Dronning-Maud-Land 2022/2023
Aufgrund der Corona-Pandemie konnten in den vergangenen beiden Saisons 2020/2021 und 2021/2022 keine geodätischen Messungen im Dronning-Maud-Land stattfinden. Deshalb freuen wir uns um so mehr, dass in der laufenden Antarktissaison 2022/2023 wieder geodätische Arbeiten im Gebiet des westlichen Dronning-Maud-Lands möglich sind.
Diesmal sind wir mit unserer Arbeitsgruppe an zwei Expeditionen beteiligt:
Lutz Eberlein wird im Rahmen von ANT-LAND 2022/2023 von der deutschen Antarktisstation Neumayer III aus die permanenten GNSS-Stationen Forstefjell und Kottas-Berge aufsuchen, um dort Wartungsarbeiten und eine Erweiterung um eine Satellitenkommunikation (via Iridium) vorzunehmen. Diese Arbeiten erfolgen in enger Kooperation mit dem Alfred-Wegener-Institut (Sektion Geophysik sowie Logistik). Der Transport erfolgt mit den durch die Firma Arctic Trucks umgebauten Toyota Hilux-Fahrzeugen, die sich bereits bei unserem Einsatz 2020 bewährt hatten.
Eric Buchta und Benjamin Schröter nehmen an der südafrikanischen Antarktisexpedition (SANAE) teil. Mit dem Forschungseisbrecher SA Agulhas II geht es von Kapstadt aus in die Antarktis, wo die beiden Kollegen von der Station SANAE-IV aus arbeiten werden. Die fünf bis sechs GNSS-Messpunkte sollen mit Helikopter, die auf dem Schiff mitgeführt werden, angeflogen werden. Da die Erstmessung während der gemeinsam mit der AWI-Geophysik realisierten Messkampagne JUTEX 2001/2002 erfolgte, hoffen wir, durch die Wiederholungsmessung die eisinduzierte Deformation der Erdkruste über einen Zeitraum von über 20 Jahren erfassen zu können.
Unsere (Benjamin Schröter und Eric Buchta) Reise begann ohne Verzögerungen am 4. Dezember am Flughafen in Dresden. Nach Umstieg in München erreichten wir am 5. Dezember in aller früh Kapstadt und wurden im Anschluss in unser Hotel im Stadtteil Waterfront in Kapstadt gebracht. Hier traten wir auch am 7. Dezember unsere siebentägige Quarantäne an. Nach negativen Tests waren wir am 14. Dezember bereit, an Bord des südafrikanischen Forschungseisbrechers SA Agulhas II zu gehen. Am späten Nachmittag des 15. Dezembers erreichten auch die sehnlichst erwarteten Helikopter das Schiff.
Mit einem Tag Verzögerung brachen wir am 16. Dezember endlich auf, zunächst Richtung Südwesten. Die ersten Tage auf Schiff verbrachten wir damit, uns zu orientieren und Vorklärungen den Logistikverantwortlichen der Expedition sowie mit der Helikopter-Crew zu treffen. Das Wetter scheint uns soweit sehr wohl gesonnen, so haben wir kaum Wellengang und nur mäßig Wind. Weder die "Roaring Forties" noch die "Furious Fifties" machten ihren Namen bisher Ehre (worüber wir jedoch keineswegs traurig sind).
Die Hauptaufgabe dieser Schiffsexpedition sind die Versorgung der südafrikanischen Station SANAE-IV sowie Instandhaltungsarbeiten an der südafrikanischen "Summer Base" nahe Neumayer III. Die wissenschaftlichen Arbeiten an Bord fokussieren bisher auf ozeanographische Messungen (Profilmessungen von Temperatur, Druck und Salinität) und Beobachten/Katalogisieren der Tierwelt auf unserer Route.
Wir werden voraussichtlich in wenigen Tagen die Küste des Antarktischen Kontinents erreichen.
