GenderConceptAward
Der Förderpreis
Der Förderpreis der „Dresdner Beiträge zur Geschlechterforschung“ wird für herausragende genderwissenschaftlich orientierte Dissertationen im Bereich der Geisteswissenschaften an der TU Dresden verliehen.
Durch den Preis wird die Publikation der Arbeit in der Reihe „Dresdner Beiträge zur Geschlechterforschung in Geschichte, Kultur und Literatur“ gefördert. Die Reihe selbst erscheint beim Universitätsverlag Leipzig und versteht sich als ein interdisziplinäres, offenes und über Dresden hinausweisendes Forum, welches die Erforschung der Geschlechterbeziehungen in Geschichte, Kultur und Literatur vorantreibt. Der Preis wird aus dem Budget der Gleichstellungsbeauftragten der Philosophischen Fakultät und der Fakultät für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften der TU Dresden ermöglicht. Geschlechterforschung analysiert vergeschlechtlichte Strukturen und Kulturmuster in der Vergangenheit und Gegenwart sowie Mechanismen der Persistenz und des Wandels. Dies fördert Genderkompetenz und führt zur Erweiterung und Vertiefung unseres Wissens über politische und gesellschaftliche Interventionsstrategien zur Förderung von Gleichstellung.
Die Preisträger:innen
2021
Maike Nikolai-Fröhlich: Elternschaft zwischen Rollenkonflikten und Gewinnpotenzialen – Analysen zur (Re-)Produktion und Subversion vergeschlechtlichter Risiken in zeitgenössischen Elternratgebern und Familienromanen
Abstract: Ein Blick in öffentlich-mediale Debatten zeigt, dass eine Familiengründung in der Gegenwartsgesellschaft nicht mehr als selbstverständlich wahrgenommen, sondern unter einer Risikoperspektive verhandelt wird, indem Schäden und Gewinne mit der Entscheidung für oder gegen Kinder gekoppelt werden.
Diesem Phänomen und seiner literarischen Repräsentation widmet sich die Arbeit, die Risiko im Rekurs auf soziologische Theorien als ein spezifisch modernes Kommunikations- und Kulturmuster versteht, das überdies stark geschlechtlich konnotiert ist. In Form einer intersektionalen Verknüpfung der Analysekategorien Risiko und Gender fragt die Arbeit einerseits danach, wie Riskanz, Familie und Gender diskursiv verwoben und welche ‚Geschlechterrisiken‘ einer Familiengründung narrativ vermittelt werden. In der Gegenüberstellung pragmatischer und literarischer Texte der Gegenwart, genauer: Elternratgeber und Familienromane, lotet die Arbeit andererseits die Rolle von Literatur(en) in medialen Prozessen der Risikokonstruktionen und -konstitution aus.
2019
Jakob Vetter: „Eine 'kurze Geschichte von Unschuld und Unglück'. Zur intersektionalen Verschränkung von Armut, Risikodenken und Männlichkeitskonstruktionen in Identitätsromanen der Sattelzeit“
2008-2011 BA-Studium Lehramt allgemeinbildende Schulen, Fächer Deutsch und Gemeinschaftskunde, Rechtserziehung, Wirtschaft
2011-2013 MA-Studium Höheres Lehramt für Gymnasien, Fächer Deutsch und Gemeinschaftskunde, Rechtserziehung, Wirtschaft
2011-2015 SHK, WHK und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dresden, Fakultät SLK, Germanistik, Professur für Neuere deutsche Literatur- und Kulturgeschichte
2015-2017 Sächsisches Landesstipendium zur Graduiertenförderung
Abstract: Was sind die Ursachen von Armut? Wer ist schuld an Armut? Wer hat wann welches Risiko zu verarmen? Wie lässt sich Armut beheben oder, besser noch, künftig verhindern? Gibt es geschlechtsspezifische Armutsrisiken?
Um diese und ähnliche Fragen kreisen seit dem späten 18. und mittleren 19. Jahrhundert intensive Kontroversen, die die Wahrnehmung von Armut im deutschsprachigen Raum prägen. In der Sattelzeit (1750–1850) bilden sich, so der Ansatz dieser Studie, spezifische, den Armutsdiskurs strukturierende Armutsnarrative heraus. In besonderer Weise partizipiert die Literatur an diesem Diskurs, indem sie die Armutsnarrative aufgreift, vorführt, hinterfragt und in manchen Fällen subvertiert.
