West Greenland 2019
2 Mitarbeiter des Instituts sind für knapp 2 Monate im westlichen Dronning-Maud-Land in der Ostantarktis unterwegs. Ziel ist es in der Region der Kottas-Berge GPS-Messungen an vermarkten Felspunkten zu wiederholen, die seit Beginn der Aktivitäten der Arbeitsgruppe in den Jahren 2004/2005 existieren. Zusätzlich soll eine neue Permanentstation installiert werden. Eine besondere Herausforderung ist hierbei die Einrichtung einer stabilen Stromversorgung, um ein Funktionieren der exponierten Messtechnik auch unter widrigsten Witterungsbedingungen zu gewährleisten.
Zunächst wird von der deutschen Antarktisstation Neumayer III startend per Konvoi ein Basiscamp in die Kottasberge ausgebracht.
Alle GPS-Punkte werden von diesem Camp aus per Toyota Hilux oder Schneemobil angefahren, teilweise sind die Entfernungen so groß, dass Satellitencamps eingerichtet werden müssen. Unser Dank geht an die schwedischen Kollegen, die uns die Nutzung der schwedischen Forschungsstation Svea zu Übernachtungszwecken gestatten.
Der Verlauf der Expedition und der Fortschritt der Arbeiten wird hier durch wöchentliche Berichte präsentiert.
Mittels geodätischer GNSS-Messungen soll die Deformation der Erdkruste in Dronning-Maud-Land, Ostantarktika (ungefähr 71° bis 75°S und 13°W bis 14°O), in einer höheren räumlichen Auflösung und über einen Zeitraum von teilweise mehr als 20 Jahren bestimmt werden. Die Reaktion der festen Erde auf gegenwärtige und vergangene Eismassenänderungen, nämlich die sofortige elastische Reaktion bzw. der glazial-isostatische Ausgleich (GIA), soll abgeschätzt werden. GIA verursacht nach wie vor die größte Unsicherheit bei der satellitengravimetrischen Bestimmung der Massenbilanz des Antarktischen Eisschilds.
Die Reaktion der festen Erde ist vor allem in der vertikalen Koordinatenrichtung als Heben oder Senken der Erdkruste feststellbar und beträgt einige Millimeter pro Jahr. Diese Änderung der Punktkoordinaten ist mittels wiederholter, präziser GNSS-Messungen sehr genau bestimmbar. GNSS-Messungen auf Fels stellen bisher die einzige Möglichkeit dar, den GIA-Effekt direkt zu bestimmen.
Im Rahmen der Feldarbeiten sollen 8 Punkte des GPS-Netzes im westlichen Dronning-Maud-Land wiederholt beobachtet werden. Zusätzlich soll das bestehende Netz aus Kampagnen-Punkten um eine kontinuierlich messende Station ergänzt werden.
Im Dronning-Maud-Land werden vergleichsweise kleine Deformationen erwartet, die allerdings bisher nur durch wenige GNSS-Messungen bestimmt wurden. Die (linearen) vertikalen Deformationsraten können dabei mit einer Genauigkeit von wenigen mm/a abgeleitet werden.
Das Projekt wird durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG gefördert.