Die SANAE-IV-Station erreichten wir am Nachmittag des 26.12. per Helikopter-Transfer. Zuvor durchfuhren wir mit der SA Agulhas II noch einen ruhigen und weitgehend eisfreien Südatlantik. Erst am Heiligabend nahm die Eisbedeckung merklich zu, was wir bei einem "Braai" (südafrikanischer Grill) an Deck beobachten konnten. Pünktlich zum Weihnachtstag erreichten wir dann bei sonnigem Wetter die antarktische Schelfeiskante. Die Entladung des Schiffes sowie das Ausfliegen des Personals nach SANAE-IV begann allerdings erst am 26.12. - die Crew hatte schließlich auch Feiertag.
In der Station wurden wir sehr herzlich willkommen geheißen. Danach machten wir uns gleich daran, den Nahbereich der Station zu erkunden. Die Station liegt auf dem Vesleskarvet Nunatak, einem aus der Eisfläche herausragendem Felsen, an einem Kliff. Bei gutem Wetter kann man weit in alle Richtungen blicken, und wir verorteten bereits einige weitere zu messende GPS-Punkte. Im Stationsgebiet liegt ebenfalls ein GPS-Kampagnenpunkt.
Zwei Tage nach uns kam gestern auch der erste Schlittenzug an, der u.a. unsere Messgeräte und persönlichen Sachen mitbrachte. Die Entladung der Container erfolgte per Menschenkette, was insbesondere bei den Alu-Kisten mit unserer Messausrüstung zu kleineren Herausforderungen aufgrund des Gewichts unserer Kisten führte.
Das Ausbringen der ersten GPS-Station verzögerte sich dann um einen weiteren Tag, da das Wetter nicht wirklich gut war: Schneesturm. Nachdem sich dieser aufgelöst hatte, konnten wir endlich so richtig aktiv werden und den ersten Messpunkt VES2 in unmittelbarer Nähe der SANAE-IV-Station aufbauen. Wir testeten das Setup der weiteren Messpunkte noch einmal gründlich und sind nun bereit für das Ausbringen der übrigen GPS-Stationen. Allerdings müssen wir noch auf die an Bord von SA Agulhas II basierten Helikopter warten. Der Wetterbericht für die kommenden Tage sieht gut aus und wir sind zuversichtlich, dass es bald losgehen wird.
Den Jahreswechsel feierten wir wieder mit einem Braai. Zu späterer Stunde gab es noch eine gesellige Runde mit Billard, Tischtennis und Poker. Unsere mitgebrachten Pfefferkuchen kamen dabei sehr gut an. Nach Mitternacht sind wir noch einmal vor die SANAE-Station getreten und genossen die wärmenden Sonnenstrahlen der tiefstehenden Sonne - es war ein wirklich außergewöhnlicher Silvester!
Am späten Abend des 2. Januar erhielten wir die lang ersehnte, aber dann doch recht kurzfristig übermittelte Nachricht, dass die Helikopter am nächsten Morgen für uns verfügbar sein würden. Tatsächlich, und vor allem pünklich, landete um 08:50 eine Bell 412 auf der Landeplattform der SANAE-IV-Station. Wir waren ja seit Tagen vorbereitet und mussten nur noch die fertig gepackten Kisten mit den vier auszubringenden GPS-Stationen, unsere Tagesrucksäcke sowie die Notfallausrüstung verladen, und nach kurzem Auftanken des Helikopters ging es auch schon los.
Wir flogen zunächst zum 33 NM (nautische Meilen) oder 61 km entfernten Punkt STR1. Der Aufbau verlief problemlos und nach einer Stunde flogen wir bereits weiter nach SVE1, 35 NM entfernt. Auch hier funktionierte alles nach Plan und es folgten noch NAS1 (35 NM) und GRU1 (21 NM). Letzterer ist der mit 1675 m höchstgelegene Punkt unserer Messkampagne. Um 16:00 landeten wir nach weiteren 26 NM erleichtert und sehr zufrieden wieder an der SANAE-Station.
