31.05.2022
Radsportbegeisterter Geschichtenerzähler
Filmpremiere eines GSW-Alumnus über den Triathlon »einmal um die Welt«
Das Studium der Politikwissenschaften, Neuere und Neueste Geschichte und Soziologie legte den Grundstein für die heutige Redakteurstätigkeit von Markus Weinberg. Sein Radsport-Hobby konnte er meist mit seinen beruflichen Etappen verbinden. Für seinen neuesten Film »Jonas Deichmann – Das Limit bin nur ich« begleitete er einen Extremsportler, der wohl den spektakulärsten Triathlon absolvierte – nämlich einmal um die Welt, in tiefsten Pandemie-Zeiten. Er lief kürzlich in den deutschen Kinos an.
UJ sprach mit ihm über seinen Werdegang, die Hintergründe zum aktuellen Film, den Blick aufs Studium und seine Empfehlung an Studieninteressierte.
UJ: Herr Weinberg, Sie haben an der TU Dresden Politikwissenschaften, Neuere und Neueste Geschichte und Soziologie studiert. Wie kamen Sie nach so einem Studium zum Filmemachen?
Weinberg: Ich habe schon immer gern Geschichten erzählt, nur hatte mir das passende Medium gefehlt. Das richtige Match gab es so ziemlich am Ende meiner Studienzeit mit dem MDR Fernsehen. Ich war während meiner Studienzeit Leistungssportler (Rennrad-Profi) und durfte für den MDR über ein Profirennen in Afrika berichten – das war sozusagen mein Einstieg als freier Redakteur.
Das Filmgeschäft ist ein hartes, so hört man, vor allem in Dresden; gibt es eine Nische, die Sie für sich gefunden haben?
Meine Nische habe ich tatsächlich gefunden und mich crossmedial aufgestellt. Was soviel heißt, dass ich meine Geschichten per Foto, Text, Video anbiete. Diese Kombination gibt es nicht so oft. Meine nächste Station im Journalismus war zwei Jahre bei der Dresdner Morgenpost inkl. damals Mopo24, heute tag24. Das waren spannende Jahre, wo ich viele Freiheiten hatte, mich crossmedial auszutoben und dabei noch das Handwerk von der Pieke auf zu lernen, Geschichten zu erkennen und auf den Punkt zu bringen. Heute erzähle ich diese am liebsten dokumentarisch per Film. Dafür gibt es Platz in Dresden und eine kleine aber feine Szene.
Einer Ihrer Filme handelt von der Mission Lifeline; der Gründer dieser Dresdner NGO, Axel Steier, ist ebenfalls ein TUD-Alumnus der Philosophie, und wie Sie Mitglied im TUD-Alumninetzwerk. Zufall oder Bekanntschaft?
Der Film »Die Mission der Lifeline« war tatsächlich mein erster Film der es deutschlandweit in die Kinos geschafft hat und auch erfolgreich auf internationalen Film-Festivals lief. Axel Steier habe ich als Redakteur bei der Dresdner Morgenpost kennengelernt. Die Initiative »Dresden Balkan Konvoi« hatte sich ganz frisch gegründet und zu Spenden aufgerufen. Axel wurde mir als Interviewpartner genannt. Ich blieb mit ihm in Kontakt, wir hatten als Zeitung ja immer wieder über diese Initiative und die Fluchtroute Balkan berichtet. Irgendwann kam er aus Griechenland mit der Idee zurück, einen Verein zu gründen, mit dem Ziel, ein Schiff zu kaufen, um Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten. Die Geschichte hielt ich dann von Tag Null an auch mit der Kamera fest. Gemeinsam mit der Dresdner Filmproduktion ravir film GbR konnte ich den Dokumentarfilm verwirklichen, was dann auch für mich den Sprung in die Selbstständigkeit als Filmemacher bedeutete.
Wie sind Sie an das Thema/an den Protagonisten Ihres aktuellen Films gekommen? Wieviel vom Thema ist auch das Ihrige?
Dem Radsport bin ich bis heute noch sehr verbunden. Ob als ehrenamtliches Mitglied beim Dresdner Sportclub oder aber indem ich selbst noch gern auf Radabenteuerreisen gehe und von vielen Reisen und Touren berichte oder Filme drehe. Mein Film »Heading East – Abenteuer TransOst« hatte dann tatsächlich 2019 auch im Unikino der TUD, dem »Kino im Kasten« Premiere. Dazu betreibe ich mit einem Freund gemeinsam die Sport- und Eventagentur »usp management UG«, mit der wir Radrennen in Sachsen organisieren, wie beispielsweise den »MTB Marathon Dresden« (nächstes Rennen Pfingstmontag, 6. Juni 2022, in der Dresdner Heide). Auch die MTB Touren-Marke »TransOst« gehört mit dazu, oder aber die Gravel- Marke »Dirty Gravel« und andere.