Link: https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/404719077
Am Samstag den 4.1.2020 sind wir pünktlich kurz vor 19 Uhr von Dresden über Frankfurt/Main in Richtung Kapstadt aufgebrochen, wo wir am Sonntag 11 Uhr Ortszeit eingetroffen sind. Am Dienstag stand die Abgabe des Fluggepäcks sowie das Sicherheits-Briefing bei ALCI auf dem Plan. Unser Flug in die Antarktis wurde auf Mittwoch (8.1.) 22 Uhr terminiert. Am Mittwoch Nachmittag erhielten wir die Information, dass unser Flug um 24 Stunden auf Donnerstag verschoben werden musste. Mit einer Boeing 757 ging es dann kurz nach Mitternacht, also Freitag früh (0:30 Uhr) endlich los. Die Flugzeit wurde mit ca. 5 1/4 Stunden angegeben. Aufgrund von starken Seitenwinden konnte die geplante Landeposition in Antarktika (Novo Airbase) nicht erreicht werden, so dass das Flugzeug umdrehen musste. Kurz nach 7 Uhr landeten wir also wieder in Kapstadt und reisten nach knapp 12 Stunden Abwesenheit erneut in Südafrika ein. So zeigte sich schon bei der Anreise, wie stark die aktuellen Wetterverhältnisse das Arbeiten in Antarktika beeinflussen. Schließlich flogen wir am Dienstag (14.01.) um 13:00 Uhr in Kapstadt los, um bei sehr ruhigem Flug nach ca. vier Stunden erste Eisberge ausmachen zu können und kurze Zeit später große Flächen mit Meereisbedeckung. In Vorbereitung auf die baldige Landung streiften wir uns unsere Polarkleidung über und erwarteten mit zunehmender Vorfreude unsere Ankunft. Um ca. 18:30 Uhr war es dann soweit: Die Boeing landete sehr sanft auf der bestens präparierten Piste in Novo Airbase. Erste Etappe erfolgreich – Antarktika ist erreicht!
Nach einer kurzen Pause ging es gleich weiter mit einer Basler zur Station Neumayer, die auf dem Ekström-Schelfeis gelegen ist. Seitdem waren unsere Tage von den Vorbereitungen auf die Traverse und das Feldlager geprägt: Ausrüsten der Fahrzeuge mit unserem Messinstrumentarium (kinematisches GNSS auf dem Arctic Truck und einem der beiden Pistenbullys), Ordnen und Verstauen der Fracht, Inspektion der Technik... Für die Unterkunft unserer kleinen Gruppe, bestehend aus uns beiden Dresdnern und zwei Logistikern vom AWI, steht ein neuer Wohncontainer zur Verfügung.
Freitag, der 17.01.2020: Es kündigt sich schlechtes Wetter an. Ab Freitag Abend werden starke Winde vorausgesagt, die unsere Abreise nach Kottas um circa zwei Tage verzögern. Diese zusätzliche Zeit nutzen wir für die finale Bearbeitung unserer Traversenroute sowie die Vorbereitung zusätzlicher GPS-Geräte. Am nächsten Tag hat der Sturm seinen Höhenpunkt erreicht, Windgeschwindigkeiten bis 90 km/h und starke Schneedrift bieten ein beeindruckendes Schauspiel... Seit Samstag warten wir auf Besserung des Wetters; am Sonntag lässt der Wind langsam nach, die Sichtweite nimmt zu. Wir sind optimistisch, am Montag Nachmittag oder Dienstag früh Richtung Kottas aufbrechen zu können.
Nachdem in der Nacht vom Sonntag zum Montag der Sturm und die damit verbundene Drift aufgehört hatte, war am Montag das große Säubern vom Schnee angesagt. Dienstag Morgen hieß es dann erstmal Abschied von der Neumayer-Station nehmen.
Von Neumayer zur Position des Kottas-Camps sind es ca. 400 km. Auf der Traverse Richtung Süden ging es recht zügig voran, so dass wir am Freitag Nachmittag in Kottas eingetroffen sind. Nach einer ersten kleinen Erkundungsrunde mit dem Toyota Hilux (unserem momentanen "Dienstauto") haben wir unser vorläufiges Camp ca. 1km entfernt vom Weigel-Nunatak aufgeschlagen.
Heute konnten wir die ersten beiden GPS-Punkte aufbauen und danach die Fahrt zu dem am weitesten östlich gelegenen GPS-Punkt Drabanten vorbereiten. Somit werden wir am morgigen Sonntag unterwegs sein - deshalb fällt auch dieser Bericht sehr kurz aus.
Da unser letzter Wochenbericht ja etwas kurz geraten war und nur bis letzten Samstag (25.01) reichte, beginnt dieser Wochenbericht am letzten Sonntag den 26.01.