Zwei Tage später erwartete uns eine neue Herausforderung. Da sich auf der Station keiner mit der Absicherung und dem sicheren Begehen von Gletschern auskennt, sollten wir diese Aufgabe übernehmen - was wir natürlich gern taten. Wir begleiteten ein Team von Ornithologen der südafrikanischen Expedition zum Robertskollen, einer ca. 30 km entfernten Felsgruppe.
Das Wetter ist seit mehreren Tagen absolut perfekt, 24 Stunden Sonnenschein, kaum Wind und sehr angenehme Temperaturen um minus fünf Grad Celsius. Wir sind sehr zuversichtlich, dass morgen der nächste Flugtag stattfinden kann. Doch zuvor gibt es jetzt erst einmal das mittlerweile schon traditionelle Sonntags-Braai.
Wie bereits im letzten Bericht angekündigt, kam am Morgen des 9. Januars tatsächlich ein Helikopter zur SANAE-Basis geflogen. Der direkte Kontakt zum Chefpiloten legte uns nahe, dass wir uns ab 09:00 bereit halten sollten. Glücklicherweise wusste die Heli-Crew gut Bescheid, und wir konnten in Richtung NAS1 starten, wo wir die Daten der sechs Tage zuvor ausgebrachten GPS-Station sicherten, diese dann abbauten und nach 20 Minuten zum südlichsten Punkt der gesamten Kampagne auf 72,50°S weiterflogen. Dort bauten wir die Station BOR1 am Fuß eines kleinen Nunataks auf, welcher von bis zu 2800 m hohen Bergen mit imposanten Kliffs überragt wird.
Danach flogen wir 69 NM zu STR1 weiter. Wir passierten dabei riesige Gletscherspalten und wunderschöne Felspyramiden. Besonders beeindruckend war der Schattenwurf der dünnen Altocumulus-Bewölkung auf der schier endlosen Eisfläche - ein unvergesslicher Anblick. An STR1 wurden die Daten ausgelesen, die Station verpackt und wieder in den Helikopter verladen. Die 56 NM zum letzten Punkt des Tages waren in 25 Minuten Flugzeit erreicht. PAS1 liegt fast genau auf der Aufsetzlinie, jener Grenze, an der das antarktische Inlandeis den Kontakt zum Festgestein verliert und auf den Ozean aufschwimmt. Der Messpunkt liegt auf einer Höhe von nur 69 m. Bei strahlendem Sonnenschein und absoluter Windstille hätten wir den Punkt auch in T-Shirts aufbauen können. Nach fünfeinhalb Stunden landeten wir wieder an der SANAE-IV-Station. Der Tag verlief sehr erfolgreich, die Eindrücke waren grandios, und wir beide brauchten erstmal etwas Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten. Es war definitiv kein Tag wie jeder andere.
Der nächste Höhepunkt ließ nicht lange auf sicher warten, denn schon am nächsten Tag war die südafrikanische Umweltministerin Barbara Creecy zu Besuch in SANAE IV. Sie wurde mit einer Basler-BT67 der Firma Kenn Borek Air (Anm. MS: siehe https://borekair.com/fleet/dc3t/) eingeflogen, die auf einer 1944 gebauten und mit Kufen ausgerüsteten DC-3 basiert. Die Airline übernimmt einen Großteil der Flüge zwischen den verschiedenen Basen in diesem Teil der Antarktis.
Montags und donnerstags sind in der Basis immer sogenannte "Skivvies" auszuführen. Dabei handelt es sich um kleine Hausarbeiten wie Kehren, Wischen, Staub Entfernen, Toiletten Putzen oder Papierkörbe Leeren. Die gesamte Belegschaft ist dafür in verschiedene Gruppen eingeteilt, und zwischen 07:00 und 09:00 herrscht dann eine besondere Geschäftigkeit in der Station. Neben den Skivvies muss ein Team jeden Abend zusätzlich noch die Küche reinigen.
