Untersuchung des Rissverhaltens von Ortbetonpfählen
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Projektdaten
Titel | Title Untersuchung des Rissverhaltens von Ortbetonpfählen | Studies on the crack behaviour of cast-in-situ concrete piles Förderer | Funding Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) | Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) Zeitraum | Period 2003 – 01.2006 Leiter | Project Manager Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Manfred Curbach Bearbeiter | Contributors Dr.-Ing. Torsten Hampel, Dipl.-Ing. Silvio Weiland |
Kurzbeschreibung
Bei verschiedenen Bauvorhaben werden Ortbetonpfähle bei Pfahlgründungen oder Stützwänden so ausgebildet, dass sie neben der Normalkraft durch große Momente beansprucht werden. Häufig werden für die Pfähle lediglich die Nachweise im Grenzzustand der Tragfähigkeit geführt. Die Nachweise im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit - insbesondere der Rissbreitennachweis - werden im allgemeinen nicht geführt. Bei Rechteckquerschnitten ist ein Nachweis der Rissbreite einfach zu führen. Die erforderliche Stahlspannung kann durch die Kenntnis der Gestalt der Druckzone aus Gleichgewichtsbedingungen ermittelt werden. Da die Bewehrung bei Rechteckquerschnitten auch beim Vorhandensein mehrerer Lagen konzentriert auf der Zugseite liegt, kann davon ausgegangen werden, daß jeder im Zugbereich vorhandene Stahl näherungsweise die gleiche Spannung aufweist.
Im Gegensatz dazu weisen Kreisquerschnitte mehrere Besonderheiten auf. So kommt es auch bei einer linearen Spannungsverteilung in der Druckzone, wie sie üblicherweise im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit angenommen werden darf, infolge der Krümmung der Oberfläche zu einer geometrischen Nichtlinearität. Dadurch tritt nur in einem ganz geringen Teil des Querschnitts - in der äußersten Faser - die maximale Spannung auf. Das führt unter anderem dazu, daß im Vergleich zu einem Recheckquerschnitt bei gleicher statischer Nutzhöhe die Druckzone größer und der innere Hebelarm kleiner wird. Durch die über den gesamten Umfang verteilte Bewehrung liegt ein Teil des Stahls auf der Zugseite und ein Teil als Druckbewehrung in der Druckzone. Gleichzeitig ist die Spannung im Stahl durch die Verteilung über den Umfang in jedem Teil des Querschnitts unterschiedlich. Während der zugbeanspruchte Stahl mit dem größten Abstand zur Spannungsnullinie bereits plastiziert sein kann, werden Stähle, die nahe der Druckzone liegen, nahezu spannungslos sein. Da nur wenige Stähle die maximale Spannung aufweisen, ist die Gefahr der Plastifizierung unter Gebrauchslastniveau und damit das Entstehen breiter Risse wahrscheinlicher als bei vergleichbaren Rechteckquerschnitten.
Weiterer Forschungsbedarf entsteht dadurch, dass sich mit der Einführung der neuen DIN 1045-1 bzw. des DIN Fachberichts 102 das Nachweiskonzept des Rissbreitennachweises im Vergleich zur derzeit gültigen DIN 1045 ändert. In der jetzigen Norm wird ausschließlich der Zeitpunkt der abgeschlossenen Rissbildung untersucht. Zukünftig ist es erforderlich, zusätzlich den Zeitpunkt der Erstrissbildung nachzuweisen. Durch das Auftreten des ersten Risses kommt es zu einem sprunghaften Anstieg der Stahlspannung. Diese Stahlspannung kann unter Umständen größer sein als die Spannung, die im Stahl bei abgeschlossener Rißbildung vorhanden ist.
Dieser Bericht ist vor allem zur praktischen Bewertung von konkreten Aufgabenstellungen bei Kreisquerschnitten wie z.B. Bohrpfählen gedacht. Durch diese Arbeit kann mit vertretbarem Aufwand festgestellt werden, ob für den jeweilig untersuchten Querschnitt eine Rissgefährdung im Gebrauchslastzustand vorliegt oder nicht und ob im gegebenen Fall zusätzliche Maßnahmen zur Risssicherung erforderlich sind. Bei der Untersuchung der Probleme wird zwischen beiden Fassungen der Stahlbetonnormen (alt - neu) unterschieden und somit werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet sowie etwaige Konsequenzen aufgezeigt. Innerhalb dieser Forschungsarbeit wurden sowohl der Grenzzustand der Tragfähigkeit als auch der Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit bezüglich der geltenden Normen im Vergleich zu den Versuchsergebnissen untersucht. Es kann hinsichtlich des Grenzzustands der Tragfähigkeit festgestellt werden, dass die ermittelten Versuchswerte mit beiden Vorschriften ausreichend zuverlässig beschrieben werden können. Hierbei ist die Verwendung des Formfaktors der die zum Bauteilrand hin abnehmende Druckzonenbreite berücksichtigt (siehe DIN 1045-1:2001-07), zwar empfehlenswert, jedoch nicht zwingend notwendig.
Hinsichtlich des Grenzzustands der Gebrauchstauglichkeit kann festgestellt werden, dass die Nulllinienlage bei Kreisquerschnitten ausreichend genau mit dem n-Verfahren beschrieben werden kann. Bezüglich der rechnerisch ermittelten Randspannungen kann ebenfalls festgestellt werden, daß das n-Verfahren hinreichend genaue Ergebnisse liefert. Dabei hat sich herausgestellt, dass für die Berechnung der Spannungen im Kurzzeitversuch für das Verhältnis der E-Moduli von Stahl und Beton der Faktor n = 7, für die Berechnung realer Bauwerke sowie der Rissbreiten der Faktor n = 10 anzusetzen ist. Weiterhin kann festgestellt werden, dass die beobachteten mit den gemessenen Rissbreiten hinreichend genau übereinstimmen. Grundsätzlich können die Rissbeziehungen somit auch auf Kreisquerschnitte angewandt werden. Eine bessere Anpassung der rechnerischen Rissgrundlagen ist Gegenstand weiterer Forschungsvorhaben.
Abschließend kann festgestellt werden, dass für den konkreten Fall, der vorwiegenden Biegebeanspruchung, die Rissbreitenbeschränkung für die Bemessung der Bewehrung in jedem Fall maßgebend wird. In Einzelfällen kann es vorkommen, daß die eingelegte Mindestbewehrung für die Begrenzung der Rissbreite nicht ausreichend ist. Die in diesem Bericht bereitgestellten Bemessungsdiagramme liefern für die konkret untersuchten Geometriebedingungen ausreichend genaue Lösungen.