16.03.2021
Der Campus lebt auch in Corona-Zeiten
Ein Homeoffice der besonderen Art: Wildtiere im TUD-Gelände
Beate Diederichs
Aufgrund der geltenden Maßnahmen sind derzeit nur wenige Studierende und Beschäftigte auf dem Campus der TUD unterwegs. Doch Leben gibt es dennoch: Wildtiere, vor allem Insekten, Vögel und Säugetiere, bevölkern das großflächige Gelände im Dresdner Süden. »Wir bekommen regelmäßig Meldungen darüber, dass man größere Säugetierarten wie Hase, Igel und Fuchs gesehen hat«, berichtet Ulrike Seiler, Koordinatorin des Projekts Nachhaltiger Campus.
Aber auch in diesen Zeiten ist es nicht so, dass sich das Gelände der TUD zu einem regelrechten Anschauungsort für Wildtiere entwickelt hat. Doch die Stimmen verschiedener Vögel sind zu jeder Jahreszeit zu hören. Im Sommer hoppelt spätabends der Hase über die Wiese. Insekten brummen. Der Igel raschelt im Herbst durch die Laubhaufen auf der Suche nach Essbarem. Im Winter begegnet einem ein Fuchs in seinem dicken roten Winterpelz, der vor dem Hintergrund des Schnees gut zu sehen ist.
Auch größere Säuger werden gesichtet
»Der Zentralcampus bietet verschiedenen Wildtierarten geeignete Lebensräume und gute Rückzugsmöglichkeiten«, sagt Ulrike Seiler. Sie ist die Koordinatorin des Projekts Nachhaltiger Campus, das zur Gruppe Umweltschutz im Dezernat Gebäudemanagement gehört. Die Expertin kann auch berichten, wo man besonders schnell fündig wird, wenn man Wildtiere beobachten will: »Die Tiere sind vor allem auf Freiflächen unterwegs, zum Beispiel hinter dem Institut für Biologie, am Lehmann-Zentrum, auf der Streuobstwiese hinter der Bergstraße 69 oder am Andreas-Schubert-Bau.« Vögel leben gerne in Gehölzstreifen, Hecken und Gebüschen, da sie dort gut nisten können. Dort fühlt sich auch der Igel wohl, da er sich zwischen Laub und Zweigen zurückziehen kann und hier Nahrung wie Käfer, Würmer, Ameisen oder Wildbienen findet. Als Insektenfresser profitiert er auch von den eigens eingerichteten Schmetterlingswiesen. Diese gibt es seit 2018 an acht Stellen auf dem Campus. Sie nehmen insgesamt 2,4 Hektar ein und sind mit Schildern gekennzeichnet. »Die Wiesen wurden eingerichtet, um die Vielfalt der Insekten zu erhöhen und damit auch das Nahrungsangebot für bestimmte Tierarten zu verbessern. Auf einer Schmetterlingswiese ist das Artenaufkommen um ein Vielfaches höher als auf einem herkömmlichen Rasen«, kommentiert Ulrike Seiler. Sie freut sich, dass der Artenschutz in den letzten Jahren an der Universität an Bedeutung gewonnen hat. So ist es seit 2018 ein fester Bestandteil im Umweltmanagement der Hochschule, die Biodiversität zu verbessern. Die Schmetterlingswiesen gehören dazu, ebenso wie die Initiative der Baumpatenschaften. Außerdem hat man an mehreren Bäumen Nistkästen angebracht. Diese Maßnahmen laufen über das Projekt Nachhaltiger Campus, das Ulrike Seiler koordiniert. »Wir bekommen aber auch viele wertvolle Ideen und allgemein viel Unterstützung von der studentischen Umweltinitiative (tuuwi)«, lobt sie. Neben den Nistkästen kümmert sich die Gruppe Umweltschutz im Dezernat Gebäudemanagement auch um Wohnmöglichkeiten für Vögel und Fledermäuse, die sich in Gebäuden wohlfühlen. »Bei der Sanierung des Beyer-Baus sollen die Quartiere von diesen Arten erhalten oder sogar neue geschaffen werden. Im Zuge der Baumaßnahme am Fritz-Foerster-Bau entstand im Turm des Mittelbaus ein Turmfalkenkasten, wo gleich darauf, im Frühjahr 2020, mehrere Jungvögel aufwuchsen. Auf dem Turm des Georg-Schumann-Baus befindet sich ein weiterer Falkenkasten, wo ebenfalls regelmäßig Küken ausgebrütet werden«, so Ulrike Seiler.
Menschenleerer Campus bietet Tieren Ruhe
Auch als der Zentralcampus der TUD vor dem Frühjahr 2020 zumindest während der Vorlesungszeit ein Ort pulsierenden Lebens und Austauschs war, existierten Mensch und Tier hier gemeinsam. Der seitdem herrschende Ausnahmezustand hat das menschliche Leben am Campus quasi eingefroren: Es sind kaum Studierende oder Beschäftigte unterwegs. Profitieren die Tiere davon? »Darüber kann man nur spekulieren«, sagt Ulrike Seiler. »Ein fast menschenleerer Campus mit wenig Fahrzeugverkehr bietet viel mehr Ruhe. Die Tiere finden besser Schutz und können ungestört auf Nahrungssuche gehen.« Ob sich damit auch die Anzahl der Wildtiere auf dem Campus erhöht, ist noch nicht klar. Eine aktuelle Dokumentation dazu, welche Arten auf dem Campus existieren und inwiefern sich ihre Zahl über die Jahre verändert hat, gibt es nicht. Noch nicht. Denn ab Frühjahr 2021 ist eine sogenannte »Campusinventur« geplant, die diese Wissenslücke schließen soll, zumindest teilweise. »Man möchte dabei repräsentative Flächen auf dem Campus für einzelne Lebensräume auswählen, wie Gehölze, Wiesen- und Rasenflächen. Diese Flächen sollen ab Frühjahr regelmäßig besucht werden. Dabei wird man die dort vorkommenden Tierarten dokumentieren«, sagt Ulrike Seiler. Die Studentin Nicole Rüsing ist wissenschaftliche Hilfskraft beim Projekt Nachhaltiger Campus und hat bereits Pflanzen und Insekten auf verschiedenen Wiesen kartiert. Sie wird die Campusinventur durchführen.
Campusinventur erfasst Tiere in Bild und Ton
»Dabei sollen auf jeden Fall Säugetiere, Vögel, Insekten und Amphibien aufgenommen werden. Wir möchten ihre Zahl erfassen und die Dokumentation mit Fotos und Tierstimmen unterlegen«, sagt sie. Ihre Erfahrungen von den Schmetterlingswiesen sind auf jeden Fall hilfreich – und ermutigend: »Ich habe dort die Pflanzen und die Insekten bestimmt, alles dokumentiert und nachbestimmen lassen. Auf der Seite der Schmetterlingswiesen kann man dann die Resultate direkt sehen. Ich bekam auch schon Mails von Beschäftigten der TUD, die mir ihrerseits Beobachtungen meldeten. Die Wiesen scheinen also die Entdeckerlust zu wecken.« Daher plant Nicole Rüsing auch gemeinsame Begehungen bei der Campusinventur. So können dann möglichst viele Menschen sehen, was auf dem Campus alles kreucht und fleucht.
Weitere Informationen unter: https://tud.link/jr0x
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 05/2021 vom 16. März 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.