Der Campus muss lebendiger werden
Der »Masterplan Campusgestaltung« geht in die Analysephase und will mehr Aufenthaltsqualität
Katrin Tominski
Auf dem Campus entstehen die besten Ideen, die größten Freundschaften, die erfolgreichsten Kooperationen. Hier tobten wahres Leben und Erkenntnis – abseits der Konventionen und Regeln der klassischen Lehrveranstaltungen. Das ist zumindest die Legende. Die Analyse der Realität indes scheint nüchterner auszufallen. »Wir haben nach Vorlesungsschluss wenig pulsierendes Leben. Wo sind die Menschen, deren Treffpunkte und die Forschungsorte?«, fragt Prof. Catrin Schmidt, Dekanin der Fakultät Architektur und Direktorin des Instituts für Landschaftsarchitektur. Die Aufenthaltsqualität müsse erhöht und die Forschung sichtbar werden. »Der Campus muss lebendiger werden.«
Der Campus der TU Dresden ist der Fläche nach der neuntgrößte aller Universitäten in Deutschland. Trotzdem scheint man das Leben auf dem Campus kaum zu spüren – es gibt wenig Sitzmöglichkeiten und Ecken zum Verweilen, wenige gastronomische Angebote und wenig Grün. Viele Bäume sind den aktuellen Baumaßnahmen zum Opfer gefallen. Um den Campus attraktiver zu gestalten, hat Dekanin Catrin Schmidt zusammen mit der TUD-Professorin für Landschaftsbau Irene Lohaus und der Sachgebietsleiterin für Zentrale Technische Dienste Kathrin Brömmer den »Masterplan Campusgestaltung« initiiert. Ziel ist ein Campus mit »Aufenthaltsqualitäten«, der gleichzeitig die Forschung der Exzellenzuniversität widerspiegeln soll.
»Es ist entscheidend, dass die TUD ihre Exzellenz auch im Außenraum zeigt«, erklärt Sachgebietsleiterin Brömmer. Das Potenzial sei noch nicht ausgeschöpft. »Die solitären Einzellösungen zeigen noch nicht, was in der Uni steckt.« Dieser Meinung ist auch Irene Lohaus, TUD-Professorin für Landschaftsbau. »Das verbindende Element des Campus spürt man noch nicht.« Damit der neue Campus kein chaotisches Flickwerk wird und alle Interessen mit einbindet, haben die Expertinnen ihr Projekt ganz grundsätzlich angelegt. In einer tiefen Analyse sollen jetzt Bedürfnisse und Wünsche der Beschäftigten und Studenten erfasst werden. Nach Interviews mit den Dekanen der Fakultäten haben die Expertinnen die Professuren angeschrieben. Sie planen zudem eine Online-Befragung der Beschäftigten. Eine projektbezogene Arbeitsgruppe aus Studentenrat, Studentenwerk, TU-Umweltinitiative, AG Campusgestaltung und den Preisträgern des Ideen wettbewerbs sowie der Stadt Dresden und des Sächsischen Immobilien und Baumanagements (SIB) ist außerdem mit Workshops und Diskussionsrunden aktiv in die Entwicklung eines neuen Campusprojektes eingebunden.
Bereits im vergangenen Jahr sind bei dem Ideenwettbewerb »Nachhaltiger Campus« Visionen zur Umgestaltung des Campus entstanden. Von Bienen, Schmetterlingswiesen und Gemeinschaftsgärten auf dem Campus bis zu Sonnendächern, bionischen Schatten spendern und einem Bikeleasing-System – die Ideen sind vielfältig. »Jetzt gilt es, die Konzeptideen und die Anregungen der Wissenschaftler und Studenten in eine Strategie zu bringen«, erklärt Lohaus. Dafür werde ein Büro für Landschaftsarchitektur eingebunden. Es solle verschiedene Zukunftsszenarien entwickeln. Ein entsprechendes Ausschreibungsverfahren befinde sich bereits in der Abschlussphase. »Wir wollen eine Identifikation mit dem Campus«, sagt Brömmer. »Wenn die Szenarien vorliegen, werden wir sie allen offiziell vorstellen«, konstatiert Dekanin Schmidt. »Das Rektorat unterstützt das Projekt.«
Doch wer soll das alles bezahlen? »Erst muss klar sein, was wir wollen, dann werden wir kreative Finanzierungsmöglichkeiten finden«, erklärt Schmidt. Grundsätzlich sei das für Immobilien des Freistaats verantwortliche SIB auf dem Campus der Bauherr. »Wir können nur indirekt steuern.« Das Budget für die Gestaltung der Außenanlagen sei bei jedem Neubau und jeder Sanierung vorhanden. Es müsste nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts verwandt werden. »Solche Rahmenkonzepte sind oft die Voraussetzungen, um Fördermittel zu generieren«, sagt Lohaus. Die Professorin sieht durchaus Potenzial für zusätzliche Gelder. Für die Straßen sei zudem die Stadt Dresden verantwortlich.
Apropos Straßen und Wege: Hier sehen die Expertinnen eines der größten Mankos auf dem Universitätsgelände. »Die Orientierung fällt sehr schwer auf dem Campus«, konstatiert Lohaus. Zudem sei im Bereich der Barrierefreiheit nachzubessern. »Wir müssen ein Wegeleitsystem entwickeln«, sagt auch Brömmer. Auch dies könne dabei helfen, dem Campus ein einheitliches Bild zu geben.
»Unbedingten Handlungsbedarf« sehen die Expertinnen auch im Bereich Mobilität. Weil auf dem Campus auch Wohnanlagen sind, die Parkplätze jedoch rar, gebe es Beschwerden von Anwohnern. Gleichzeitig benötigten jedoch auch die Mitarbeiter und Studenten Plätze für ihre Fahrzeuge. »Das Semesterticket und das Jobticket werden gut angenommen«, erläutert Brömmer. »Doch etwa 30 Prozent kommen mit dem Auto.«
Ein großes Thema sind auch die Bäume auf dem Universitätsgelände. »Viele sind gefällt und bislang nicht ersetzt worden«, sagt Schmidt. Erste Erfolge zeige hier das Projekt für Baumpatenschaften der TU-Umweltinitiative. Erste Bäume seien bereits gepflanzt. Im Mai gebe es den offiziellen Start für neue Campus-Bäume. »Hinter jedem Baum steht ein Mensch mit Stifterbrief«, freut sich Brömmer. »Die Bereitschaft ist da.« Erste Wohlfühlpunkte sind also bereits gesetzt. Die Zukunftsszenarien für den gesamten Campus sollen noch im Frühjahr vorgestellt werden. Einige tolle Inseln gibt es ja bereits. In den Gärten am Hülsse- und Barkhausen-Bau lässt sich schon jetzt prima entspannen.
Der Masterplan Campusgestaltung wird vom Institut für Landschaftsarchitektur sowie der Professur für Integrierte Verkehrsplanung in Zusammenarbeit mit dem Dezernat Liegenschaften, Technik und Sicherheit realisiert. Ideen, Wünsche und Anregungen sind jederzeit willkommen und können an die Mailadresse adressiert werden.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 09/2018 vom 15. Mai 2018 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.