Durch die vielen Aktivitäten im und um den Radsport habe ich dann Jonas Deichmann auch im Radsportkosmos 2019 auf einer Fahrradmesse kennengelernt. Wir hatten uns auf Anhieb gut verstanden. Seine ungewöhnliche Geschichte, auch abseits des Radsports, seine Persönlichkeit hatte mich begeistert. Seine neue Idee, einen »Triathlon um die Welt« zu starten, war dann das I-Tüpfelchen, um einen Film über ihn zu drehen – natürlich indem ich ihn selbst auf dem Rad mit begleite – ein Stück per Boot oder beim Laufen in Mexiko. Arbeit, Abenteuer, Leidenschaft in einem – das war perfekt.
Welche (beruflichen) Pläne haben Sie für die Zukunft?
Aktuell beschäftigt mich der Krieg in der Ukraine sehr, durch die ich erst im letzten Jahr mit Jonas Deichmann geradelt bin und gedreht habe. Ich hatte in den letzten Wochen zu Spenden aufgerufen und Medikamente ins Land gebracht, dazu crossmedial berichtet. Ich bin sehr froh, dass die Medikamentenlieferungen nun Mission Lifeline professionell weiterbetreibt, was ich nach wie vor unterstütze.
Die nächsten Wochen werde ich sehr eingespannt sein, was meinen Kinofilm »Jonas Deichmann – Das Limit bin nur ich« angeht. Seit dem 19. Mai 2022 ist er deutschlandweit in den Kinos.
Gemeinsam mit ravir film und dem Ex-Frontman von Polarkreis 18, Felix Räuber, befinde ich mich als Regisseur eben in der Produktion einer zehnteiligen Filmserie: »Wie klingt Heimat«. Den musikalischen Teil mit Filmausschnitten präsentieren wir am 7. Juni im Kulturpalast im Rahmen der Musikfestspiele.
Auch stehen schon die nächsten filmischen Abenteuer an. Im Juni drehe ich eine Reportage in den USA, wozu auch ein Buch erscheinen wird. Eine weitere politische Dokumentation skizziere ich eben. Am meisten freue ich mich jedoch auf meinen ersten fiktionalen Film, der langsam zum Leben erwacht. Eine Verfilmung über Doping in der DDR, Punkbewegung und dem Fall der Mauer.
Auch beim Thema Rad ist zur Zeit in Sachsen ziemlich viel Musik drinnen, sodass mir mit meinem Kollegen David Lippmann nicht langweilig wird.
Der thematische Mix aus Politik, Kultur und Sport wird mich wohl noch viele Jahre begleiten.
Konnten Sie in Ihrem Beruf von Ihrem Studium profitieren, falls ja, inwiefern?
Das Studium war die Grundlage von allem, was ich heute mache. Auch wenn ich manchmal tief Luft holen musste und überlegt hatte, abzubrechen. Ich lebte 2008 in Los Angeles und fuhr als Berufsradfahrer Rennen. Ein Traumleben am Strand von Santa Monica und Profisport. Heute bin ich froh, den Absprung aus den USA geschafft und mein Studium abgeschlossen zu haben. Auch fürs Geschichtenerzählen war mein Studium genau die richtige Grundlage. Die Segel- und Skipperscheine, die ich damals an der TUD machen konnte (ich war als Rad-Übungsleiter für den Unisport tätig), waren dann auch beim Filmdreh mit Jonas Deichmann Gold wert.
Haben Sie noch Verbindungen zur TUD, wenn ja, welche genau?
Wir organisieren nach wie vor Hochschulmeisterschaften im Radsport mit der TU Dresden zusammen. Auch freue ich mich immer, wenn ich spätestens zum jährlichen Bergsichten-Filmfestival im Hörsaal sitzen darf, oder Filme und Programme von mir an der TUD laufen. Auch in der Zeit als Journalist habe ich immer wieder über Uni-Themen geschrieben. Freunde und Bekannte arbeiten an der Uni, und ohne die Studenten könnten wir viele Sportveranstaltungen nicht durchführen.
Was würden Sie rückblickend Studieninteressierten und Studierenden empfehlen?
Dass es immer einen Weg gibt, seinen Träumen zu folgen, um Dinge miteinander verbinden zu können. Mir ist bewusst, dass das heutige Bachelor/Master-System nicht mehr ganz so viele Freiheiten bietet wie mir damals das Magisterstudium. Aber meines Wissens nach gibt es immer noch eine Spitzensportvereinbarung zwischen TU Dresden und dem Olympischen Sportverband, in dessen Genuss ich gekommen bin, und welche mir Möglichkeiten bot, Studium und Sport an der TUD besser zu vereinbaren. Eine der besten Entscheidungen meines Lebens war jedoch, das Studium zu beenden. Auch wenn dies ein großer Kraftakt war und ich statt Sport zu machen unter anderem am Festspielhaus Hellerau mein Geld verdienen musste oder besser: durfte. Ohne den Abschluss hätte ich mir alles sehr viel härter erkämpfen müssen. Warum ich das sage? Weil bei vielen Jobs am Beginn meiner beruflichen Tätigkeit einfach gefragt wurde: Hast du ein abgeschlossenes Studium?
Die Fragen stellte Susann Mayer,
Absolventenreferentin der TUD
»Jonas Deichmann – Das Limit bin nur ich« läuft in der Schauburg, Zentralkino und Thalia, sowie am 27. Juli bei den Filmnächten am Elbufer.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 10/2022 vom 31. Mai 2022 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.