Mit der Etablierung von Blühwiesen wurde im Frühjahr 2017 auf dem Campus begonnen. Es war das Ziel, die Bedingungen für Käfer, Bienen, Falter und andere Insekten zu verbessern. Die Flächen werden nur ein-bis dreimal im Jahr gemäht, dabei werden ca. 30 Prozent der Fläche ungemäht stehen gelassen. Diese Bereiche dienen den Insekten als Rückzugsort. Auch über den Winter bleibt die Vegetation erhalten, so dass daran Raupen und Puppen die kalte Jahreszeit überdauern. Eine jährliche Mahd der Wiesen ist erforderlich, um das Aufwachsen von Gehölzen zu vermeiden.
Die Erfassung von Pflanzen und Insekten auf den Wiesen erfolgte ab 2019 regelmäßig und zeigte schnell die bestehende Artenvielfalt und den deutlichen Unterschied zu den intensiv gemähten Rasenflächen auf. Einige der aufgefundenen Pflanzen und Insekten sind auf der Roten Liste der gefährdeter Arten verzeichnet. Die Ergebnisse sind auch auf inuversumm.de veröffentlicht.
Pflanzen
Blühwiesen werden durch einen hohen Anteil mehrjähriger blühender Pflanzen sowie Gräser geprägt und sind an eine extensive Bewirtschaftung (Mahd) gebunden. Die vielen verschiedenen Pflanzenarten führen zu einer langen Blütezeit vom Frühjahr bis in den Herbst, so dass ein breites Nahrungsangebot für die Tiere zur Verfügung steht. Die Wiesen besitzen keine feste Grasnarbe und sollte daher nicht zu oft betreten werden. Es sind vielfältige Lebensräume, die zum Beobachten und Entdecken einladen. Mehrere Standorte sind auf dem Campus als Blühwiesen etabliert, z. B. am Gebäude Biologie, hinter dem Andreas-Pfitzmann-Bau und in der Liegenschaft Bergstraße 69.
Die Federkiel-Flockenblume (Centaurea oxylepis) stellt eine absolute Besonderheit dar. Ihr Fund ist für Deutschland einmalig. Während vegetationskundlicher Übungen wurde sie auf der Wiese am Gebäude Biologie von Dr. Frank Müller entdeckt. Die Wiese geht auf eine vor über 20 Jahren durchgeführte Ansaat zurück und ist heute mit über 120 nachgewiesenen Farn- und Samenpflanzen sehr artenreich.
Der Wiesen-Salbei (Salvia pratensis) kommt auf trockenen und sonnig warmen Blühflächen vor und ist in Kategorie 3 (gefährdet) auf der roten Liste Sachsen eingestuft. Er ist ein typischer Vertreter der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Bestäuber sind vorrangig Hummeln, die über den typischen Salbei-Mechanismus an den Nektar gelangen. Für dieses kleine Schauspiel lohnt sich ein zweiter Blick.
Die purpurfarbene Karthäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum) gehört zu den Nelkengewächsen (Caryophyllaceae). Den tief verborgenen Nektar können meist nur Tagfalter erreichen. Die Karthäuser-Nelke kommt auf trockenen und sonnig warmen Teilen der Wiesen vor. Sie ist in der Kategorie 3 (gefährdet) auf der roten Liste Sachsen eingestuft.
Der leuchtend gelbe Hornklee (Lotus corniculatus) gehört zu den Schmetterlingsblütler (Fabaceae) und ist eine wichtige Futterpflanze für viele Schmetterlingsraupen. Er wächst bevorzugt auf warmen und nährstoffreichen Standorten und blüht von Mai bis September. Durch seine lange Blütezeit und den recht anspruchslosen Standortanforderungen ist er häufig auf Wiesen und an Wegrändern zu sehen.
Die Gemeine Akelei (Aquilegia vulgaris) erscheint im Frühsommer mit ihren violett nickenden Blüten an Wiesenrändern, aber auch in waldnahen Gebieten.
Bestäubt werden die Blüten von Insekten mit ausreichend langem Rüssel, vor allem von Hummeln. Größere Vorkommen befinden sich auf dem Campus in den Wiesen der Bergstraße 69.
Die Wilde Karde (Dipsacus fullonum) kann bis zu 1,50 m hoch werden und fällt durch ihre köpfchenförmigen Blütenstände mit den langen und bogigen Hüllblättern leicht auf. Die Blüten werden reichlich von Insekten besucht, Wespen, Hummeln, Bienen und Schwebfliegen sind wichtige Bestäuber. Nach Regen sammelt sich in den Trichtern der Stängelblätter Wasser, welches z. B. von Vögeln genutzt wird.
Neben Weiß- und Rotklee gibt es noch einige andere Klee-Arten, wie den puschelblütigen Hasenklee (Trifolium arvense). Die Bestäubung erfolgt hauptsächlich durch Bienen und Hummeln, seltener auch durch Schmetterlinge, Sandwespen und Fliegen. Wegränder, Brachflächen und Sandfelder sind typische Standorte für den Hasenklee, dessen Blüten silbrig glänzen und Sonnenlicht sehr gut reflektieren.