Unter Einbeziehung wichtiger theoretischer und literarischer Schlüsseltexte – u.a. Sophie von La Roches Rosaliens Briefe (1779–81), John McFarlans und Christian Garves Untersuchungen über die Armuth (1782/85), Karl Philipp Moritz’ Anton Reiser (1785–90), Joseph Marie de Gérandos und Franz Joseph Buß‘ System der Armenpflege (1839/1843–46) und Gottfried Kellers Der grüne Heinrich (1854/55) – argumentiert die Arbeit, dass die Deutung von Armut stets gendercodiert und unter Bezugnahme auf kulturell und historisch spezifische Weiblichkeits- und Männlichkeitskonstruktionen erfolgt. Dabei wird erstmalig aus literaturwissenschaftlicher Perspektive herausgearbeitet, wie Armuts- und Männlichkeitskonstruktionen intersektional mit dem um 1800 einsetzenden Risikodenken verwoben sind und wie sich diese Verschränkung in Identitätsromanen der Sattelzeit darstellt.
https://www.univerlag-leipzig.de/catalog/bookstore/article/2036-Eine_kurze_Geschichte_von_Unschuld_und_Unglueck
Jessica Bock: „'Wenn wir nicht losgehen, geht niemand los'. Die ostdeutsche Frauenbewegung von 1980 bis 2000 am Beispiel Leipzigs".
2003–2009 Studium der Mittleren und Neueren Geschichte an der Universität Leipzig
2009 Magisterarbeit zum Thema „Erinnerung und Geschlecht. Geschlechtsspezifische Deutungen und Wahrnehmungen von Flucht und Vertreibung in der autobiografischen und nationalen Erinnerung in den 1950/60er Jahren und der Gegenwart“
2015–2016 Stipendiatin bei der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur
Publikation: Frauenbewegung in Ostdeutschland. Aufbruch, Revolte und Transformation in Leipzig 1980–2000
Abstract: Während zu Beginn der 1980er Jahre in Leipzig kaum Frauengruppen existierten, gründeten sich zwischen 1984 und Sommer 1989 in der Messestadt unabhängig voneinander mehrere informelle Frauengruppen. Sie waren Teil der nichtstaatlichen Frauenbewegung in der DDR, die sich kritisch mit der Situation der Frauen und tatsächlichen Gleichberechtigung auseinandersetzte. Im Zuge der Friedlichen Revolution und der Wiedervereinigung Deutschlands durchlief die ostdeutsche Frauenbewegung eine grundlegende Transformation. Mit der »Fraueninitiative Leipzig« (FIL) formierte sich ein zentraler Sammelpunkt der Bewegung. Die FIL erklärte die Frauenfrage zu einer gesamtgesellschaftlichen Frage und damit auch zu einem zentralen Thema der Friedlichen Revolution. Aus ihr erwuchsen zahlreiche Vereine, die die feministische Infrastruktur im Leipzig der 1990er Jahre maßgeblich prägten.
Jessica Bock bietet mit ihrer Studie erstmals eine fundierte Auseinandersetzung zur jüngsten Frauenbewegungsgeschichte in Ostdeutschland. Anhand bislang kaum beachteter Quellen sowie zahlreichen Interviews mit Zeitzeuginnen zeichnet sie ein detailreiches und lebendiges Bild von Akteurinnen und Netzwerken zwischen 1980 und 2000. Zugleich schließt das Buch eine Lücke in der DDR-Oppositions-, Revolutions- und Transformationsforschung.
