkennbar, dass sowohl die Schallemission als auch die Photogrammetrie die sich einstellende Schrägrissbildung früh anzeigen, so dass der kritische Tragwerkszustand ausreichend vorzeitig erkannt werden kann.
In den nächsten Schritten sollen die theoretischen und experimentellen Erkenntnisse zu Indikatoren weiterentwickelt werden, die dann in sich anschließenden experimentellen Untersuchungen erprobt und verifiziert werden.
Bericht aus dem Jahrbuch 2010
Vorankündigung von Schubversagen
Sehr oft sind Bauingenieure damit beschäftigt, neue Bauwerke zu konstruieren. Doch seit einiger Zeit steigt der Bedarf an einer Weiter- bzw. Umnutzung bestehender Gebäude stetig an.
Dabei erfordert der Umgang mit bestehenden Gebäuden eine grundsätzlich andere Herangehensweise als der Neubau. Das Bauwerk existiert bereits und Geometrie- und Bauteileigenschaften können nur noch geringfügig beeinflusst werden. Neben der baustofflichen und bauphysikalischen Untersuchung liegt das Hauptaugenmerk vor allem auf der Bewertung der Tragfähigkeit und Nutzungssicherheit der Bestandsgebäude. Diese Beurteilung ist besonders bei Bauwerken mit Baustoff- und Konstruktionsmängeln oder mit Schäden schwierig, bei denen sich die erforderliche Tragsicherheit rechnerisch nicht nachweisen lässt. Weitere Schwierigkeiten entstehen durch fehlende oder unvollständige Bestandspläne oder bei Unklarheiten über den statischen Lastabtrag. In solchen Fällen ist die experimentelle Tragsicherheitsbewertung eine sichere und wirtschaftliche Alternative zur Beurteilung der Tragsicherheit von Baukonstruktionen. In vielen Fällen können damit die Trageigenschaften wirklichkeitsnah eingeschätzt und Tragreserven erschlossen werden, so dass eine aufwändige Verstärkung oder gar ein Ersatzneubau nicht erforderlich sind.
Die Versuchsziellast ergibt sich aus den Nutzungsanforderungen des Bauwerkes und ist die Last, die im Versuch nachgewiesen werden soll. Die Festlegung sinnvoller Abbruchkriterien wie z. B. der sogenannten Versuchsgrenzlast kann dagegen weitaus schwieriger sein. So kommt es immer wieder vor, dass vorhandene Tragreserven bei Tragwerken mit geringer Duktilität aufgrund fehlender Bewertungskriterien nur bedingt berücksichtigt werden können. Deshalb wird in diesem Forschungsvorhaben daran gearbeitet, auch für diese Art von Tragwerken Indikatoren zu entwickeln, die eine zuverlässigere Bestimmung der Versuchsgrenzlast ermöglichen. Dazu werden neben der herkömmlichen Messtechnik vor allem 2D- oder 3D-Messverfahren wie die Photogrammetrie und die Schallemissionsanalyse verwendet.
Durch die Kombination dieser Messverfahren soll eine wesentliche Verbesserung der Informationsqualität während eines Belastungsversuches erreicht werden. Ziel ist es, objektive Kriterien für die Bestimmung der Versuchsgrenzlast definieren zu können. Dadurch soll gewährleistet werden, dass beginnendes nichtlineares Strukturverhalten auf sehr geringem Lastniveau unmittelbar während des Versuches festgestellt und damit die Versuchsgrenzlast schädigungsfrei ermittelt werden kann.