Eine gesellige Geschichte der politischen Erwachsenenbildung
Um was geht es in dieser Folge?
Wenn wir uns mit der Geschichte der politischen Bildung beschäftigen, steht die politische Erwachsenbildung zumeist deutlich im Hintergrund – sie kommt bestenfalls nach 1945 in den Blick. Aber woran liegt das? Die Geschichte der politischen Bildung wird gerne entweder als Institutions- und Professions- oder als Begriffs- und Ideengeschichte erzählt. Institutions- und Professionsgeschichte heißt: Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht die Frage, welche Strukturen oder Institutionen sich in diesem Bildungsbereich wann und wie etabliert haben oder welche gesetzlichen Vorgaben, wann beschlossen wurden oder wie/wann/wo welche Ausbildung für diesen Bildungsbereich zustande gekommen ist - da steht dann - ob man das will oder nicht - irgendwie immer die Schule im Mittelpunkt. Aber das ist ja auch nur die eine Seite. Eine ideen- oder begriffsgeschichtliche Erzählung ist demgegenüber, zumindest in unserem Bereich, auf die Rekonstruktion didaktischer Konzepte und Ideen gerichtet, aber auch die waren über lange Zeit ziemlich unmittelbar auf die Schule gerichtet.
Paul Ciupke macht – in einem wirklich guten Text aus dem Jahr 2016 - deutlich, dass die Geschichte der politischen Erwachsenbildung erst durch eine sozial- oder kulturgeschichtliche Betrachtungsweise wirklich in den Vordergrund gelangen kann. Wenn wir uns aus dieser Perspektive der Frage nähern wie sich die politische Erwachsenbildung entwickelt hat oder was ihr auch vorausgegegangen ist, dann können wir systematische Ausbildungsgänge und etablierte Institutionen tatsächlich zunächst einmal beiseite lassen und unseren Blick auf eher informelle Orte öffentlichen Lernens richten - wie Salons, Lesegesellschaften, Jugendburgen oder diskutierenden Wohngemeinschaften. Wir können über Bildungsprozesse sprechen, die in soziale Kämpfe eingebunden waren, von spontanen Aktionen und und und. Nicht nur hier in Dresden wäre dazu von lebensreformerischen Experimenten zu berichten, in denen ganze Siedlungen um Veranstaltungs- oder auch Bildungshäuser herum gebaut wurden. Eben das wollen wir in dieser Lecture auch machen. Wir folgen Ciupke und schauen uns an, wie sich die politische Erwachsenbildung bis 1945 entwickelt hat - und da ist ganz schön viel zu entdecken.
Bevor es losgeht:
Die Folge ist wie die meisten Abendschulfolgen ungefähr 30 Minuten lang und stützt sich ganz wensentlich auf einen Text von Paul Ciupke - den wir zur vertiefenden Lektüre auch nachhaltig empfehlen.
Die zentrale Frage ist dabei:
Was lässt sich aus den frühen Formen politischer Erwachsenbildung für heute eigentlich noch lernen. Welche Fragen gab es damals schon und welche können wir getrost hinter uns lassen?
Wer spricht?
Die Autorin und Sprecherin in dieser Folge ist Prof. Dr. Anja Besand, die Direktorin der John-Dewey-Forschungsstelle und Inhaberin der Professur für Didaktik der politischen Bildung an der Technischen Universität Dresden. Mehr zur Person erfahren Sie hier.
Wir wünschen Ihnen viel Freude damit und sind gespannt auf Rückmeldungen.
Literatur zur Vertiefung:
Paul Ciupke (2016): Blicke auf die Geschichte der politischen Erwachsenbildung von der Aufklärung bis zum ende des zweiten Weltkriegs, in: (Hufer, Klaus-Peter/Lange, Dirk (Hrsg.) Handbuch politische Erwachsenbildung, Schwalbach, S. 23-32
Uta Motschmann GESELLIGES LEBEN IN BERLIN UM 1800 online unter: http://www.berliner-klassik.de/forschung/geselliges-leben-in-berlin-um-1800
Selbstüberprüfungsaufgaben
Für die Nutzer:innen der Abendschule stellen wir zu jeder Lecture Selbstüberprüfungsaufgaben bereit. Diese Aufgaben können dazu dienen, den Beitrag noch einmal zu überdenken, gedanklich zu vertiefen oder - falls Sie ein Weiterbildungszertifikat erwerben wollen - sich auf die Klausur zum Kurs vorzubereiten.
Frage 1: Was lässt sich aus der Geschichte der politischen Erwachsenbildung im Hinblick auf heutige Debatten lernen?
Frage 2: Wie ist das mit der Geselligkeit? Wir haben das in unserem Stück zur Geschichte der politischen Erwachsenbildung ja als Motiv eingebaut. Welche Bedeutung hat Geselligkeit für heutige politische Bildungsangebote? Welche Bildungsangebote fallen Ihnen dazu ein und wie ließe sich dieser Aspekt zukünftig noch weiter ausbauen?
Frage 3: In unserer Geschichte der politischen Erwachsenbildung gibt es zwei blinde Flecken. Das ist die politische Bildung (wenn man sie denn so nennen möchte) im Nationalsozialismus und in der DDR. Können Sie diese Lücken füllen und warum wäre es wichtig, sich damit näher zu beschäftigen?
Frage 4: Was hat Sie in dieser Folge der Abendschule überrascht und warum?
Die Selbstüberprüfungsaufgaben sind als Reflexionsangebote zu verstehen und prüfen im Regelfall keine Wissensbestände. Sie sind immer stark auf die entsprechende Lecture bezogen und unterscheiden sich deshalb deutlich.