2014
Alexandra Schein: The Charm of Unchanging Identities: Irish-Americans in Contemporary Cinema and Television
Studium der Politik und Anglistik an der FU Berlin und der TU Dresden (Staatsexamen)
Promotion in der Anglistik an der TU Dresden
Abstract: This study is invested with the cultural work of Irishness in US-American popular culture. It is the first to offer as broad of a survey of Irish-American-themed cinema and television as 72 films and 11 television series, ranging from relatively unknown independent productions to box office hits such as The Departed. Thereby, several clusters of negotiating Irishness are identified and illustrated by zooming in at paradigmatic texts. Schein combines approaches from social psychology, gender and cultural studies to illustrate the discursive construction of Irishness and reveal the intersectional character of identifications. Irish-American identity on screen is inextricably connected to discourses on ethnicity, class, race and, most importantly, gender since it proves to be almost exclusively associated with male experience. The book contributes new insights into the workings of popular culture by critically interrogating these constructions of Irishness and exposing its appropriation in engaging contentious issues in US-American culture. The analysis reveals that Irish liminality enables the envisioning of a more innocent version of citizenship and facilitates the reaffirmation of traditional gender roles and identities. Irish-American-themed movies and television shows thus counteract a deconstruction or undoing of gender and ethnicity in the wake of postmodern and poststructural unrest and evince the tenacity and public currency of essentialist identifications.
2013
Theresa Ende: Sein und Werden: Paradigmatische Geschlechterentwürfe bei Wilhelm Lehmbruck
Studium der Kunstgeschichte und Anglistik an der TU Dresden und der New School University, New York (Magister Artium)
Promotion im Fach Kunstgeschichte an der TU Dresden und am Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft in Zürich
Abstract: Wilhelm Lehmbrucks stilisierte Frauen- und Männerfiguren wurden seinerzeit kontrovers diskutiert. Vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Reaktionen analysiert Teresa Ende die Entstehung und stilistische Entwicklung der Plastiken und betrachtet diese erstmals aus Gender-Perspektive. Mit seinen stilisierten, nach innen gewandten Frauen- und Männerfiguren gehört der Bildhauer, Maler und Grafiker Wilhelm Lehmbruck zu den eigenwilligsten Künstlern der Moderne. Die ambivalenten zeitgenössischen Reaktionen auf die Plastiken zeugen von den damaligen Geschlechtervorstellungen und den Diskussionen um Rollenbilder. Vor dem Hintergrund der kontroversen Reaktionen auf Lehmbrucks Werk untersucht Teresa Ende in ihrer Studie seine stilistische Entwicklung, Arbeitsweise und Ausstellungspraxis. Sie zeichnet das Bild eines um Innovation und Universalität bemühten Künstlers, der in seinen Plastiken neue Bilder des Weiblichen und des Männlichen entwickelte.
http://www.reimer-mann-verlag.de/controller.php?cmd=detail&titelnummer=101534&verlag=4
2012
Claudia Lainka: Analysing Masculinities. Konstruktionen von Männlichkeit bei D. H. Lawrence und John Cowper Powys
Studium der Anglistik, Germanistik und Hispanistik an der Universität Mannheim (Magister Artium)
Promotion in englischer Literaturwissenschaft an der Universität Mannheim und der TU Dresden
Abstract: Das männliche Geschlecht wird so kon¬tro¬vers debattiert wie nie zuvor, wobei Männlichkeit immer frag¬wür¬diger zu werden scheint. Die Arbeit von Claudia Lainka widmet sich diesem grundlegenden gender trouble. In ausgewählten Texten von D.H. Lawrence sowie John Cowper Powys erfahren literarische Ausformungen von Männ¬lichkeit eine dezidierte Untersuchung und werden im Rahmen der New Men’s Studies erstmalig zueinander in Beziehung gesetzt. Aufgrund der weiteren Einbindung aktueller Theorien von Jacques Lacan, Raewyn Connell und Judith Butler liefert diese umfassende Studie eine tiefgreifende, multi¬di¬men¬sionale Analyse männlicher Darstellungsformen. Analysing Masculinities strebt darüber hinaus nicht nur eine Neubewertung von Männ¬lichkeit(en) im literaturwissen¬schaft-lichen Kontext an, sondern transferiert die gewonnenen Erkennt¬nisse in die Lebenswelt, denn die Arbeit erklärt eindrucksvoll, wie Beziehungen, Mechanismen, Strategien und Hierarchien von Männlichkeit in der Literatur mit unserer Gesell¬schaft in Beziehung stehen, sodass Subjektpositionen, Identitäten und Ge¬schlechterdenken nachhaltig zur Disposition gestellt und neu perspektiviert werden.
http://univerlag-leipzig.de/catalog/article/1352-Analysing_Masculinities