Beschreibung
Der prognostizierte Klimawandel in Sachsen stellt neue Anforderungen an die Bewirtschaftung und Prognose von Wasserressourcen. Das Projekt KliWES umfasst Untersuchungen grundlegender Auswirkungen des Klimawandels auf die sächsischen Gewässereinzugsgebiete. Zielstellung ist die Bewertung dieser Einzugsgebiete hinsichtlich der Anfälligkeit ihres Wasserhaushaltes gegenüber dem Klimawandel, um Empfehlungen für regionalspezifische Bewirtschaftungsmaßnahmen ableiten zu können.
Grundlage für die Entwicklung von Anpassungsstrategien der Bewirtschaftung ist die Verwendung aktueller und wissenschaftlich fundierter Wasserhaushaltsdaten. Benötigt werden Modellansätze, die ober- und unterirdische Prozesskomponenten sowie ihre Wechselbeziehungen ausreichend genau abbilden, um verlässliche und reproduzierbare Wasserhaushaltsdaten zu erhalten.
Das Forschungsprojekt wurde in mehreren Vorläuferprojekten, in denen geeignete Wasserhaushaltsmodelle untersucht und getestet wurden, vorbereitet. Modellvergleiche an Referenzgebieten zeigten jedoch erhebliche Ergebnisunterschiede. Die mit verschiedenen Modellen berechneten Wasserhaushaltskomponenten unterscheiden sich teilweise um ein Vielfaches. Die Differenzen sind in unterschiedlichen oder unzureichenden methodischen Modellansätzen, ungleichen Datengrundlagen und Korrekturverfahren sowie individueller Variation der Modellumsetzung begründet.
Die vorbereitenden Untersuchungen wurden in einem Modellkonzept zusammengeführt, welches aus einem Ensemble sich gegenseitig stützender, voneinander unabhängiger Verfahren besteht. Auf diese Weise wird das Risiko unsicherer, nicht belastbarer Ergebnisse gegenüber der Verwendung nur eines Modells deutlich minimiert. Die entwickelte Konzeption hat folgende vier Bestandteile (SCHWARZE et al. 2008):
- Auswertung des Informationsgehaltes langjähriger Datenreihen des hydrologisch/meteorologischen Messnetzes zur Ermittlung der Gebietswasserhaushaltsbilanz für gegenwärtige Verhältnisse
Mit dem für Säule A vorgesehenen Verfahren DIFGA soll eine maximale Informationsausschöpfung langjähriger Beobachtungsreihen des Routinemessdienstes erfolgen und diese Information für eine Verwendung in Säule B aufbereitet werden. Die Säule A dient als Grundlage für ein Parametermodell des Grundwassermoduls und wird dem Wasserhaushaltsmodell in Säule B zur Seite gestellt. Die mit DIFGA berechnete abflusskomponentenbezogene Gebietswasserhaushaltsbilanz stellt ein zur Säule B unabhängiges Ergebnis dar und kann, da ausschließlich Messdaten verwendet werden, auch zur Kalibrierung und Validierung der Ergebnisse aus Säule B verwendet werden. Die in Säule B vorgesehenen Wasserhaushaltsberechnungen können jedoch nicht ersetzt werden, da die benötigten Eingangsdatenreihen nicht flächendeckend vorliegen und die Prognosefähigkeit aufgrund der ausschließlichen Analyse des Ist-Zustandes nicht gewährleistet ist. - Szenariofähiges Wasserhaushaltsmodell für flächendifferenzierte sachsenweite Berechnung bestehend aus Bodenwasser- und Grundwasserhaushaltsmodell
Säule B bildet den Kern der Konzeption. Sie besteht gemäß der Abbildung (siehe oben) aus einem Bodenwasserhaushaltsmodell und einem Grundwasserhaushaltsmodell. Durch den Einsatz prozessbeschreibender Modellansätze wird die Prognosefähigkeit und Belastbarkeit der Wasserhaushaltsdaten gewährleistet. Für die Beschreibung des Bodenwasserhaushaltes existiert eine Vielzahl von Modellen. Die Festlegung des sachsenweit anzuwendenden Verfahrens erfolgt nach einem mehrstufigen vergleichenden Modelltest in unterschiedlichen Raumskalen. Dabei werden u.a. die Modelle AKWA-M, ArcEGMO, Mike-She und WaSiM-ETH berücksichtigt. Neben dem Einsatz am Lysimeter werden die Modelle in Kleinsteinzugsgebieten mit Pegel und im Einzugsgebietsmaßstab angewendet sowie ein flächendeckendes Kalibrierungskonzept