Nachdem wir zwei GNSS-Punkte nahe unseres Camps bereits ausbringen konnten, stand nun der erste Punkt in größerer Entfernung auf dem Plan - DRAB. Dieser liegt ca. 140km von unserem Camp entfernt und wir rechneten mit einem Tag Hinfahrt und Aufbau und einem Tag Rückfahrt.
Jedoch führte der hervorragende Untergrund ("Autobahn on Ice") sowie das problemlose Ausbringen des GNSS-Punktes dazu, dass wir die einfache Strecke in ca. 5h bewältigen und am gleichen Tag die Rückreise zum Camp Kottas antreten konnten.
Durch den gewonnenen Tag hatten wir am Montag genügend Zeit zur Vorbereitung der zweiten längeren Tour (4 Tage) für die folgenden vier Punkte STEI (Steinnabben), MONS (Monsrudnabben), VARD (Vardeklettane) und RIST (Ristinghortane) - das heißt Packen der Ausrüstung (Geräte, Proviant und Zelt) und Überprüfung unseres Dienstwagens.
So brachen wir am Dienstag auf, um den GNSS-Punkt STEI auszubringen und anschließend zur schwedischen Sommerstation SVEA weiter zu fahren.
Die dortige GNSS-Station konnten wir durch einen Empfängerwechsel wieder betriebsfähig machen. Das Seismometer benötigte hingegen einen neuen Datenlogger, um seinen Dienst wieder aufnehmen zu können - auch dieses Problem haben wir behoben.
Die anschließende erholsame Nacht in der Station bereitete uns gut auf die kommenden anstrengenden Tage vor.
Am nächsten Tag verließen wir nach einem motivierenden starken Kaffee und bei wolkenlosen blauen Himmel SVEA in Richtung MONS. Gegen Mittag erreichten wir den GNSS-Punkt, der trotz starken Windes auf dem Nunatak aufgebaut werden konnte. Die verbleibende Tagesaufgabe bestand in die Weiterfahrt zum temporären Camp und dessen Aufbau. Leider dauerte die Weiterfahrt unerwartet lang, da schwerer Untergrund nur langsames Vorankommen zuließ.
Das Zelt bot in der folgenden Nacht Schutz gegen den aufkommenden Wind, dicke Schlafsäcke sorgten für wohlige Wärme auch bei -20°C Umgebungstemperatur.
So konnten wir am folgenden Tag motiviert zum ca. 50km entfernten Punkt VARD aufbrechen. Diesmal erwartete uns einmal mehr hervorragendes Wetter und tadelloses Untergrund, auch der Aufbau des Punktes erfolgte einmal mehr problemlos. Der höchste Punkt dieses Nunataks belohnte uns mit einem atemberaubenden Ausblick.
Die Tour zum Punkt RIST stellte sich bereits bei den Vorbereitungen als wahrscheinlich anspruchsvollste Aufgabe heraus. Die relativ "starke" Mittagssonne führt zum Aufweichen des Untergrunds und würde uns die Fahrt nach RIST erschweren, dies versuchten wir durch einen frühen Start von vor 4:00 Uhr zu umgehen. Anfangs kamen wir gut voran, mussten jedoch nach ca. 20 km feststellen, dass die schlechten Bedingungen ein Weiterfahren nicht ermöglichte, so dass wir beschlossen, diese Tour abzubrechen. So verblieb an diesem Tag der Abbau des temporären Camps und die Rückkehr zum Basislager an Kottas. Dort erwarteten uns bereits die beiden AWI-Logistiker Urs und Christian, ein warmes Mittag und eine Dusche...
Damit konnten - bis auf einen - alle GNSS-Punkte besetzt werden. Die nächsten Aufgaben werden der Aufbau einer permanenten GNSS-Station am Weigel-Nunatak unweit des Kottas Camps sowie das Einholen der GNSS-Ausrüstungen von den temporär besetzten Punkten sein. Der erste Punkt, nämlich DRAB, wurde von Eric und Christian an diesem Sonntag erfolgreich eingeholt.