Wir warten nun darauf, den dritten und letzten Flugtag zum Einsammeln der Messgeräte durchführen zu können. Im Gegensatz zur gesamten vorigen Woche sehen die Wetterprognosen für die nächsten Tage nicht gerade gut aus. Erschwerend kommt noch dazu, dass die Flugbedingungen sowohl an der Schelfeiskante, wo Schiff und Helikopter stationiert sind, als auch 200 km landeinwärts, wo sich unsere Messpunkte befinden, gleichermaßen gut sein müssen. Auf der anderen Seite ist aber noch genug Zeit, in der sich das Wetter auch wieder bessern wird. Wir sind diesbezüglich sehr zuversichtlich.
Die Wetterprognosen haben sich leider bewahrheitet und wir konnten den letzten Flugtag noch nicht durchführen. Dabei sah das Wetter am Anfang der Woche zumindest im Inland noch sehr gut aus. Wir standen deshalb im ständigen Kontakt mit dem Chef-Piloten von Ultimate Helicopters, um sich eventuell ergebende Schönwetterfenster an der Schelfeiskante, wo sich die SA Agulhas II und die Helikopter befinden, zu nutzen. Dieser permanente "Stand-by-modus" und die damit verbundene Unsicherheit erforderten viel Geduld.
In diesen Tagen waren wir viel im Außengelände der Station tätig. Der Schnee des letzten Jahres muss beseitigt werden, und nicht überall kann das mit den Bulldozern geschehen. Dann muss geschaufelt werden...und es gibt viel Schnee zum Schaufeln. Dabei wird akribisch darauf geachtet, jegliche Verunreinigungen wie Benzin, Öl oder andere Fremdstoffe einzusammeln, um diese dann per Schiff nach Südafrika zurück zu transportieren.
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag nahm der Wind dann merklich zu mit Böen über 60 Knoten. Das führte zu kompletten White-out-Bedingungen mit Sichtweiten von unter 3 m. An Fliegen ist nun erstmal nicht zu denken! Der Wetterbericht sagt aber eine deutliche Besserung ab Dienstag/Mittwoch voraus. Wir hoffen sehr, dass wir dann die GNSS-Messinstrumente wieder abbauen und bergen können.
Es ist geschafft! Wir haben alle GPS-Stationen abgebaut, für den Rücktransport nach Dresden vorbereitet, und sind nun wieder an Bord der SA Agulhas II.
Der Wetterbericht hat uns nicht enttäuscht und das Flugwetter wurde tatsächlich in der Wochenmitte immer besser. Am Mittwoch pünktlich um 09:00 landete der Helikopter bei perfekten Wetterbedingungen auf dem Helideck der Station. Die Flüge verliefen reibungslos und sechs Stunden später hatten wir die gesamte Ausrüstung auf SANAE-IV. Wie schon beim zweiten Flugtag gab es wieder einzigartige Aussichten vom Helikopter - besonders eindrucksvoll waren die Starts und Landungen auf dem teilweise sehr ausgesetzten Terrain. Am letzten Messpunkt sahen wir ein kleines Flugzeug am Himmel und es stellte sich später heraus, dass unser Dresdner Kollege Lutz Eberlein an Bord war (es war ein Flug von Neumayer III zur norwegischen Station Troll) - tausende Kilometer von zu Hause entfernt am Ende der Welt und dann doch so nah.
In der Station sicherten wir die aufgezeichneten Daten der GPS-Empfänger, demontierten dann das gesamte Mess-Equipment und sortierten es entsprechend der vorbereiteten Packlisten um. Wir klebten noch die neuen Transport-Label auf die Kisten und nach 1,5 Stunden konzentrierter Arbeit saßen wir bereits wieder im Helikopter und flogen in Richtung SA Agulhas II. Wir folgten dabei den Spuren der Schlittenzüge, welche die Versorgung der Station vom Schiff sowie den Rücktransport von nicht mehr benötigter Ausrüstung bzw. Müll sicherstellen.