Das Echte Leinkraut (Linaria vulgaris) mit seinen aufrechten, schwefelgelb-orangenen Trauben, ist oft auf lockeren, steinigen oder sandigen Böden zu finden. Die Blüten bieten Nahrung für Bienen und Hummeln. Der Pollen wird beim hereinkriechen in die Blüte am Rücken der Insekten positioniert. Als Belohnung gibt es eine Portion Nektar.
Insekten
Eine Blühwiese baut sich aus drei Etage auf, die für verschiedene Tierarten wichtige Habitatfunktionen übernehmen. Die obere Blütenschicht bietet Insekten, wie Käfern, Bienen, Schmetterlingen, Schwebfliegen, Heuschrecken und Wanzen einen Lebensraum mit unterschiedlichen Nahrungsquellen. In der mittleren Gras- und Krautschicht dominieren Arten, die sich von den Blättern und Pflanzenstengeln ernähren. Dazu gehören verschiedene Schmetterlingsraupen und Fliegenlarven, Spinnen, Blatt- und Rüsselkäfer. In der unteren Streuschicht sind Asseln, Milben, Laufkäfer und Ameisen zu finden. Es sind Arten, die sich von Wurzel- und Pflanzenresten ernähren und diese dabei zernagen und zersetzen.
Das Sechsfleck-Widderchen (Zygaena filipendulae) wird wegen seiner sechs roten Flecken auf jedem Vorderflügel auch Blutströpfchen genannt. Diese Kontrastfärbung signalisiert Fressfeinden, dass die Art giftig ist. Zu den Raupenfutterpflanzen zählen Hornklee (Lotus corniculatus) und Kronwicken (Coronilla). Der Falter sitzt oft auf Stauden, wie im Bild auf einer Acker-Witwenblumen (Knautia arvensis).
Ein besonderer Fund war 2021 der Hornklee-Glasflügler (Bembecia ichneumoniformis). Die tagaktiven Falter haben nur schwach beschuppte Flügel und scheinen teilweise durchsichtig. Sie mögen sonnige und warme Standorte und können von Juni bis August beobachtet werden. Die madenartigen Raupen entwickeln sich am gelbblühenden Gewöhnlichen Hornklee (Lotus corniculatus).
Der Trauer-Rosenkäfer (Oxythyrea funesta) ist ein auffälliger 8 bis 12 Millimeter großer Rosenkäfer, glänzend schwarz mit weißen Flecken. Er ernährt sich von Pollen der Wiesen-Flockenblumen (Centaurea jacea) oder Acker-Witwenblume (Knautia arvensis). Der Käfer ist nicht heimisch. Durch den Klimawandel breitet er sich aus und ist zwischen Mai und September sehr häufig am Campus zu beobachten.
Diese schwarz-weiße Schwebfliege (Scaeva pyrastri) ist häufig an Doldenblütlern und Hahnenfußgewächsen zu finden. Dort kann sie leicht an Pollen und Nektar gelangen.
Ihre Larven ernähren sich von Blattläusen, die sie an krautigen Pflanzen, Büschen oder Sträuchern jagen. Als Wanderart kann sie im Flug weite Strecken zurücklegen und Blattlausvorkommen nutzen wo immer sie diese findet.
Der Aurorafalter (Anthocharis cardamines) ist ein Tagfalter aus der Familie der Weißlinge (Pieridae). Die weißen Flügeloberseiten mit dem schwarzen Punkt sind typisch für die Weißlinge, die männlichen Aurorafalter haben zudem auffallend orange Spitzen.
Die wichtigsten Nahrungspflanzen für die Raupen sind das Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis) und die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata).
Der glattschienige Pinselkäfer (Trichius gallicus) gehört zur Familie der Blatthornkäfer (Scarabaeidae) und ist eine wärmeliebende Art. Die Flügeldecken sind gelbbraun, mit jeweils drei schwarzen Querflecken, dieses Muster ist aber variabel. Die Käfer können auf Doldenblütlern, Rosengewächsen und Korbblütlern gefunden werden. Die Larven entwickeln sich in morschem Holz (Baumhöhlen oder Stubben).
Die rotschwarze Kuckuckshummel (Bombus rupestris) ist eine Schmarotzerhummel. Sie ähnelt in der Färbung der Steinhummel, hat auffällig rot behaarten letzte Tergite, sowie schwarze Flügel. Das mächtige Weibchen (18 – 22 mm) schleicht sich in das Nest der Wirtshummel ein, tötet dort die Königin und lässt ihre Eier von den unterworfenen Arbeiterinnen versorgen.
Die Mai-Langhornbiene (Eucera nigrescens) wurde zur Wildbiene des Jahres 2021 gewählt.
Die Männchen sind mit ihren langen Antennen sehr auffällig und umschwirren im rasanten Flug die Nahrungspflanzen, wo sie auf Weibchen warten. Sie sind auf Schmetterlingsblütler spezialisiert und kommen häufig an Wicken und Platterbsen vor.