An dieser Stelle möchte ich im besonderen Maße unsere beiden Techniker Urs und Christian loben, die jedwede technische Schwierigkeit in Windeseile und mit höchstes Motivation beheben und zum morgendlichen Kaffee stets mit guter Laune erscheinen!
Beste Grüße aus Kottas,
Lutz und Eric sowie Christian und Urs
... wir schließen nahtlos an den Bericht der letzten Woche an.
Am Montag (3.2.) setzte Lutz mit Christians Hilfe den Aufbau der Permanentstation am Weigel-Nunatak fort. Zur gleichen Zeit machten sich Eric und Urs auf, um die sich noch im Feld befindlichen GPS-Punkte (STEI, MONS, VARD) abzubauen und dabei einen weiteren Abstecher zur schwedischen Sommerstation SVEA zu machen. Dort konnte die Ausrüstung vom Punkt STEI problemlos geborgen werden. Am darauffolgenden Tag war aufgrund des hervorragenden Wetters die Station MONS schnell abgebaut. Eric und Urs fuhren daraufhin direkt zum Punkt VARD weiter, wo sie bei Tee und einer warmen Suppe bis 24 Uhr UTC warteten, um die Datenaufzeichnung für eine volle 24-Stunden-Periode abzuschließen, bevor sie die Ausrüstung abbauten. Da sich für den kommenden Tag schlechtes Wetter mit geringen Kontrasten ankündigte, begaben sie sich direkt danach auf die Rückfahrt zum Kottas-Camp. Der nun langsam zu Ende gehende Polartag führte dazu, dass die Sonne zeitweise hinter den nahen Bergen der Heimefront-Fjella verschwand und auf dem Heimweg die Schneeoberfläche in ein warmes Rot tauchte.
Sie erreichten das Camp ca. 5 Uhr morgens (am Mittwoch, 5.2.). Nach einigen Stunden Schlaf stand an diesem Tag die Vorbereitung zur Rückfahrt nach Neumayer auf dem Plan. Das Zusammenpacken und Zusammenstellen des Schlittenzuges übernahmen dabei weitestgehend Urs und Christian, während Eric und Lutz die Permanentstation einer finalen Inspektion unterzogen.
Der Donnerstag begrüßte uns mit starkem Nebel, recht frischen Winden und damit verbundenem Schneefegen. Urs und Christian brachen mit den Kässbohrern Richtung Neumayer auf, während Lutz und Eric noch die restlichen beiden Stationen KOT1 und KOTA bargen und sich dann mit dem Hilux anschlossen.
Da sich für den heutigen Sonntag schlechteres Wetter (starke Winde) ankündigte, waren es im allgemeinen Interesse die Traverse nach Neumayer (ca. 400km) möglichst schnell hinter uns zu bringen. Unsere hochmotivierten Techniker scheuten dabei nicht davor zurück, die ganze Nacht hindurch zu fahren, und so erreichten wir Neumayer am Freitag (7.2.) gegen 18 Uhr - also pünktlich zum Abendbrot und zum vielfältigen Erstaunen der Neumayerianer. Die Belohnung waren eine heiß ersehnte lange, warme Dusche und ein kühles Bier ...
Insgesamt konnten wir also 6 von 7 geplanten Kampagnen-Stationen besetzen und erfolgreich Wiederholungsmessungen durchführen. Dazu wurde an Kottas eine neue Permanentstation eingerichtet. Damit läßt sich also ein überaus erfolgreicher Zwischenstand der Expedition konstatieren.
Unsere Planung sieht vor, in der nächsten Woche zum ca. 150 km entfernten Forstefjell zu fahren. Dort soll eine weitere permanente GPS-Station errichtet werden.
Beste Grüße aus Neumayer,
Lutz und Eric