Zurück an Bord mussten wir uns erstmal wieder an die neuen Umstände gewöhnen. Wir waren ja immerhin einen ganzen Monat auf SANAE-IV. Auf dem Schiff sind momentan nur wenige Menschen, diese werden erst Anfang nächster Woche eingeflogen und dann soll es voraussichtlich am 2. Februar nach Kapstadt losgehen. Letztlich entscheidet das aber wiederum das Wetter und dieses sieht zur Zeit nicht so gut aus. Umso glücklicher sind wir, dass wir mit dem Schönwetterfenster für den dritten Flug beschenkt wurden!
Am Montag begann meine Reise mit dem Zug über Leipzig, Hannover nach Bremen. Dienstag früh 9 Uhr war Treffen mit allen Teilnehmen vor dem Terminal am Bremer Flughafen. Es wurden die sogenannten Flugtaschen (mit den notwendigsten Polarsachen für die Ankunft in Troll: Tempex, Mütze, Schuhe, Handschuhe) ausgeteilt. Das erste Flugziel war Oslo, um die norwegischen Kollegen an Bord zu nehmen. Da das Flugzeug, eine Boeing 737-Max 8, welches durch das Norwegische Polarinstitut gechartert wurde, der tschechischen Fluggesellschaft Smartwings gehört, fand in Prag ein weiterer Zwischenstopp statt, mit Crewwechsel und Tanken. Ein weiterer Tankstopp war dann in N'Djamena, Hauptstadt des Tschads in Zentralafrika, bevor es weiter nach Kapstadt ging, wo wir am Morgen des 14.12. (Mittwoch) nach ca. 21 Stunden landeten und dann für ein, zwei Tage ein Hotel bezogen. Auf Grund der Wetterbedingungen in Antarktika wurde unser Abflug auf Freitag (16.12.) 16 Uhr verschoben. Also ging es 14:30 Uhr zum Kapstädter Flughafen, durch die Sicherheitskontrolle, Ausreise (noch ein Stempel in Pass) und zum Flieger. Unser Gepäck war in Flugzeug geblieben, also reisten wir nur mit Handgepäck.
Nach ca. 6 Stunden Flug nach Süden erreichten wir bei schönstem Wetter das Flugfeld der norwegischen Station Troll. In Troll hatten wir ca. 2,5 Stunden Aufzuhalten und wurden mit zwei Basler BT-67 (umgebaute DC 3 und die Arbeitspferde in der Antarktis) weitergeflogen. So kamen wir noch kurz vor Mitternacht (Ortszeit) am Freitag an unserem Ziel, der Neumayer III Station, an.
Samstag Vormittag gab es die obligatorische Sicherheitseinweisung und eine kurzen Rundgang in der Station. Nachmittags konnte ich gemeinsam mit meinem AWI-Kollegen, Jölund Asseng, unsere seit 2020 hier eingelagerte Ausrüstung in die Station holen. Neben der mit Luftfracht angekommenen Ausrüstung habe ich in sogenannten Zwischendeck einen warmen und trockenen Platz gefunden. Somit hatte ich die Gelegenheit anzufangen, meine Fracht zu sichten und für die erste geplante Fahrt zum Nunatak Forstefjell vorzubereiten und umzupacken.
Heute stand eine Testfahrt mit den beiden Fahrzeugen (Arctic Trucks auf der Basis von Toyota Hilux) und den neuen Hängern auf dem Programm, welche sehr erfolgreich war. Nach momentaner Wettersituation und Prognose, welche leider nicht so gut aussieht, planen wir am 21.12. zum Forstefjell aufzubrechen
Der Grund für den heute schon verfassten Bericht ist, das Jölund und ich morgen zum Forstefjell aufbrechen wollen. Der aufmerksame Leser wird nun feststellen: Stand da nicht was vom 21.12. im letzten Bericht? Ja, richtig, auf Grund der Wettersituation mussten wir den Start auf den 25.12. verschieben. Neben der sorgfältigen Vorbereitung, einem Check der Fahrzeuge und einem kurzen Sicherheitstraining in Stationsnähe gibt es nichts Neues zu berichten. Täglich richtet sich der spannende Blick auf die Wettervorhersage: diese sieht für die nächsten drei Tage ein Schönwetterfenster.