erstellt. Gleichzeitig wird der Aufbau regionaler, physikalisch interpretierter und validierter Parametermodelle erfolgen. Durch Anwendung der Modelle auf Lysimetern und in Kleinsteinzugsgebieten werden diese zunächst auf ihre Eignung hin überprüft. Der Einsatz auf Lysimetern dient der Beurteilung der Prozessabbildung insbesondere in den Bodenwasserhaushalts- und Phänologiemodulen der verschiedenen Modelle und damit auch der Einschätzung der Szenariofähigkeit der Modelle. Nur dort existieren entsprechende Beobachtungswerte für eine Gegenüberstellung simulierter Wasserhaushaltsteilgrößen mit gemessenen Größen. Beim Übergang zu Kleinsteinzugsgebieten mit Pegel können im Gegensatz zu den Lysimeterrechnungen auch laterale Abflusskomponenten mit einbezogen werden. Da für diese Kleinstgebiete lediglich Daten des Gesamtabflusses für die Einschätzung der Modellergebnisse zur Verfügung stehen, können die Berechnungen für Lysimeter dadurch lediglich ergänzt, nicht aber ersetzt werden. Bei der Auswahl entsprechender Testgebiete Werden sowohl die Einflüsse der Landnutzung/-bedeckung (z.B. Acker/Wald) als auch der geologischen Einheit (z.B. Fest-/Lockergestein) berücksichtigt. Als letzter Schritt erfolgt die Anwendung im Einzugsgebietsmaßstab, um die spätere sachsenweite Anwendung besser beurteilen zu können. Parallel wird eine flächendeckend anwendbare Methodik entwickelt, welche einen möglichst automatisierten Kalibrierungsprozess ermöglicht. Es ist vorgesehen, physikalisch begründete Parameter aus dem Kalibrierungsprozess herauszunehmen. Der Aufbau von Parametermodellen muss sich vor allem an der sachsenweiten Verfügbarkeit geeigneter Datengrundlagen orientieren. Im Zuge der Eignungsprüfung verfügbarer Parametermodelle sind insbesondere die physikalische Interpretierbarkeit und Möglichkeiten der Validierung zu bewerten. Eine Validierung der kalibrierten Modelle ist dabei nur für Berechungen des Ist-Zustandes durch den Vergleich mit Beobachtungsdaten des Durchflusses, mit Quellschüttungsmessungen und ggf. mit Grundwasserständen möglich. Für Prognosezustände ist eine direkte Validierung mangels Beobachtungsdaten nicht möglich. Die Ergebnisse können daher lediglich auf Plausibilität geprüft werden. Dafür sollen die Möglichkeiten eines Vergleichs mit Verhältnissen des Ist-Zustandes unter ähnlichen Rahmenbedingungen untersucht werden. - Einfaches Berechnungsverfahren ohne Kalibrierung zur flächendifferenzierten sachsenweiten Bestimmung des Wasserhaushaltes. Vereinfachte Szenarienberechnung in der Nutzerphase mit Zugriff auf GIS-basierte Grunddaten
Sowohl Säule A als auch Säule B sind wegen ihrer Komplexität nicht online zu betreiben. Alle Analysen und Berechnungen werden deshalb innerhalb einer aktualisierbaren Datenbank abgelegt. Für operativ zu bearbeitende Fragestellungen wurde dem Gesamtkonzept mit Säule C ein weiterer Baustein beigefügt, da nicht alle für den künftigen Anwender interessanten Fragestellungen mittels Säule B vorweg bearbeitbar sein werden und in der Datenbank vorgehalten werden können. Hierbei soll ein einfacher Modellansatz für die Berechnung des Wasserhaushaltes zur Anwendung kommen, welcher schnell und zuverlässig ohne erneute Kalibrierung anwendbar ist. - Informations- und Bibliotheksmodul zur Recherche und Einbindung weiterführender Informationen und Quellen (Studien, Gutachten, HAD etc.)
Ergänzt wird die Konzeption durch ein Informations- und Bibliotheksmodul, welches der Anbindung weiterführender Informationen (Studien, Gutachten etc.) dient.
Die Projektergebnisse sollen in einem Fachinformationssystem "Wasserhaushalt und Klimawandel in Sachsen" voraussichtlich ab 2012 im Internet bereitgestellt werden. Langfristig sollen neben der quantitativen Berechnung des Wasserhaushaltes auch Stoffflüsse berücksichtigt werden. Eine entsprechende Modellerweiterung ist geplant.