00101010? Alles digital? … Alles digital!
Ist 42 die Antwort auf alle Fragen? Oder ist es die Digitalisierung? Wir sind uns auch nicht sicher. Aber wir sind von der Kraft der Digitalisierung überzeugt, die zu einer schnelleren Entwicklung industrieller Prozesse, ressourcenschonenden Verfahren und hochwertigeren Arbeitsplätzen durch Wegfall von Routinearbeiten führt.
Daher wird zum Beispiel an der Professur für Bioverfahrenstechnik in der Forschungsgruppe SmartLab-Systeme an digital vernetzten Laboren gearbeitet. Das beinhaltet nicht nur die Entwicklung von Standards für die Kommunikation zwischen Laborgeräten, sondern auch die Robotisierung und Automatisierung von Arbeitsprozessen im Labor durch Konstruktion, Elektronikentwicklung und Programmierung. Das smarte Labor von übermorgen muss auch flexibel und leicht bedienbar sein und dabei alle Prozessdaten aufzeichnen. Dafür gibt es im Labor der Professur das System iHEX als Experimentierfeld für die Labordigitalisierung vom kollaborierenden Roboter ohne störende Einhausung (Cobot) bis zum assistierten Workflow.
Außerdem greifen wir den Trend zu immer stärkeren Miniaturisierung auf und schrumpfen unsere Sensoren, bis sie als kleine „Sens-O-Spheres“ frei beweglich in Bioreaktoren schwimmen und drahtlos Messwerte an die Prozesscontroller übermitteln. Durch die Mitarbeit unserer Studierenden an diesen Themen, kennen sie sich sowohl im Internet of Things (IoT) als auch in der Projektierung und Entwicklung von digitalisierten Gerätelösungen und Arbeitsprozessen mit CAD, Mikrocontrollern und Rapid-Prototyping (3D-Druck) aus.
Künstliche Intelligenz - von der Natur lernen
Ingenieurinnen und Ingenieure setzen verschiedene Softwarewerkzeuge ein, um verfahrenstechnische Apparate zu dimensionieren und darauf aufbauende Prozesse zu entwickeln. In diesen Werkzeugen sind mathematische Modelle hinterlegt, mit denen beispielsweise in Abhängigkeit von Temperatur und Druck die im Apparat umgewandelte Stoffmenge vorhergesagt werden kann.
Neben klassischen Prozessmodellen, die auf Erhaltungssätzen für Masse, Energie und Impuls beruhen und verschiedene chemische, thermodynamische und physikalische Gesetzmäßigkeiten vereinen, werden zunehmend auch datengetriebene Modelle wie neuronale Netze eingesetzt, die sich an den Denkvorgängen in menschlichen Gehirnen orientieren und anhand von großen Datenmengen trainiert werden.
An der Professur für Chemische Verfahrens- und Anlagentechnik entwickeln wir erweiterte klassische Prozessmodelle und erforschen aber auch, wie neuronale Netze zur präziseren und schnelleren Modellierung von Chemiereaktoren eingesetzt werden können.
Digitalisierung und künstliche Intelligenz in der Prozessindustrie
Wie viele andere Industriezweige verspricht sich auch die Prozessindustrie große Fortschritte von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz. Die Anwendungsfelder digitaler Methoden und Technologien sowie von künstlicher Intelligenz in der Prozessindustrie sind sehr vielfältig. So können wir die Planung verfahrenstechnischer Anlagen auf Basis von Informationsmodellen, Simulationsmodellen und mit Hilfe künstlicher Intelligenz deutlich ressourcen- und energieeffizienter gestalten. Die gleichen Methoden und Technologien helfen uns auch den Anlagenbetrieb zu optimieren. Wissensbasierte und datengetriebene Modelle unterstützen bei der Überwachung des Anlagenbetriebs, der Diagnose von Betriebsstörungen und erlauben effiziente Planung von Instandhaltungsmaßnahmen. Darüber hinaus können Anlagen mit Hilfe von Algorithmen automatisch optimal gesteuert und geregelt werden. Ziel der Optimierung sind auch hier der ressourcen- und energieeffiziente Betrieb sowie die Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Produktqualität.
Entscheidend für den Erfolg digitaler Methoden und Technologien ist die Qualität der digitalen Abbildung des Wissens über die realen Systeme wie der Gesamtanlage, einzelner Apparate (z.B. Reaktoren oder Kolonnen), der ablaufenden Prozesse (z.B. einer Wasserelektrolyse) und des Stoffsystems in maschinenlesbarer Form.
In der Arbeitsgruppe Systemverfahrenstechnik forschen wir an Methoden zur Abbildung physikalischer und chemischer Zusammenhänge in Form von mathematischen Gleichungen sowie deren Implementierung in Form von effizienten Algorithmen und zur Simulation und Optimierung. Dieses Wissen über das Verhalten kombinieren wir mit Struktur- und Topologieinformationen in Form von Knowledge Graphen. Des Weiteren arbeiten wir an der Integration dieser Informationen und Methoden mit Methoden des Maschinellen Lernens und von Computer Vision, um wertvolle Information aus den Versuchs- und Betriebsdaten zu generieren.
Modulare Prozessanlagen
Die Prozessindustrie muss sich ständig an neue Rahmenbedingungen anpassen und sich neuen Herausforderungen stellen. Der Wegfall von Rohstoffen durch gestörte Lieferketten oder eine schwankende Nachfrage nach sehr speziellen Produkten gehören mittlerweile zum Alltag. Konventionelle, große Prozessanlagen, die z.B. bereits Tage zum An- und Abfahren benötigen, können diesen Herausforderungen nicht begegnen. Deshalb müssen wir die Produktionsanlagen flexibler gestalten. Der Lösungsansatz dafür ist die Modularisierung verfahrenstechnischer Prozessanlagen
Gestaltet man Prozessanlagen aus einzelnen Modulen für Vorlagen, Reaktoren, Filter, usw. welche frei miteinander kombiniert werden können, so wandelt sich die Planung und das Engineering von verfahrenstechnischen Anlagen zum einfachen Auswählen der passenden Prozesseinheiten für die angestrebte Anlage. Durch Standardisierung von physikalischen und informationstechnischen Schnittstellen werden Module herstellerübergreifend integrierbar. Dies bietet eine völlig neue Flexibilität in der Planung, dem Bau, der Integration und dem Betrieb verfahrenstechnischer Anlagen.
Die Arbeitsgruppe Systemverfahrenstechnik und Professur für Prozessleittechnik beschäftigen sich in ihrer gemeinsamen Forschung mit der Auslegung und der Automatisierung von Modulen. Darüber hinaus entwickeln sie Methoden und Software für die schnelle Planung und Integration modularer Anlagen.
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