Wie letzte Woche Samstag angekündigt haben wir (Jölund und ich) am Sonntag (1. Weihnachtsfeiertag) gegen 12 Uhr Neumayer mit zwei Toyota Hilux und einem Hänger Richtung Forstefjell verlassen. Nach knapp 10 Stunden Fahrt erreichten wir unser Ziel. Durch den zuvor reichlich gefallenen Neuschnee hatten beide Fahrzeuge an einigen Stellen "zu kämpfen", wir mussten öfters die Schaufel benutzen, um weiterzukommen.
Der Morgen des 26.12. begrüßte uns mit Sonnenschein und nur ganz leichtem Wind. Somit konnten wir die geplanten Wartungsarbeiten an der Seismometer- und GNSS-Station recht zügig durchführen. Die GNSS-Station lief bei Ankunft bereits 74 Tage ohne Unterbrechung, sie ist also ca. Mitte Oktober nach Ende der Polarnacht wieder "aufgewacht".
Beim Öffnen der Akku-Box musste ich leider feststellen, dass zwei der insgesamt fünf Akkus defekt waren (bedingt wahrscheinlich durch die sehr niedrigen Temperaturen). Diese Akkus wurden ausgebaut und zur fachgerechten Entsorgung nach Neumayer zurückgeführt. Somit sind nur noch 3 Akkus vor Ort. Die in den letzten Jahren zerstörten Windgeneratoren wurden erneuert. Somit besteht wieder die Chance auch Daten in der Polarnacht aufzuzeichnen.
Nach einer zweiten Nacht am Forstefjell starteten wir am 27.12. gegen 10 Uhr unsere Rückfahrt. Leider hatten wir am Anfang dieser keinerlei Kontraste, wir konnten uns aber voll und ganz auf unsere GPS-Navigation verlassen. Nach ca. 25 km fanden wir im weicheren Schnee unsere Spuren von der Hinfahrt, somit wurde das Fahren etwas entspannender.
Nach einem ca. 1,5-stündigen Aufenthalt am Watzmann (seismologisches Observatorium ca. 50 km südwestlich von Neumayer III) zum Sichern eines gebrochenen Fensters mit einer Holzplatte, erreichten wir pünktlich zum Abendessen (18 Uhr) die Neumayer III-Station. Nach dem Abendessen konnten wir noch mit tatkräftiger Unterstützung von vielen fleißigen Händen unsere Autos und den Hänger entladen und sturmsicher abstellen.
Gestern und heute haben wir genutzt, um unsere nächste Fahrt nach Kottas und SVEA vorzubereiten. Dazu zählte ein ausgiebiger Test der für die Toyota-Hilux neu angeschafften Matte (eine PE-Plastik-Matte, welche wie ein Schlitten hinter dem Fahrzeug hergezogen wird, und in unserem Fall mit einen 1200-Liter-Dieseltank beladen war). Dieser Test verlief sehr erfolgreich, so dass wir uns entschlossen haben, die Matte für unsere anstehende Tour zu nutzen.
Unser Plan sieht vor, morgen in Richtung Süden aufzubrechen, ca. 12 Tage unterwegs zu sein und ungefähr am 10. Januar 2023 wieder zu Neumayer III zurückzukommen.
Am 30.12.2022 starteten wir gegen 17 Uhr von Neumayer Richtung Süden. Bei recht guten Bedingungen schafften wir es noch bis zum Kilometer 147. Am 31.12.2022 ging es gegen 12 Uhr auf zur nächsten Etappe. Leider wurden die Schneebedingungen etwas schwieriger. An diesem Tag schafften wir ca. weitere 150 km Richtung Süden und verbrachten den Silvesterabend in unseren Schlafsäcken. Am Neujahrstag folgte das gleiche Spiel wie am Vortag, nun schon etwas schneller, wir kamen langsam in Übung mit der täglichen Routine. Gegen 19 Uhr erreichten wir den Weigel-Nunatak, unser erstes Ziel der Traverse. Es wurde die GPS-Kampagnenstation aufgebaut und ein erster Blick auf die permanente GNSS-Station geworfen, die leider komplett ohne Strom war. Den 02. Januar 2023 nutzten wir bei Sonnenschein und mäßigem Wind, um die notwendigen Wartungsarbeiten sowohl an der Seismometer-Station der AWI-Geophysik als auch an unserer GNSS- Station durchzuführen. Am Abend war unsere GNSS-Station wieder voll funktionsfähig und sendet seitdem jeden Tag Statusmeldungen nach Dresden.
Am Morgen des 03.01. brachen wir unser Camp am Weigel-Nunatak ab und fuhren mit einem Tankstopp am Depot, welches letztes Jahr angelegt wurde, nach SVEA, einer 1988 errichteten Sommerhütte der Schwedischen Polarforschung. Ziel unseres Aufenthaltes war, die Zentrierung der GPS-Antenne zu korrigieren sowie die Akkus von einer externen Box in die Hütte zu verlegen, den Windgenerator zu tauschen sowie die Seismometer-Station mit einem Iridium-Modem zu versehen und die über drei Jahre gesammelten GPS- und Seismometer-Daten zu sichern. Außerdem bauten wir am ca. 8 km entfernten Steinnabben eine weitere GPS-Kampagnenstation auf. Nach erfolgreicher Erledigung aller Wartungsarbeiten haben wir am 7. Januar gegen 10 Uhr SVEA wieder Richtung Weigel-Nunatak verlassen. Dort wurde dann die GPS-Kampagnenstation abgebaut, und es wurden die Daten der Seismometer- und GNSS-Permanentstation gesichert. Nach einem letzten Nachtanken am Depot ging es wieder Richtung Norden. Da es nun vorrangig bergab ging und die Matte durch den verbrauchten Treibstoff leichter wurde, sind wir sehr gut vorangekommen, so dass wir mit nur einem Zwischenlager am 8. Januar gegen 18 Uhr erneut den Forstefjell erreichten. Dort wurden einige Restarbeiten erledigt, welche wir beim ersten Besuch vor ca. 2 Wochen nicht mehr geschafft. Somit sendet nun auch diese Permanentstation regelmäßig Statusmeldungen nach Dresden. Gegen 21 Uhr konnten wir den Forstefjell Richtung Neumayer verlassen. Leider hatte es sich im Laufe des Tages zugezogen, so dass teilweise kaum Kontraste vorhanden waren. Der vor ca. 2 Wochen gefallene Neuschnee war aber mittlerweile kompaktiert und durchgefroren, und es gab seitdem auch keinen größeren Sturm, so dass wir auf der recht ebenen Oberfläche gut und zügig vorankamen. Um 2 Uhr nachts erreichten wir den Container an der geophysikalischen Station Watzmann und verbrachten dort unsere letzte Nacht dieser Tour. Pünktlich zum Mittagessen am 10. Januar waren wir zurück an Neumayer III. Dank vieler fleißiger Hände waren unsere beiden Autos und die Matte schnell leergeräumt und alles in die Station gebracht. Die letzten Tage waren von weiteren „Aufräumaktionen“, Daten Sichten und Sichern, sowie der beginnenden Vorbereitung der Rückfracht gekennzeichnet.
Diese Woche war vor allem von folgenden Dingen geprägt: die wissenschaftliche Ausrüstung als Fracht für die Verschiffung vorbereiten, inklusive der Erstellung aller notwendigen Papiere, und von „Büroarbeit“. Zwischendurch wurde mal meine „geodätische Expertise“ vom Bauteam benötigt, als es z.B. um die Ausrichtung der neuen Windkraftanlage ging. Außerdem hatte ich mich anschließend dazu „qualifiziert“, das an der Neumayer-Station befindliche Tachymeter „wiederzubeleben“, was mir auch gelang.
Nach momentanen Stand der Dinge werde ich am 26. Januar 2023 abreisen, somit wird dies mein letzter Wochenbericht von der Neumayer-Station für die Saison 2022/23 sein.